Haas F1 erlebte 2016 eine märchenhafte Debüt-Saison in der Formel 1. Dem bei Newcomern seit jeher gefürchteten Hinterbänkler-Dasein enteilte die Truppe bereits am ersten Rennwochenende mit. Die US-Amerikaner bewiesen in der Folge über den gesamten Saisonverlauf hinweg, dass sie der Königsklasse in sämtlichen Aspekten gewachsen sind. Doch die Unbeschwertheit des Anfangsjahres war einmal, denn in der zweiten Saison erwartet das Team der Druck, der die Formel 1 zu dem Haifischbecken macht, das es seit jeher ist. Die Erwartungshaltung ist klar: Teamchef Günther Steiner und seine Piloten Romain Grosjean und Kevin Magnussen müssen beweisen, dass 2016 nicht nur eine Eintagsfliege war.

Der achte Platz in der Konstrukteurs-WM überraschte 2016 alle - auch Teamgründer Gene Haas, der ursprünglich mit weitaus niedrigeren Zielen in die Premierensaison gegangen war. "Ich denke, wir hatten einen sehr erfolgreichen Einstand in der Formel 1. Wir haben all unsere großen Ziele erreicht und sogar übertroffen", so der US-Amerikaner, der sich schon beim Saisonauftakt in Melbourne über die ersten Zähler für sein Team freuen durfte. Im Gegensatz zu vielen anderen jungfräulichen Formel-1-Projekten lieferte Haas mit einem Triumph über etablierte Teams wie Renault und Sauber deutlich besser ab, als Fans und Experten jemals zu vermuten gewagt hätten.

Dass die Außenwelt seinem Team gegenüber zu Beginn recht skeptisch war, ist Haas bewusst: "Viele Leute haben wohl erwartet, dass wir die ganze Saison über am Ende des Feldes unterwegs sein würden. Ich glaube aber, dass wir zum Ende der Saison sämtliche Kritiker zum Schweigen gebracht haben." Doch wie im Wettkampfsport üblich, verpflichtet Erfolg zu mehr Erfolg. "Mittlerweile sehen uns die meisten Leute als ernsthaften Wettbewerber", weiß Haas um das neue Standing seiner Mannschaft.

Nix da mit roter Laterne: Haas mischte 2016 von Anfang an im Mittelfeld mit, Foto: Sutton
Nix da mit roter Laterne: Haas mischte 2016 von Anfang an im Mittelfeld mit, Foto: Sutton

Wirksame Werbemaßnahme

Für den Großindustriellen Haas, der mit Haas Automation die größte Werkzeugmaschinen-Manufaktur Nordamerikas betreibt, ist die Formel 1 nicht nur ein teures Hobby - sondern auch ein Aushängeschild für die Qualität seiner Produkte. "Die Leute haben eine 'Zeig mir was'-Mentalität. Zeig mir was du kannst, und ich glaube dir. Das lässt sich gut auf die Werkzeugmaschinen-Industrie ummünzen. Wenn wir Rennautos bauen können, können wir auch Werkzeuge bauen", so der 64-Jährige, der die Königsklasse als einzigartige Marketingplattform sieht: "In der Formel 1 anzutreten bringt ein Level an Glaubwürdigkeit mit sich, dass du durch herkömmliche Werbung einfach nicht erreichen kannst."

Die Tatsache, dass das F1-Team für ihn nicht nur eine Spielerei ist, bringt jedoch zusätzlichen Druck für die gesamte Belegschaft mit sich. Denn sollten die Erfolge ausbleiben und dem Rennstall ein Versager-Image anhaften, würde das gesamte Unterfangen den unternehmerischen Zweck nicht mehr erfüllen. "Nur die Leute, die es bis ganz nach oben geschafft haben, bleiben im Gedächtnis", so Haas, der jedoch guter Dinge ist, dass sein Projekt 2017 erneut Früchte tragen wird - und zwar mindestens genauso wie im letzten Jahr. "Ich denke, mit dem Wissen über das wir jetzt verfügen, sollten wir dazu in der Lage sein sogar noch ein oder zwei Positionen gutzumachen", kündigt er an.

Haas will aus den Fehlern der vergangenen Saison stärker hervorgehen, Foto: Sutton
Haas will aus den Fehlern der vergangenen Saison stärker hervorgehen, Foto: Sutton

2017 sollte einfacher werden

In anderen Sportarten haben Newcomer und Aufsteiger nach fulminanten Einständen ein böses Erwachen erlebt. Bei Haas ist man sich jedoch sicher, dass die Erkenntnisse des Debüt-Jahres ein erfolgreiches zweites Jahr in Aussicht stellen. "Dieses Jahr wissen wir viel besser Bescheid und können uns viel besser organisieren", so Teamchef Günther Steiner. Nach der erfolgreichen ersten Saisonhälfte 2016 begann die Truppe frühzeitig, die Weichen für die neue Saison zu stellen. "Vergangenen Sommer haben wir uns schon mit unseren Lieferanten und Partner zusammengesetzt und wir hatten sehr konstruktive Gespräche über die Bereiche, in denen wir uns verbessern könnten", fügt er an.

Die getroffenen Maßnahmen haben sich laut Steiner bereits während der letzten Saison und auch bei der momentanen Vorbereitung auf das Jahr 2017 bemerkbar gemacht: "Wir fanden Bereiche in denen mehr Potential vorhanden war und sich jeder verbessern konnte, und alle haben noch einmal eine Schippe draufgelegt. Vieles scheint nun besser zu funktionieren. Es läuft alles viel reibungsloser ab - und so solle es auch sein." Während die Truppe sich 2016 noch auf viele organisatorische Dinge konzentrieren musste, sind diese Baustellen bei der diesjährigen Saisonvorbereitung kein Thema. "Wir brauchen uns nicht darum kümmern, eine Boxenmannschaft zusammenzustellen, LKWs zu besorgen oder eine Infrastruktur aufzubauen. Diese Dinge haben wir jetzt alle schon", so der Teambesitzer.

Gene Haas und Günther Steiner wollen 2017 noch erfolgreicher sein, Foto: Sutton
Gene Haas und Günther Steiner wollen 2017 noch erfolgreicher sein, Foto: Sutton

Ingenieure müssen für Performance sorgen

Das Team konnte letztes Jahr zwar viel lernen, doch durch das neue Reglement kann die Mannschaft die gewonnen Erkenntnisse nur bedingt in die neue Saison einfließen lassen. "Es ist immer noch ein neues Auto und wir müssen mehr darüber in Erfahrung bringen. Es kommt darauf an, dass die Ingenieure versuchen das Maximum aus dem Auto zu holen und es geht auch darum die Reifen so schnell wie möglich zu verstehen", so Steiners Plan für einen erfolgreichen Auftakt in die neue Saison.

Neben dem letztjährigen Punktegarant Romain Grosjean wird dieses Jahr Kevin Magnussen im zweiten Haas-Boliden Platz nehmen. Grosjean erhofft sich von den Erfahrungen des neuen Stallgefährten einen positiven Input für das gesamte Team. "Er bringt wertvolle Erfahrungen von McLaren und Renault mit, was wichtig sein wird", sagt der Franzose. Magnussen selbst will nach der enttäuschenden Saison bei Renault wieder etwas für seinen Ruf im Fahrerlager tun: "Ich hoffe, dass wir zusammen eine starke Saison haben werden. Sie waren letztes Jahr ziemlich gut und diese Erfahrungen wollen wir diese Saison zusammen ausnutzen."