"Das Auto ist ein echtes Biest! Das detaillierteste Stück Maschine, das ich jemals in der Formel 1 gesehen habe." Lauschte man Lewis Hamilton am Tag der Vorstellung des neuen Mercedes-Rennwagens, man konnte den Eindruck gewinnen, dass die Silberpfeile das nächste Weltmeister-Auto hervorgebracht haben. Unter großem Medienrummel stellte Mercedes am Donnerstag seine jüngste Kreation, den F1 W08, der Weltöffentlichkeit vor.

Da war auch Teamchef Toto Wolff voll des Lobes für den Neuen. "Es sieht schon mal aus wie ein Weltmeister-Auto", sagte der Österreicher, um dann einzuordnen: "Wir wollen aber auch nach der Stoppuhr Weltmeister sein." Denn: Wozu der W08 wirklich imstande ist, ließ sich nach dem ersten Run noch überhaupt nicht sagen. Hamilton und Bottas absolvierten im Zuge der Auto-Präsentation einen Filmtag, durften also nur 100 Kilometer in Silverstone zurücklegen.

Im kleinsten Power-Modus

Und noch dazu auf speziellen Demo-Reifen von Pirelli. Wie schnell der neue Mercedes tatsächlich ist, lässt sich besser nach den anstehenden Testfahrten in Barcelona einordnen. In Silverstone war der W08 laut Hamilton im untersten Power-Modus unterwegs. Verständlicherweise, wurde er doch lange von einem Straßenauto mit Kameramännern an Bord begleitet - der ursprünglichen Bedeutung eines Filmtages, den die Teams vorrangig zum Checken der Systeme nutzen.

"Das war kein richtiger Test heute", räumte Hamilton ein. "Das war einfach ein Shakedown, da fährst du langsame Runden. An ein paar Stellen fühlte sich das Auto aber zumindest schneller an." Silverstone dürfte 2017 zu den Paradestrecken der neuen Autos werden. Kaum woanders gibt es so viele flüssige Highspeed-Kurven - dem Bereich, in dem die Downforce lastigen Autos ihre tatsächliche Stärke unter Beweis stellen können. Doch für den Anfang ließen es Hamilton und Neuzugang Valtteri Bottas, der den W08 am Nachmittag fuhr, ruhig angehen.

Mercedes geht 2017 mit dem F1 W08 in der Formel 1 an den Start, Foto: Sutton
Mercedes geht 2017 mit dem F1 W08 in der Formel 1 an den Start, Foto: Sutton

Auf der Suche nach Grenzen

"Hinter den Grenzbereichen des Autos stehen noch ein paar Fragezeichen", sagte Hamilton. "Wie funktionieren die neuen Reifen am Auto? Wo haben wir Über- oder Untersteuern? Wir müssen auch herausfinden, wie lange die Reifen zum Aufwärmen brauchen. Das alles müssen wir so schnell wie möglich herausfinden bei den Testfahrten. Nächste Woche geht es erst richtig los. Aber das Auto fühlt sich in Sachen Sitzposition, Lenkrad, Knöpfe und so weiter ziemlich so an wie letztes Jahr."

Optisch hinterließ der neue Mercedes unterdessen einen guten Eindruck. Aufgeräumt wirkte er, sogar in der ersten Ausbaustufe. Auf die inzwischen bekannte Aero-Finne am Heck verzichtete das Team - zumindest beim Shakedown - dafür kam nachmittags ein zuvor nie gesehener Flügel am Heck zum Einsatz. Jetzt muss der W08 nur noch schnell sein. "Ich bin gespannt, wie das Auto reagiert, wenn ich richtig Gas gebe", so Hamilton. "Es ist fast so, als würdest du in eine andere Rennserie wechseln, wenn du so viel Bodenhaftung hast."

Valtteri Bottas bei seinen ersten Runden im Mercedes-Silberpfeil, Foto: Sutton
Valtteri Bottas bei seinen ersten Runden im Mercedes-Silberpfeil, Foto: Sutton

Bottas: Es ändert sich nichts

Für Teamkollege Bottas war unterdessen allein der Shakedown eine völlig neue Welt. Das erste Mal im Silberpfeil, ein erhabenes Gefühl. "Die ersten paar Runden waren unglaublich", schwärmte der Finne. "Mein erstes Mal im Silberpfeil hat mich realisieren lassen, wovon ich ein Teil bin. Das war eine große Sache für mich, auch, wenn es nur ein Shakedown war. Aber an meine ersten Schritte auf der Strecke mit dem Team werde ich mich immer erinnern."

Bottas drehte seine Film-Runden unter den Augen hunderter Fotografen. Ein Ausrutscher auf der Strecke wäre fatal gewesen. Doch alles lief glimpflich ab. Nervös sei Bottas - der aus der vergleichsweise kleinen Williams-Welt stammt - sowieso nicht gewesen. "Überhaupt nicht", bekräftigte er. "Na klar ist es spannend, aber nervös war ich nie, seit ich hier unterschrieben habe. Es wäre sehr einfach, Druck aufzubauen. Aber das hilft ja nicht. Es mag komisch klingen, aber für mich ändert sich nichts."