Obwohl sein Red Bull zeitweise lahmgelegt wurde, war Max Verstappen am Mittwoch bei den Testfahrten in Barcelona der fleißigste Pilot. Grund für die verlorene Streckenzeit waren Probleme an der Renault Power Unit, von denen das Team bisher weitestgehend verschont geblieben war. Sorgen bereiten Verstappen diese jedoch keine - genauso wenig wie das mögliche Versteckspiel seiner Konkurrenten.

Nur wenige Runden trennten Verstappen am späten Abend von der Vollendung einer kompletten Renndistanz über 66 Runden, als sein RB13 im letzten Sektor ausrollte. Was so wenige Minuten vor Schluss nach einem planmäßigen 'fuel run' aussah, war laut dem jungen Niederländer jedoch alles andere als geplant. "Leider ist mir nicht der Sprit ausgegangen", entkräftet Verstappen jegliche Spekulationen um ein vorsätzliches Leerfahren des Benzintanks, wie es die Teams mit neuen Boliden bei den Testfahrten gerne machen, um die Systeme für den Ernstfall zu überprüfen.

Stattdessen soll es ein Problem an der Renault Power Unit gewesen sein, das ihn zum unfreiwilligen Anhalten zwang. "Wir wurden bei der Simulation von dem Problem gestoppt, das uns schon am Morgen lahmgelegt hatte. Es war etwas an der MGU-K", erklärt er das Ausrollen kurz vor Feierabend mit demselben Defekt, der zur Mittagszeit schon einen Motorwechsel an seinem Fahrzeug nach sich zog.

Max Verstappen geht auch bei den Testfahrten gewohnt aggressiv zu Werke, Foto: Sutton
Max Verstappen geht auch bei den Testfahrten gewohnt aggressiv zu Werke, Foto: Sutton

Verstappen hat keine Zweifel an Renault

Großartige Bedenken hat er aufgrund des wiederholt aufgetretenen Fehlers jedoch nicht. "Ich bin sehr zuversichtlich, denn die Renault-Jungs haben schon ein paar Plane, um das für Melbourne zu ändern. Es sollte bis dahin in Ordnung sein", gibt Verstappen sich optimistisch, den im Übrigen auch die Probleme beim Werksteam der Franzosen oder beim Schwester-Team Toro Rosso nicht an der Qualität der Renault-Aggregate zweifeln lassen.

"Ich bleibe immer sehr positiv und versuche nicht, zu sehr darüber nachzudenken. Dafür sind Tests doch da. Du musst alle Komponenten richtig fordern und sehen, wie gut sie sind und wo du sie verbessern kannst", so der 19-Jährige, der trotz aller Probleme mit 102 Umläufen der Rundenkönig auf dem Circuit de Barcelona-Catalunya war und offenbar noch für weitere 100 Runden an diesem Mittwoch bereit gewesen wäre: "Wenn das möglich wäre, natürlich!"

Niemand findet noch zwei Sekunden

Daniel Ricciardo hatte bezüglich der Pace am Vortag gesagt, dass er nicht erwarte, dass Red Bull noch zwei Sekunden in der Hinterhand habe, um Mercedes und Ferrari ein Schnippchen zu schlagen. Silberpfeil-Neuzugang Valtteri Bottas schraubte am Mittwoch die bisher bei den Testfahrten erreichte Bestzeit um vier Zehntel auf 1:19.310 Minuten herunter. Verstappen ist dennoch der Ansicht, dass Ricciardos Aussage keinen Nachteil für ihr Team bedeutet: "Ich denke, das Gute ist, dass niemand mehr zwei Sekunden in der Hinterhand hat."

Im Vergleich zur zweiten Woche ist Red Bull bisher deutlich besser in die Gänge gekommen, was sich laut Ricciardo in erster Linie in seinem Gefühl für den neuen Boliden bemerkbar machte. Auch Verstappen bestätigt nach seinem ersten Einsatz in dieser Woche, dass er immer besser mit dem RB13 zurechtkommt. "Ich fühle das Auto mehr und mehr. Es ist gut ausbalanciert und auch berechenbar. Wenn du einlenkst, weißt du genau, wie es sich verhalten wird", so sein positives Fazit, was ihm obendrein einen Hinweis auf zusätzliche Pace liefert: "Du fühlst die Balance und dann beginnst du, mehr und mehr zu pushen."

Auto niemals zu 100 Prozent fertig

Hinsichtlich des Kräfteverhältnisses steht bei allen Teams die Frage im Raum, wie weit das volle Potential der 2017er Boliden bis zum Ende der Testtage ausgereizt werden kann. Verstappen geht davon aus, dass die Rennställe bisher gerade einmal an der Oberfläche gekratzt haben, wenn es um die maximale Performance geht: "Die Autos sind noch ziemlich neu und wir können auch noch so viele Setup-Änderungen machen. Plötzlich findest du die richtige Einstellung und dann arbeitest du weiter in diese Richtung und kannst sogar noch mehr Performance herausholen", ist er sich sicher.

Wie viel selbst während des Saisonverlaufs gewonnen werden kann, zeigte Red Bull im vergangenen Jahr. Nach einem Stotterstart liefen die Österreicher der Konkurrenz von Ferrari ab dem Sommer den Rang ab und erreichten mit Platz zwei bei den Konstrukteuren ein Ergebnis, das nach dem Saisonauftakt nur wenige prophezeit hätten. Verstappen hat für sich daraus eine klare Schlussfolgerung für das Ausreizen des Potentials gezogen: "Ich denke nicht, dass das Auto jemals bei 100 % sein kann. Es wird immer weiterentwickelt."