Bei den Wintertests in Barcelona gab Haas eine gute Figur ab. In Sachen Zuverlässigkeit scheint der VF-17 schon jetzt ein Fortschritt gegenüber dem Vorjahresmodell zu sein. Nach dem achten Platz in der Konstrukteurswertung gibt es, anders als noch in der Debüt-Saison, keine Ausreden mehr für die US-Amerikaner. Vor allem angesichts der Kooperation mit Ferrari gibt es im Fahrerlager eine gewisse Erwartungshaltung. Teamchef Günther Steiner bekräftigt allerdings, dass seine Mannschaft 2017 nicht mehr von den Italiener profitiert als im vergangenen Jahr.

"Ich denke, die Leute müssen irgendwann aufhören zu sagen, dass wir ein Ferrari-Auto haben", so Steiner, dessen Piloten Kevin Magnussen und Romain Grosjean bei den Wintertestfahrten auf ihren schnellsten Runden über zwei Sekunden hinter Kimi Räikkönens absoluter Bestzeit lagen. Für Steiner der beste Beweis dafür, dass der Technologie-Transfer mit der Scuderia sich in Grenzen hält: "Wenn wir einen Ferrari hätten, wären wir auch so schnell."

Doch nicht nur Haas, sondern auch die Konkurrenten aus dem Mittelfeld liefen bei den Testfahrten den Top-Teams hinterher. Schnell kristallisierte sich ein Vorsprung von Mercedes, Ferrari und Red Bull auf den Rest der Welt heraus. Für den Teamchef des Privatrennstalls alles andere als eine Überraschung. "Die große Teams haben ganz einfach immer mehr Ressourcen, und das kann man dann auch erwarten. Es ist keine Überraschung, dass sie vor allen anderen liegen", so Steiner.

So nah wird Haas Ferrari in der Saison 2017 wohl nur selten sein, Foto: Sutton
So nah wird Haas Ferrari in der Saison 2017 wohl nur selten sein, Foto: Sutton

Steiner: Haben Ferraris Motoren aber nicht ihre Ressourcen

Während Ferraris zweites Kundenteam Sauber in dieser Saison mit Power Units aus dem Vorjahr ausgerüstet wird, erhält Haas die neuesten Technologien aus Maranello. "Es ist alles gleich. Batterie, MGU-K, MGU-H, Turbo und alles was dazugehört. Das Getriebe auch", gibt Steiner zu Protokoll. Dementsprechend scheint der aktuelle Zeitrückstand auf Ferraris SF70H einzig vom Chassis des VF-17 herzurühren. "Es hängt von der Aerodynamik ab, schätze ich", fügt er an.

Dabei benutzten die Ingenieure von Haas auch den Windkanal der Scuderia zur Entwicklung ihres Boliden, was maßgeblich zum Ruf als Maranellos B-Team beiträgt. Laut Steiner reicht das alleine aber längst nicht aus, um eine Ferrari-Kopie zu bauen. "Es hängt von den Ressourcen ab. Ferrari hat viel mehr Leute als wir", stellt er klar, dass seine Truppe mit weniger als 250 Mitarbeitern die Arbeitsleistung eines Top-Teams auch in denselben Räumlichkeiten schlichtweg nicht erbringen kann.

Haas übt sich in Beständigkeit

Dabei könnten gerade die personellen Ressourcen in der Saison 2017 eine noch wichtigere Rolle spielen, denn der Weiterentwicklung der Boliden wird von vielen Teams und Experten eine noch größere Bedeutung beigemessen. Bei Haas blieben große Investitionen auf diesem Feld für das zweite Jahr in der Königsklasse jedoch aus - und daran soll sich zunächst auch nichts ändern. "Bei uns bleibt über das Jahr hinweg alles gleich. Wir haben zu Jahresbeginn etwas mehr Manpower dazugeholt, aber während der Saison kommen nur noch die Leute dazu, bei denen es wegen der Gardening Leaves etwas länger dauert, sie zu kriegen", gibt Steiner zu Protokoll.

In Sachen Weiterentwicklung hat Haas für 2017 neben dem Personal keine weiteren Investitionen getätigt. Sprich, an den Fabriken hat sich nichts geändert. Kein Wunder, denn während bei anderen Rennställen so gut wie alles unter einem Dach entwickelt wird, steht Haas mit mehreren Standorten beziehungsweise Zulieferern schon seit Beginn vor einer logistischen Herausforderung. "Da haben wir wirklich schon genug auf zwei Kontinenten und in drei Ländern. Wir werden nicht versuchen, einen vierten Standort aufzumachen", so Steiner.

Haas zeigt seinen VF-17 für die Saison 2017 (01:42 Min.)

Standortbestimmung nicht möglich

Sollte die Weiterentwicklung in dieser Saison nur schleppen vorangehen, wird Haas wie schon im Premierenjahr früh Punkte einfahren müssen. 2016 holte Grosjean sämtliche WM-Punkte bereits in der ersten Saisonhälfte - angefangen mit einem sensationellen sechsten Rang beim Saisonauftakt in Melbourne. Ein Kunststück, das der Privatrennstall nur zu gerne wiederholen würde."Natürlich werden wir es versuchen. Wir haben uns mit der Performance bei den Tests hier in eine gute Position gebracht", gibt Steiner sich zuversichtlich.

Auf der anderen Seite erwartet auch er im Mittelfeld ein Hauen und Stechen um die letzten Ränge in den Top-10. "Ich sehe Toro Rosso, Force India und uns. Ich weiß nicht, wie es um Renault steht. Aber ich denke, in dieser Gruppe wird es ziemlich eng zugehen. Wer da jetzt oben ist, weiß ich noch nicht. Ich hoffe natürlich, wir." Neben den großen Drei sieht er außerdem noch einen weiteren Gegner außer Reichweite. "Ich denke, der Williams ist auch etwas besser als die Gruppe, wo wir sind."

Während im Mittelfeld noch Boden gutgemacht werden kann, glaubt Steiner nicht, dass sich am Rückstand der Verfolger zur Spitze über den Saisonverlauf noch etwas ändern wird. "Meiner Meinung nach, wird der Rückstand nicht kleiner werden", ist er sicher. Lediglich die Fortschritte könnten bei seinem Team im Vergleich etwas größer ausfallen: "Vielleicht werden die Fortschritte oben kleiner und die kleineren Teams können größere machen, da sie weiter zurückliegen und sehen, was die anderen machen", so seine Hoffnung.