Mit dem Saisonauftakt 2017 in Australien beginnt für Nico Hülkenberg in neues Kapitel in seiner Formel-1-Karriere. In den Freien Trainings griff der 29-Jährige erstmals an einem Rennwochenende für Renault ins Lenkrad. Gegenüber den Testfahrten vernahm er in einigen Bereichen bereits Fortschritte und auch sein Ex-Team Force India ließ er am ersten Trainingstag schon einmal hinter sich.

"Am Freitag geht es natürlich nur um die goldene Ananas", weigert sich Hülkenberg, nach zwei soliden neunten Plätzen in den Trainingssessions am Freitag voreilige Schlüsse zu ziehen. Beide Male landete er einige Hundertstel vor Ex-Teamkollege Sergio Perez im pinken Force India. Bei den Testfahrten hatte sich bereits abgezeichnet, dass sein neuer und sein alter Arbeitgeber in diesem Jahr voraussichtlich in der gleichen Liga unterwegs sein würden. Im Gegensatz zu Force India hatte Renault in Barcelona allerdings mit einigen Kinderkrankheiten am R.S.17 zu kämpfen.

Angesichts dessen hatte Hülkenberg am ersten Rennwochenende nicht mit einem problemfreien Auftakt gerechnet. "Es lief überraschend gut, würde ich sagen. Zumindest auf meiner Seite der Garage lief alles glatt, womit ich ziemlich glücklich bin", so sein Fazit nach 51 Umläufen im Albert Park. In der Tat lief es bei ihm deutlich besser als bei Teamkollege Jolyon Palmer. Der Brite kam im ersten Training wegen eines Getriebeproblems nur auf sechs Runden und beendete seine zweite Session in der Mauer von Turn 16.

Jolyon Palmer zerlegte seinen R.S.17 in der zweiten Sessions des Tages, Foto: Sutton
Jolyon Palmer zerlegte seinen R.S.17 in der zweiten Sessions des Tages, Foto: Sutton

Noch kein Bauchgefühl für das Kräfteverhältnis

Mit dem Einzug in die Top-10 hat Renault für den Moment den nach der schwachen Saison 2016 anvisierten Sprung geschafft. Viel weiter nach vorne wird es aber an diesem Wochenende wohl nicht mehr gehen. "Wir können die Balance ein bisschen optimieren, aber eine perfekte Balance werden wir nicht hinkriegen. Dafür sind die Probleme und die zu bearbeitenden Bereiche etwas zu groß", bremst Hülkenberg die Erwartungen.

Wie eng es im Mittelfeld zugeht, zeigt die Tatsache, dass sich hinter den drei Top-Teams mit Williams, Haas, Toro Rosso, Force India und Renault Autos aus fünf unterschiedlichen Teams in den Top-10 platzierten. "Von der Performance her scheint es heute in Ordnung zu sein, wenn man sich die Konkurrenz anschaut", so Hülkenbergs Erkenntnis. Wo sich seine Truppe letztendlich einordnen wird, kann er allerdings noch nicht sagen. "Wir schwimmen gut mit, aber alles unter Vorbehalt."

Abgesehen von der unterzuordnenden Bedeutung eines Trainingsfreitags hat Hülkenberg außerdem seine Zweifel, inwiefern der Kurs in Melbourne überhaupt aussagekräftig hinsichtlich des Kräfteverhältnisses ist: "Ich habe da noch kein Bauchgefühl. Vielleicht in 24 Stunden... aber vielleicht nicht einmal dann, denn Melbourne ist eine sehr eigene Rennstrecke. Eventuell müssen wir sogar noch länger warten."

Es sieht für Renault nach einem engen Kampf mit Williams, Force India, Toro Rosso und Haas aus, Foto: Sutton
Es sieht für Renault nach einem engen Kampf mit Williams, Force India, Toro Rosso und Haas aus, Foto: Sutton

Das Auto hört auf den erfahrenen Hulk

Nachdem Hülkenberg bei den Wintertestfahrten noch etwas mit dem neuen Arbeitsgerät fremdelte, verzeichnete er in Melbourne einen bemerkbaren Schritt nach vorne. "Das Auto macht jetzt mehr oder weniger das, was ich will. Ich kann schon sagen, dass es gut auf mich hört", so seine Erkenntnis, die auch ihn positiv überrascht hat: "Das war in den vergangenen Jahren nicht immer der Fall, direkt beim ersten Rennen. Vor allem nicht, wenn du ein neues Team und neues Auto hattest."

Tatsächlich ist der Teamwechsel für Hülkenberg keine gänzlich neue Erfahrung. In seinen sechs Jahren in der Königsklasse ist Renault bereits das vierte Team für den Mann aus Emmerich. Der Grund für seine beschleunigte Anpassungsfähigkeit liegt für ihn daher auf der Hand. "Das kommt vielleicht auch mit mehr Erfahrung, dass ich mich als erfahrener Pilot mittlerweile schneller auf neue Bedingungen und ein neues Auto einstellen kann", so der 115-fache GP-Teilnehmer.

Ganz wie ein Maßanzug sitzt Hülkenberg der R.S.17 aber noch nicht. "Ich bin nicht glücklich mit der Balance. Sie ist noch nicht da, wo ich sie eigentlich haben will", lautet seine Kritik. Für das Qualifying am Samstag soll an dieser Baustelle noch etwas getan werden: "Ich hoffe, dass wir das über Nacht noch verbessern und eine harmonischere Balance erreichen können. Das wird knifflig und eine Herausforderung."