Der Launch des Red Bull RB13 am Sonntag war lächerlich. Red Bull zeigte nur ein schlecht aufgelöstes Bild und ein mäßig interessantes Video vom neuen Boliden. Entsprechend mussten wir bis Testbeginn warten, um die ersten sinnvollen Bilder zu bekommen. Und ruck zuck schickte Red Bull auch noch Studiobilder nach. Doch warum wartete Red Bull so lange? Der Technik-Check.

Schon auf dem ersten, sehr schlechten Bild staunten viele nicht schlecht. Der RB13 hat ein großes Loch in der Nase. Schön ist anders, aber schnell? So ganz ist noch nicht klar, wofür das Loch tatsächlich gut ist. Chef-Ingenieur Rob Marshall scherzt nur: "Es ist eine Nase mit Loch." Vermutlich wird die Luft direkt hinter der Öffnung unter der Nase wieder ausgeblasen. Das hat zwei Vorteile: Mehr und gezieltere Luft.

Denn die größte Herausforderung für die Teams sind die sogenannten Y250-Wirbel. Y gibt die Richtung im Koordinatensystem an, 250 ist der Abstand von der Fahrzeugmittelachse in Millimeter. Es geht um die Sektion des Frontflügels, der für die Aerodynamiker tabu ist: der Mittelteil, der bei allen Teams gleich sein muss. Hier bestimmt sich der komplette Luftfluss für den Rest des Autos - deshalb ist das Nasenkonzept auch so entscheidend. Außer Mercedes und Toro Rosso haben sich alle für die breiten Nasen mit Knoll und weit auseinanderliegenden Pylonen entschieden.

Nase: Kein Loch im Sinne des Reglements

Im Loch befinden sich viele Streben, Foto: Sutton
Im Loch befinden sich viele Streben, Foto: Sutton

Für viel Aufruhr sorgte die Nase auch, weil viele an der Legalität zweifelten. Ein Einlass an der Fahrzeugfront ist nur zu Kühlzwecken für den Fahrer erlaubt - und auch nicht in diesem Ausmaß. Außerdem muss die Nase an dieser Stelle eine Querschnitt von mindestens 9000 Quadratmillimeter aufweisen.

Doch Red Bull spielt den Trick offenbar clever: Es handelt sich nicht um ein einfaches Loch. In dem Kanal scheinen Streben unterschiedlich ausgerichtet angebracht zu sein. Aus der frontalen Ansicht ist somit der komplette Querschnitt bedeckt - die Luft kann allerdings durchfließen. Ähnliches sah man am Lotus von 2014 in der Mitte der Doppel-Nase.

Nettes Detail: Die Kamera-Befestigung, Foto: Red Bull
Nettes Detail: Die Kamera-Befestigung, Foto: Red Bull

Der RB13 verfügt wie die meisten seiner Artgenossen - bislang fährt nur der Force India ohne - über einen S-Schacht. Die Luft wird über kleine NACA-Schächte an der Seite angesaugt. Ähnlich ist es auch am Toro Rosso zu sehen.

Ein nettes Detail sind die Befestigungen der Kamera-Gehäuse. Die FIA hat extreme Halterungen in diesem Jahr verboten, die Kameras müssen nun fast direkt neben der Nase angebracht werden. Aber Red Bull hat nicht einfach nur das Kameragehäuse verlängert, sondern es an drei einzelne Mini-Streben befestigt, die etwas an die McLaren-Pylonen im kleinen Stil erinnern.

Hat Mercedes Red Bull den Aufhängungs-Trick voraus?

Doch den größten Unterschied zum Mercedes sehen die Ingenieure in der Vorderradaufhängung. Mercedes und Toro Rosso haben den oberen Querlenker an einer Verlängerung des Radträgers installiert. "Ist das ein fundamentaler Vorteil, den wir alle kopieren? Das ist unmöglich zu sagen", meint Adrian Newey. "Wir wissen nicht, ob es an unserem Auto funktioniert."

Die Mercedes-Aufhängung bereitet Red Bull sorgen, Foto: Sutton
Die Mercedes-Aufhängung bereitet Red Bull sorgen, Foto: Sutton

Doch der kleine Hebel ist nur Mittel zum Zweck. Mercedes und Toro Rosso wollen aus aerodynamischen Gründen den unteren Querlenker so tief wie möglich haben. "Um das machen zu können, muss man dann den oberen nach oben versetzen, sonst werden die Kräfte zu groß", erklärt Red Bulls Chef-Ingenieur Rob Marshall gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Es ist ein Nebeneffekt, wenn man den unteren Querlenker versetzt."

Red Bull mit einfachen Bargeboardsy

Hinter der Vorderachse hatte man beim Red Bull ein Feuerwerk an Luftleitblechen erwartet. Doch hier ist der RB13 überraschend clean. Die sogenannten Turning Vanes an der Chassis-Unterseite sind ausgeprägt wie bei keinem anderen Team, aber an der Chassis-Seite sieht der Red Bull im Vergleich zum Mercedes wie ein GP2-Bolide aus.

Die Bargeboards wirken vergleichsweise einfach gehalten, Foto: Sutton
Die Bargeboards wirken vergleichsweise einfach gehalten, Foto: Sutton

Während beim Mercedes hier noch ein Bumerang aus dem Chassis wächst und sich dort noch die Bargeboards in unzählige Teile aufsplitten, gibt es am Red Bull nur einen großen zweiteiligen Abweiser, der zum ebenfalls recht einfach gehaltenen Seitenkastenflügel führt. Allerdings war der Red Bull schon in den vergangenen Jahren clean im Vergleich zum Mercedes.

Die Seitenkästen fallen extrem klein aus - hier geht der Dank auch an Renault. "Sie haben einen guten Job beim Packaging der verschiedenen Boxen, die außen dran hängen, gemacht. Das hat es uns leichter gemacht, das Bodywork schmaler drum herum zu bauen", erklärt Marshall. So kleine Öffnungen wie der Red Bull hat höchstens Ferrari - wobei es dort schwierig zu beurteilen ist. Der Red Bull holt sich die Kühlluft auch nicht über die Airbox, sie fällt wie die Seitenkästen überraschend klein aus.

Interessant ist am Red Bull auch die Hinterradaufhängung. Sie ist ähnlich wie jene von Toro Rosso. Die Zugstrebe geht extrem weit nach vorne und verschwindet förmlich im Unterboden. Während die meisten Teams die Feder-Dämpfer-Einheit hinten unter dem Getriebe anbringen, verlegen Red Bull und Toro Rosso die Einheit vorne am Getriebe, auf Höhe der Kupplung. Dadurch hat man mehr Freiheiten am Heck des Autos, weil das Getriebe hinten kompakter gestaltet werden kann - Stichwort Diffusor.

Red Bull winkt ab: Kein magisches Update

Um die etwas unschöne Haifisch-Flosse kommt auch der Red Bull nicht herum. Sie sieht jedoch weniger elegant aus als bei anderen Teams, fällt sie doch relativ steil und ohne besonderen Clou nach unten ab. Red Bull wollte die Finne aus ästhetischen Gründen sogar verbieten lassen, ein entsprechender Vorschlag scheiterte aber in der Formel-1-Kommission. Der Performance-Zugewinn soll ohnehin nur marginal sein.

Der Red Bull überrascht, indem er nicht überrascht. Viele hatten auf ein wahres Aero-Feuerwerk gewartet - doch das ist er augenscheinlich nicht. Noch nicht? Diese Frage stellen sich viele. Doch Red Bull winkt ab: "Nein, es kommt nichts Magisches mehr ans Auto." Die Frage ist nur: Ist der RB13 schon magisch, weil magisch clean? Die ultra-komplexen Bargeboards am Mercedes erzeugen schließlich keinen Abtrieb, sie sollen die Luft nur dorthin leiten, wo sie Abtrieb erzeugen kann. Vielleicht schafft Newey das einfacher.