Die neuen Formel-1-Autos sind noch keinen Meter gefahren, aber einer gibt schon richtig Vollgas: Vijay Mallya. Der umtriebige Besitzer von Force India lief bei der Auto-Vorstellung des Teams so richtig heiß. Sein erster Kontrahent: Werksteam Renault, das seinen neuen R.S.17-Boliden am Vortag präsentiert hatte. Während der Vorstellung in London hatte Renault-Chef Cyril Abiteboul den kleinen Teams - darunter Force India - schon vorzeitig sein Beileid für die Saison 2017 ausgesprochen.

Laut Abiteboul werde es dieses Jahr zum großen Wettrüsten der Teams kommen, was die Weiterentwicklung der Rennautos angeht. "Ich habe Mitgefühl mit den Teams, die über wenige Ressourcen verfügen", sagte der Franzose. "Ich glaube, dass der größte Teil des Budgets für den Aufbau des Autos von Force India jetzt schon aufgebraucht ist - einfach nur, um dem Reglement gerecht zu werden."

Mallya schießt gegen Renault

Worte, die einen Tag später in Silverstone alles andere als gut ankamen. Denn sie passten überhaupt nicht zu Mallyas Vorhaben, im Vorfeld der Saison die Werbetrommel für das eigene Team zu rühren. Gleich zu Beginn der Präsentation ging er auf seinen französischen Widersacher los. "Ich habe heute Morgen einen Artikel gelesen, in dem Cyril Abiteboul von Renault sagt, dass arme Teams wie Force India in diesem Wettrüsten leiden werden", holte Mallya aus. "Na dann wünsche ich ihm viel Glück."

Und weiter: "Die Worte wird er vielleicht zurücknehmen müssen. Es geht nicht um die Menge an Waffen, die du hast. Es geht um die Qualität deiner Ausrüstung." Das hatte gesessen. Das vermeintlich kleine Force India im Duell gegen den großen Hersteller - 2016 hatten die Inder das Duell locker für sich entschieden.

Mit dem VJM10 soll es für Force India noch weiter aufwärts gehen, Foto: Force India
Mit dem VJM10 soll es für Force India noch weiter aufwärts gehen, Foto: Force India

Angriff auf die Top-Drei

Dieses Jahr könnte es auf der Strecke richtig rundgehen zwischen Force India und Renault. Der Autobauer aus Frankreich hatte seine Ziele eher niedrig formuliert. Renault Sport-Präsident Jerome Stoll gab den fünften Platz in der Konstrukteurswertung aus. Ganz anders Force India, das 2016 sensationell den vierten Platz in der Endabrechnung erreicht hatte. Während Renault weiter kleine Brötchen backt, scheinen die Ansprüche bei Force India sogar angewachsen zu sein.

"Wenn wir nicht groß träumen würden, dann wären wir letztes Jahr nicht Vierter in der Weltmeisterschaft geworden", tönte Mallya. "Wir werden immer große Träume haben. Wir haben niemals darüber gesprochen, dass wir die Top-Drei nicht knacken können. Aber das ist auf jeden Fall unser Ziel, und dafür geben wir unser Bestes." Demnach müssen sich Mercedes, Red Bull und Ferrari schon einmal in Acht nehmen.

Vijay Mallya ist seit jeher ein Mann der großen Worte, Foto: Force India
Vijay Mallya ist seit jeher ein Mann der großen Worte, Foto: Force India

Hülkenberg: Aus Gründen

Ob Mallyas Verbal-Attacke wirklich realistisch ist? Das Team habe bereits im Mai 2016 mit der Entwicklung des neuen VJM10-Boliden begonnen und die Arbeit am Vorgänger eingestellt. Auf dieser längeren Entwicklungsphase ruhen nun offenbar die Hoffnungen. Allerdings ist davon auszugehen, dass auch die gut betuchte Konkurrenz frühzeitig mit dem Bau des neuen Rennwagens begonnen hat - ebenso wie Renault.

Nico Hülkenberg dürfte nicht grundlos von Force India zu Renault gewechselt sein. Der 29-Jährige war überzeugt, mit einem Hersteller im Rücken bessere Chancen auf seinen ersten Podestplatz in der Formel 1 zu haben. "Wenn ein Konzern das möchte, dann setzt er Himmel und Hölle in Bewegung", sagte Hülkenberg zu Motorsport-Magazin.com. "Die haben eine ganz andere Power und Ausdauer als ein kleines Privatteam."

Kann Force India den Top-Teams der Formel 1 gefährlich werden?, Foto: Sutton
Kann Force India den Top-Teams der Formel 1 gefährlich werden?, Foto: Sutton

Perez träumt vom Sieg

Mallya setzte unterdessen voll auf den Faktor der Ungewissheit. Schon lange war vor einer Saison nicht mehr so unklar gewesen, welches Team letztendlich die Nase vorn hat. Nicht wenige Experten glauben, dass die Hackordnung in der Formel 1 kräftig durchmischt werden könnte. Ob Force India plötzlich noch weiter nach oben gespült wird? "Wenn wir die Performance auf der Strecke erreichen, die wir im Windkanal gesehen haben, sollten wir beim Saisonstart in guter Verfassung sein", vermutete Force Indias Technikchef Andy Green immerhin.

Theoretisch betrachtet wäre eine Wiederholung der Performance aus dem vergangenen Jahr ein riesiger Erfolg für Force India - vor allem, weil die beiden Hersteller Renault und McLaren vermutlich dieses Jahr stärker auftreten. "Ich hoffe, dass wir eine der Überraschungen der Saison sein können", sagte Sergio Perez während der Auto-Vorstellung. "Ich träume sogar davon, dass wir unseren ersten Sieg erzielen können." Zumindest bis zum Saisonstart dürfte Force India süße Träume haben...