2017 hat sich nicht nur das Technische Reglement geändert, auch am Sportlichen Reglement gab es Anpassungen. Die wichtigste: Die Rennkommissare sollen wieder härteres Racing sicherstellen, nicht mehr jede Kleinigkeit soll untersucht und möglicherweise auch bestraft werden.

Dazu wurde Artikel 38.1 so vereinfacht, dass die Stewards nicht mehr genaue Richtlinien bei der Beurteilung über einen Zwischenfall einhalten müssen. Es heißt nun lediglich: "Wenn es für die Stewards nicht klar ist, dass ein Fahrer einen Zwischenfall komplett oder überwiegend zu verantworten hat, gibt es keine Strafe."

Die neue Richtlinie lautet also: Im Zweifel für den Angeklagten. Bislang gab das Reglement den Stewards bei ihrer Beurteilung von Zwischenfällen sieben Richtlinien. Wurde ein Kriterium erfüllt, durften sie Strafen aussprechen.

  • Wenn eine Rennunterbrechung verursacht wurde
  • Wenn ein Bruch des Sportlichen Reglements oder des Sporting Code vorlag
  • Wenn ein Fehlstart von einem oder mehrerer Autos verursacht wurde
  • Wenn eine Kollision verursacht wurde
  • Wenn ein Fahrer von der Strecke gedrängt wurde
  • Wenn ein Überholmanöver unrechtmäßig verhindert wurde
  • Wenn ein Fahrer unrechtmäßig beim Überholen behindert wurde

Um das neue Prozedere zu prüfen, ging Rennleiter Charlie Whiting strittige Szenen der vergangenen Saison mit den Rennstewards des Australien GP durch. Tim Mayer, Dennis Dean und Derek Warwick sind in Melbourne im Einsatz. "Das war sehr interessant", verriet Whiting beim traditionellen Medien-Briefing zum Saisonstart.

Regelklarstellung zurückgenommen

Interessant war vor allem der Fall Sebastian Vettel beim Mexiko GP. Der Ferrari-Pilot wurde bestraft, weil er Daniel Ricciardo in der Bremsphase die Tür zuschmiss. Eine Woche zuvor hatte Whiting im Fahrerbriefing das 'Verstappen-Gesetzt' klargestellt, das zuvor schon für zahlreiche Diskussionen gesorgt hatte.

Es galt als ungeschriebenes Gesetz, dass eine Position während der Bremsphase nicht mit einer Richtungsänderung verteidigt wird. Max Verstappen allerdings zeigte solche Manöver mehrmals, wurde dafür in Folge nicht bestraft. Einige Fahrer gingen auf die Barrikaden und erwirkten eine Regelklarstellung: Jeder Fall von 'Moving under braking' sollte von nun an bestraft werden.

Diese Regelklarstellung ist mit dem neuen Sportlichen Reglement Vergangenheit. "Man hätte den Zwischenfall von Mexiko etwas anders bewertet", gibt Whiting zu - der an der Bestrafung freilich unbeteiligt war, weil ausschließlich die Rennstewards darüber entscheiden. "Es wird jetzt jeder einzelne Fall untersucht, ob er gefährlich war oder nicht", so Whiting.

Nicht von der Änderung betroffen sind Verteidigungsmanöver auf der Geraden. Die Piloten dürfen beim Verteidigen einer Position weiterhin nur einmal die Richtung ändern. Whiting stellt klar: "Das ist eine eigene Regel."

Entscheidungen sollen schneller fallen

Für Zuschauer und Medienvertreter gibt es außerdem eine interessante Neuerung: Entscheidungen über Strafen nach dem Rennen sollen schneller fallen. Dazu hat die FIA ihre Stewards nun angewiesen. Whiting: "Ein Limit gibt es nicht, aber wir wollen die Sache etwas beschleunigen."

Helfen soll bei der Beschleunigung der Vorgänge ein Archiv von Zwischenfällen. Jede Untersuchung wird mit verschiedenen Schlagwörtern archiviert. Suchen die Stewards danach, sehen sie alle fragwürdigen Szenen der Saison und die entsprechende Entscheidung. Das hat noch einen weiteren Effekt: Ähnliche Zwischenfälle sollen auch von unterschiedlichen Stewards nicht mehr unterschiedlichen bewertet werden. Whiting gibt zu: "Wir wollen mehr Konstanz in den Entscheidungen."