Nachdem Williams vergangene Woche mit einem Rendering einen Ausblick auf das neue Auto gab, stellte Sauber als erstes Team seinen Boliden der Fahrzeuggeneration 2017 live und in Farbe vor. Der C36 soll den Traditionsrennstall vom Ende des Feldes zurück ins Mittelfeld befördern. Mit Pascal Wehrlein und Marcus Ericsson am Steuer und Jörg Zander als neuem Technikdirektor wollen die Schweizer das geänderte Reglement für einen Neuanfang nutzen.

Die Reifen breit wie nie - der Rest so schmal wie möglich: Dieses Konzept verfolgte Sauber beim C36. Das Aero-Konzept beinhaltete die Optimierung von Front- und Heckflügel sowie Unterboden. Kühler, Sidepods und Bodywork wurden so schmal wie möglich gefasst. "Wir schauen mehr in Richtung aerodynamische Stabilität, im Gegensatz zu Maximierung von Abtrieb", erklärte Technikchef Zander die Philosophie des 2017er-Autos.

Flach, breit, neu

Auffallend ist der komplett neu konzeptionierte Heckflügel, der wegen des neuen Reglements 15cm niedriger angesetzt ist und gleichzeitig 20cm in die Breite wächst. Prägnant ist zudem die riesengroße Aero-Finne, die Luftverwirblungen im Heckbereich vermeiden soll - ein ähnliches Konzept war schon beim neuen Williams-Boliden zu sehen und dürfte dieses Jahr der Standard werden.

Sauber hat es sich gespart, genaue Fotos des Hecks zu veröffentlichen - das kennt man traditionell von den F1-Präsentationen. Es ist davon auszugehen, dass der Diffusorbereich an die neuen Abmaße angepasst ist, sprich: Das Aero-Teil im unteren Heckbereich geht ebenfalls massiv in die Breite und kommt wesentlich ausladender daher - ein wichtiges Element, um die Kraft der breiten Reifen an der Hinterachse auf den Asphalt zu bringen.

Die Sidepods des C36-Sauber wirken relativ schmal, umso größer direkt daneben die Bargeboards. Dieses aerodynamische Teil wächst bei der neuen Auto-Generation ebenfalls deutlich an, um beim Abtrieb behilflich zu sein. Beim Konzept ging es darum, den Luftwiderstandsbeiwert wegen der breiteren Reifen auf ein Minimum zu reduzieren sowie eine deutliche Gewichtsersparnis zu erreichen, wie etwa durch die neue Überrollstruktur.

Große Veränderungen

Die Frontflügel der 2017er-Autos legen ebenfalls an Breite zu - von 1.650mm auf 1.800mm. Der Sauber-Flügel wirkt bereits recht detailreich, sollte sich im Verlauf der Vorsaison-Testfahrten aber noch weiterentwickeln. Die bekannte Nasenspitze bleibt wie erwartet weiter bestehen.

Auch an der Airbox des Sauber hat sich einiges getan: Das Design ist nun wesentlich runder gehalten im Vergleich zum Vorgängerauto und erinnert an die 2016er Mercedes-Lösung. Außerdem ist die Airbox jetzt in der zweigeteilt und verfügt über zwei Lufteinlässe.

Die Finne am Heck erinnert an die LMP1-Boliden aus der WEC, Foto: Sauber
Die Finne am Heck erinnert an die LMP1-Boliden aus der WEC, Foto: Sauber

Schicke Farbe - kaum Sponsoren

In Sachen Lackierung zeigte sich Sauber kreativ. Der neue Look besteht aus den Hauptfarben blau und weiß, dazu kommen goldene Akzente. Das Gelb von Sponsor Banco do Brasil aus der vergangenen Saison hat sich komplett erledigt. Direkt ins Blickfeld sticht der große Schriftzug '25 Years in Formula One', eine Anspielung auf die Zugehörigkeit in der Königsklasse. Was allerdings auch auffällt: Sponsoren-Logos muss man am Sauber C36 mit der Lupe suchen...

Dabei setzt Sauber große Hoffnungen in den neuen Besitzer Longbow Finance. "Zusammen mit Longbow Finance S. A. eröffnen sich uns künftig große Möglichkeiten, um wieder konkurrenzfähiger zu werden und zu alten Erfolgen zurückkehren zu können", sagte Teamchefin Monisha Kaltenborn. "Mit einer insgesamt neuen Herangehensweise wollen wir uns gegenüber unseren Konkurrenten besser positionieren. Die ersten Schritte haben wir diesbezüglich bereits eingeleitet - mit der Erstellung eines stabilen Fundaments, auf dem wir für die Zukunft aufbauen können."

So sieht der neue Sauber C36-Ferrari aus, Foto: Sauber
So sieht der neue Sauber C36-Ferrari aus, Foto: Sauber

Auto neu - Motor alt

Alles neu bei Sauber? Nicht ganz. Das Team setzt dieses Jahr auf einen alten Ferrari-Motor, die Ausbaustufe von Abu Dhabi 2016. Jörg Zander sieht im 2016er Motor ein bewährtes System, mit zu Beginn höherer Standfestigkeit. Zudem sei es bezüglich Konstruktions-Ressourcen bei der Entwicklungsplanung des C36 ein Vorteil gewesen, so Zander, "weil man frühzeitig loslegen und das Motorumfeld definieren konnte, denn man kannte Aggregat und Getriebe und welche Kühlanforderungen ans Aggregat geknüpft waren".

Die neuen Autos wachsen um 20cm in die Breite, Foto: Sauber
Die neuen Autos wachsen um 20cm in die Breite, Foto: Sauber

Kaltenborn: Deutlich verbessern

Dank der Longbow-Unterstützung will Sauber nach all den Pleitejahren nun wieder den Anschluss finden. Die Erwartungen in Hinwil sind hoch. Kaltenborn: "Wir müssen uns deutlich verbessern. Mit dem neuen Auto haben wir eine solide Basis und dazu ebenso die Ressourcen, um den Sauber C36-Ferrari im Laufe der Saison weiterentwickeln zu können. Das wird wichtig sein, um uns im Mittelfeld etablieren zu können."

Hoffnungen hegte auch Jörg Zander, der allerdings realistisch einordnete: "Im Grunde sind große Teams auch bei gravierenden Änderungen des Reglements im Vorteil. Doch wenn Karten neu gemischt werden, ergeben sich immer auch Chancen." Als wichtigen Punkt machte er die breiten Reifen aus, die dieses Jahr wieder über Rennen entscheiden können. "Mit den Reifen könnte man Defizite kaschieren und auch etwaige Konzepte besser zum Funktionieren bringen", vermutete er.

Der offizielle Roll-out des neuen Sauber C36-Ferrari findet anlässlich der ersten Winter-Testfahrten vom 27. Februar bis zum 2. März auf dem Circuit de Catalunya nahe Barcelona statt. Nicht dabei sein wird Pascal Wehrlein, der noch an seiner Verletzung vom Race of Champions laboriert. Er wird vermutlich durch Ferrari-Junior Antonio Giovinazzi ersetzt. Eine offizielle Bestätigung steht weiter aus.

Technische Daten: Sauber C36

ChassisKohlefaser-Monocoque
Chassis-ElektronikMES
ERSFerrari
ReifenPirelli
RäderOZ
Länge5.143 mm
Breite2.000 mm
Höhe950 mm
Spurweite vorn1.615 mm
Spurweite hinten1.530 mm
Gewicht728 kg (mit Fahrer, ohne Tankinhalt)

Der Vorgänger: Sauber C35

Die Geschichte des Sauber C35 stand von Anfang an unter keinem guten Stern, denn der Bolide war aufgrund fehlender finanzieller Mittel lediglich eine Weiterentwicklung des Vorgängers. Im Verlauf der Saison musste das Team den Gürtel immer enger schnallen und verzichtete auf die Teilnahme an sämtlichen Testfahrten. Die Entwicklung neuer Teile war wegen des knappen Budgets vollständig eingefroren worden.

Erst nachdem die Longbow Finance AG als Investor eingestiegen war, begann Sauber ab dem Großbritannien GP an den Rennwochenenden vereinzelt Weiterentwicklungen zu erproben. Dem chronisch unterentwickelten Boliden konnte jedoch auch das nicht zu Höhenflügen verhelfen. Am Ende sprangen lediglich zwei glücklich erwirtschaftete WM-Punkte und der vorletzte Platz bei den Konstrukteuren heraus.

Die Fahrer: Marcus Ericsson und Pascal Wehrlein

Nachdem Sauber in den vergangenen beiden Jahren mit Felipe Nasr an der Seite von Marcus Ericsson den Start ging, ist dieses Jahr Pascal Wehrlein der Stallgefährte des Schweden. Ericsson geht in seine insgesamt vierte Saison in der Königsklasse. Wehrlein geht nach einer beeindruckenden Debüt-Saison in sein zweites Jahr in der Formel 1 und will sich mit starken Leistungen für höhere Aufgaben bei den Silberpfeilen empfehlen. Eine Niederlage gegen Ericsson wäre für seine Karriere daher wenig förderlich.

Das Team: Sauber F1 Team

Die Sauber-Mannschaft erlebte 2016 das zweitschlechteste Jahr ihrer Formel-1-Karriere. Dass sich die Schweizer von solch einer ernüchternden Saison erholen können, zeigten sie vor zwei Jahren. Nachdem das Team 2014 punktelos geblieben war, fuhr es im Folgejahr wieder regelmäßig in die Top-10. Genau dieses Ziel hat die Führungsriege rund um Teamchefin Monisha Kaltenborn für die kommende Saison ausgegeben. Bei der insgesamt 24. F1-Teilnahme in der Teamgeschichte soll die rote Laterne wieder der Vergangenheit angehören.

Um dieses Ziel zu erreichen, hat sich die Truppe in Sachen Personal dank neuen Geldgebern sowie dem Preisgeld für Platz zehn in der Konstrukteurs-WM 2016 deutlich verstärkt. Unter dem erfahrenen Technikdirektor Jörg Zander, der schon 2006 und 2007 in Hinwil angestellt war, soll der Anschluss an das Mittelfeld hergestellt werden.

Präsentationstermine 2017

Team Termin Ort
Sauber20. FebruarOnline
Renault21. FebruarLondon
Force India22. FebruarSilverstone
Mercedes23. FebruarSilverstone
Ferrari24. FebruarFiorano
McLaren24. FebruarWoking
Williams25. FebruarBarcelona
Toro Rosso26. FebruarBarcelona
Red Bull26. FebruarBarcelona
Haas26. FebruarBarcelona

Formel-1-Testfahrten 2017

27. Februar - 2. März: Barcelona
7. März - 10. März: Barcelona