Erst der emotionale Rücktritt aus der Formel 1, dann die Rückkehr im Zuge des Rosberg-Rücktritts und bei den Testfahrten in Barcelona bereits wieder einer der fleißigsten Fahrer - Felipe Massa hat in den letzten Monaten einiges erlebt. Ende 2016 verließ er die Königsklasse eigentlich für immer, sein Abschied von den heimischen Fans beim vorletzten Rennen in Sao Paulo lieferte emotionale Bilder. Inzwischen gehört er aber wieder zum Paddock und lieferte in Barcelona gleich eine Show. In zwei Wochen spulte der Brasilianer 414 Runden ab, Rang fünf in der Rangliste aller Fahrer.

Dabei hatte der Williams-Pilot eigentlich schon 'Lebewohl' gesagt, ehe die stellvertretende Teamchefin Claire Williams nach dem Bottas-Abgang zum Handy griff und in die Tasten haute. Adressat: Massa. "Ein paar Tage nach der Weihnachtsfeier des Teams, auf der ich mich von jedem verabschiedet hatte, bekam ich eine SMS von Claire, in der sie mich fragte, ob ich mir vorstellen kann, meinen Rücktritt aufzuschieben", berichtete der 35-Jährige. Es folgte ein Telefonat, ein persönliches Treffen in der Fabrik und nach der Klärung letzter Details die Unterzeichnung des Vertrages.

Probleme seit 2009

Bei aller Emotionalität: Sportlich war der Rückgriff auf Massa keine Entscheidung, die frei von jeglichem Risiko war. Gerade in der vergangenen Saison ließ der Routinier die großen Glanzlichter vermissen. Rang fünf beim Saisonauftakt in Australien und wenige Wochen später in Russland war das höchste der Gefühle. Gegen Valtteri Bottas zog er klar den Kürzeren. Es schien also der richtige Zeitpunkt gekommen für Massa, die Bühne Formel 1 zu verlassen.

Massas letzter und wohl traurigster Sieg: der Brasilien GP 2008, Foto: Sutton
Massas letzter und wohl traurigster Sieg: der Brasilien GP 2008, Foto: Sutton

Nun aber ist er wieder da. Und mit ihm auch ein neues Reglement mit neuen Autos, die so schnell sind, wie es nur wenige der aktuellen Fahrer aus der Vergangenheit kennen. Einer von ihnen ist Massa, seit 2002 in der Formel 1 dabei. Bei den Testfahrten lieferte er sofort ein beeindruckendes Tagwerk ab. Auch Rob Smedley, Head of Performance Engineering im Williams-Team, fand nur lobende Worte für seinen Fahrer. Die Gründe für Massas bislang vielversprechende Performance sieht Smedley eben in den neuen Autos.

"Ich denke, es kommt seinem Fahrstil perfekt entgegen", glaubt der Brite. "Die Autos, die wir jetzt haben, sind jenen viel ähnlicher, die er in seinen erfolgreichsten Jahren hatte", erklärt Smedley und verweist auf das Jahr 2008. In jener Saison scheiterte Massa nur knapp und unter dramatischen Umständen am WM-Titel, Stichwort Hamilton und Glock.

Es war aber auch die letzte Saison, bevor 2009 die Aerodynamik-Regeln komplett verändert wurden. Seither konnte Massa nicht mehr an die alten Erfolge anknüpfen, keinen einzigen Sieg konnte er mehr einfahren. Viele sehen seinen schweren Unfall in Budapest als Grund, doch auch vor dem fatalen Crash stimmten die Ergebnisse kaum noch. In zehn Rennen fuhr er 2009 nur einmal auf das Podium.

Zugewinn an Grip hilft Massa

Smedley erklärt, warum sich Massa damals schwertat und warum ihm die neuen Regeln wieder extrem entgegenkommen. "Wir haben jetzt sehr viel Grip vom Kurveneingang bis zum Scheitelpunkt der Kurven. Das hat uns in den letzten sieben Jahren definitiv gefehlt. Und er hatte damit ein paar Probleme. Umso besser die Front ist - ein solides Heck natürlich vorausgesetzt - und umso mehr Grip man am Kurveneingang hat, desto mehr kann er mit seinem Fahrstil herausholen", analysiert der 44-Jährige. Ein Schlüssel dafür seien die deutlich breiteren Vorderreifen.

Die Leistungen bei den Testfahrten scheinen Smedley recht zu geben. Massa fuhr wie ein Uhrwerk und zeigte sich auch bei den Rundenzeiten konkurrenzfähig. "Was wir bisher von ihm gesehen haben, zeigt, dass er sich sehr wohl fühlt", so Smedley. "Bei Felipe weiß man, dass er wenig Fehler macht. Und während der Tausenden von Kilometern der letzten Tage ist er vielleicht zweimal zu weit rausgefahren. Andere haben auf neuen Reifen größere Fehler gemacht. Also er fühlt sich mit dem Auto sehr wohl", stellt der Williams-Techniker erfreut fest.

Ausritte waren bei Felipe Massa während der Testfahrten eine Rarität, Foto: Sutton
Ausritte waren bei Felipe Massa während der Testfahrten eine Rarität, Foto: Sutton

Und ein zufriedener Massa kann mit seiner enormen Erfahrung jedem Team bei der Entwicklung weiterhelfen. Denn darum hat Williams Massa auch erst zurückgeholt. Man wollte neben Rookie Lance Stroll und nach dem Abschied von Valtteri Bottas einen erfahrenen Piloten haben. Bei Massa kommt erschwerend hinzu, dass er das Team bestens kennt. Eingewöhnung? Braucht der Vizechampion von 2008 nicht. Bei den Testfahrten zeigte sich dies sofort. "Wenn wir eine andere Reifenmischung verwendet haben, den Motor verändert haben oder das Benzinlevel, hat er genau das abgeliefert, was wir von ihm sehen wollten", so Smedley. Die Rückkehr Massas könnte sich möglicherweise zu einer echten Erfolgsgeschichte entwickeln.