Trauer in der Motorsportwelt: Der große John Surtees ist am Freitag im Alter von 83 Jahren verstorben. Das gab seine Familie in einem Statement bekannt. Die Rennsport-Ikone sei am Freitagnachmittag friedlich im Kreise der Familie gestorben, seine Frau Jane sowie die Töchter Leonora und Edwina waren an seiner Seite.

"Wir betrauern den Verlust eines solch unglaublichen, herzlichen und liebenswürdigen Mannes", teilte die Familie mit. "Gleichzeitig feiern wir sein erstaunliches Leben. Er steht als Beispiel dafür, sich bis an die Spitze getrieben und bis zum letzten Ende gekämpft zu haben." Surtees ist bis heute der einzige Fahrer in der Geschichte, dem es gelang, sowohl in der Motorrad-WM als auch in der Formel 1 die Weltmeisterschaft zu gewinnen.

Surtees war im Februar in ein Krankenhaus verlegt worden und erlag nun seinen Altersleiden. Der Brite prägte die Motorsportwelt wie kaum ein anderer, 1996 wurde er für seine Verdienste und Erfolge in die Internationale Hall of Fame des Motorsports aufgenommen. Seit dem Tod von Jack Brabham im Jahr 2014 war er zudem der älteste noch lebende Formel-1-Weltmeister.

Details zur Beerdigung werden zu einem späteren Zeitpunkt bekantgegeben. Seine Familie schrieb weiter: "John war ein liebender Ehemann, Vater, Bruder und Freund. Er gehörte zu den wahren Größen des Motorsports und arbeitete bis zuletzt unermüdlich an der The Henry Surtees Foundation und dem Buckmore Park Kart Circuit. Wir möchten uns bei allen Mitarbeitern des St George's Hospital und dem The East Surrey Hospital für ihre Professionalität und Unterstützung während dieser schweren Zeit bedanken."

Rückblick: Eine große Karriere

Als Surtees am 11. Februar 1934 im Süden Londons das Licht der Welt erblickte, wurde ihm der Motorsport in die Wiege gelegt. Sein erstes Foto überhaupt, im Schoß seiner Mutter, wurde im Paddock von Brands Hatch aufgenommen. Schon früh begann er gemeinsam mit seinem Vater, einem Motorradhändler und erfolgreichem Motorradfahrer, an Seitenwagenrennen teilzunehmen - zu früh. Gleich bei seiner ersten gemeinsamen Teilnahme siegte das Vater-Sohn-Gespann, doch wurde es nachträglich disqualifiziert. Mit 14 Jahren hätte John noch nicht an diesem Rennen teilnehmen dürfen, also wurde ihnen der Sieg aberkannt. Lange musste das junge Talent aber nicht auf seinen ersten regulären Erfolg warten.

Nachdem er 1953 an seinem ersten Weltmeisterschaftslauf teilgenommen hatte, erhielt er im folgenden Jahr als 19-Jähriger ein Angebot für einen Platz beim Joe Craig Norton Werksteam für die Isle of Man TT. Wegen einer Verletzung des Handgelenks, die er sich beim Training mit dem Motorrad eines anderen Herstellers zuzog, konnte er dieses Angebot jedoch nicht annehmen, was sich auch später noch auf seine Karriere auswirken sollte. Weil ihm Teamchef Joe Craig den Unfall auf einem Fremdfabrikat übel nahm, erhielt Surtees in den kommenden Jahren kein Werksangebot. Keine Werksunterstützung bedeutete, dass sich Surtees seine Rennmaschinen selbst kaufen musste - damals wie heute keine günstige Angelegenheit.

John Surtees im Jahr 1955 in Großbritannien, Foto: Sutton
John Surtees im Jahr 1955 in Großbritannien, Foto: Sutton

Höhepunkt der Dominanz

Dennoch tat dies dem rasanten Aufstieg keinen Abbruch. 1955 erhielt er sporadisch ein Werksbike von Craig und fuhr in der 250cc-Klasse seinen ersten Weltmeisterschaftssieg ein. Im Jahr darauf ging er als Werkspilot für die italienische Marke MV Agusta an den Start und startete eine beispiellose Serie. Von 1956 bis 1960 holte er insgesamt sieben Weltmeistertitel und feierte mit MV Agusta 37 Siege. Den Höhepunkt seiner Dominanz erreicht er 1959, als er alle Rennen der 350cc- und 500cc-Klasse gewann. Alleine sechsmal konnte er die Isle of Man TT gewinnen.

1960 fuhr Surtees zweigleisig: Während er zwei Motorradweltmeisterschaften gewann und einen Rekord bei der Isle of Man TT aufstellte, arbeitete er nebenbei an seinem Formel-1-Einstieg. "Das ist in England generell schlecht: Die Leute sind zu schnell mit dem, was sie haben, zufrieden", klagte Surtees einst über seine Landsleute. Er selbst war längst nicht mit dem Erreichten zufrieden. "Das Wichtigste, was ich in meinem Leben machen musste, war es, nicht andere Leute zufrieden zu stellen, sondern mich selbst." Gesagt, getan.

Surtees 1960 beim Großbritannien GP auf Lotus, Foto: Sutton
Surtees 1960 beim Großbritannien GP auf Lotus, Foto: Sutton

Das erste Mal Formel 1

Noch 1960 nahm er an seinen ersten Formel-1-WM-Läufen teil. Schon bei seinem zweiten Rennen konnte er für Lotus einen herausragenden zweiten Platz beim Großen Preis von Großbritannien in Silverstone feiern. Nach seiner überzeugenden Leistung erhielt der damals 26-Jährige ein Angebot als Nummer-eins-Fahrer von Lotus-Gründer und Teamchef Colin Chapman für die Saison 1961. Surtees lehnte ab - weil er zu großes Konfliktpotential sah. Also heuerte er beim Yeoman Credit Racing Team an, das einen Cooper T53 - das Weltmeisterauto aus dem Vorjahr - einsetzte. Besonders erfolgreich verlief das Jahr nicht, mit vier Punkten reichte es nur zu Platz zwölf.

Dennoch erhielt er am Ende der Saison erneut ein reizvolles Angebot. Kein geringerer als Enzo Ferrari wollte sich die Dienste des Briten sichern. "Nicht jetzt, aber vielen Dank." Mit diesen Worten lehnte Surtees das Angebot ab. Er blieb noch ein weiteres Jahr bei Yeoman, das von Bowmaker übernommen wurde. Nach überzeugenden Leistungen und Platz vier in der Weltmeisterschaft hatte er nun sein Grundstudium in der Formel 1 absolviert und sah sich für höhere Aufgaben gerüstet.

Surtees 1961 beim Großen Preis der Niederlande, Foto: Sutton
Surtees 1961 beim Großen Preis der Niederlande, Foto: Sutton

Der Weg zu Ferrari

Diese Aufgabe hieß Ferrari. Bei der Mythosmarke angekommen, gab es schon im ersten Jahr Zwist mit Teamchef Eugenio Dragoni. Beim 12-Stunden-Rennen von Sebring musste Surtees, der sich ein Auto mit Ludovico Scarfiotti teilte, seinen Ferrari 250P seinem Teamkollegen überlassen. Scarifiotti musste Surtees schließlich dazu überreden, überhaupt noch am Rennen teilzunehmen. Mit Wut im Bauch fuhr das Duo den Sieg ein. Die Formel-1-Saison verlief durchwachsen: Seinem ersten Sieg und zwei weiteren Podiumsplatzierungen standen sechs Ausfälle und eine Disqualifikation gegenüber.

1964 sollte dann das Jahr des John Surtees werden. Gemeinsam mit Lorenzo Bandini gelang ihm beim Saisonhighlight in Le Mans der dritte Platz. Doch die gleichzeitige Vorbereitung auf Le Mans und Formel 1 forderte auch ihre Opfer. So war der neuentwickelte Ferrari 158 nicht von Anfang an konkurrenzfähig, die fehlenden Testkilometer wirkten sich zudem auf die Haltbarkeit des Boliden aus. Mit einem fulminanten Schlussspurt und zwei Siegen schaffte es Surtees aber doch noch: Dank Streichresultaten holte er die Weltmeisterschaft mit einem Punkt Vorsprung auf Graham Hill.

1965 folgte sogleich ein herber Rückschlag. Ferrari konnte Surtees kein konkurrenzfähiges Material zur Verfügung stellen, große Erfolge blieben aus. Die Saison fand zudem ein frühzeitiges Ende, weil beim Training zu einem Sportwagenrennen in Kanada die Aufhängung an seinem Lola brach und er schwer verunglückte. Nur knapp konnte er dem Tod entrinnen, doch das Ende der Motorsportkarriere war noch lange nicht erreicht. 1966 ging er in eine weitere Saison mit Ferrari, doch es sollte die letzte beim Traditionsrennstall werden. Es kam zum endgültigen Bruch zwischen Surtees und Dragoni, woraufhin er nach zwei Rennen als Meisterschaftsführender Ferrari verließ und bei Cooper anheuerte. Doch die Unzuverlässigkeit des Cooper T81 verhinderte den zweiten Weltmeistertitel Surtees' und er musste sich mit WM-Rang zwei zufriedengeben.

Surtees gewann 1964 die Weltmeisterschaft für Ferrari, Foto: Sutton
Surtees gewann 1964 die Weltmeisterschaft für Ferrari, Foto: Sutton

Mit eigenem Team am Start

Später wechselte Surtees zu Honda und anschließend zu BRM, wo er nur wenig Erfolge feierte. Bei beiden Teams entwickelte das von ihm ins Leben gerufene Team Surtees einzelne Teile der Fahrzeuge, bevor 1970 die vollkommene Eigenständigkeit kam. Die Gründung des eigenen Teams war aber keine Trotzreaktion auf die Diskrepanzen mit der Ferrari-Führungsriege, wie Surtees betonte: "Ich wollte nie mein eigener Boss sein, Racing ist ein Mannschaftssport."

Team Surtees vertraute zunächst auf Kunden-McLaren und setzte später den TS7, eine Eigenentwicklung ein. Obwohl die Einsätze alles andere als von Erfolg gekrönt waren, ging Surtees auch 1971 mit seinem eigenen Team an den Start. Nachdem Jahr zwei in Eigenregie ähnlich erfolglos verlief, zog er sich im Jahr darauf fast komplett als aktiver Rennfahrer zurück. Doch das Team Surtees blieb noch weiter bis 1978 bestehen, 1979 musste Surtees das Team wegen Geldproblemen aufgeben.