Pünktlich zum dritten Jahrestag seines verheerenden Ski-Unfalls lobt Michael Schumachers Wegbegleiter Ross Brawn den Rekord-Champion in den höchsten Tönen. "Michael hat mit Sicherheit zu der Organisation und Struktur beigetragen, die dann bei Mercedes zum Erfolg geführt hat. Er hat schon dabei geholfen, Ferrari zum Erfolg zu führen und hat diese Herangehensweise bei Mercedes fortgeführt", so Brawn im Interview mit CNN. Brawns These "Aufbauarbeiter Schumi, der seine Teams schrittweise zu triumphalen Erfolgen führt" wollen wir von Motorsport-Magazin.com in einer Analyse untermauern.

Schumachers F1-Teams: Unverkennbare Parallelen

Denn die Parallelen sind unverkennbar. Schumacher schloss sich im Herbst 1991 dem Benetton-Rennstall an und bereits in seiner ersten und zweiten vollen Saison war das Paket für je einen Saisonsieg gut. Seriensiege und letztlich der WM-Titel waren dann im dritten vollen Jahr drin. Bei Ferrari ging es zwar etwas schneller, Schumacher feierte bereits 1996 drei Siege und kämpfte ein Jahr darauf erstmals um die WM. Der große Coup wollte aber erst im Jahr 2000 gelingen. Im Unterschied zu Benetton und Ferrari starteten Schumacher und Mercedes 2010 quasi bei Null.

Michael Schumacher: Best of Legende & Rekordchampion Schumi: (03:47 Min.)

Der erste Sieg gelang im dritten Jahr, als Nico Rosberg 2012 in Shanghai zum Sieg fuhr. Schumacher selbst konnte ebenfalls 2012 beim GP in Valencia das einzige Podium seiner zweiten Karriere einfahren. 2013 steigerte sich Mercedes dann schon von einen auf drei Siege (Rosberg in Monaco und Silverstone, Lewis Hamilton in Budapest), seit der Einführung der hybriden V6-Turbos zur Saison 2014 hat man die Formel 1 im Würgegriff. Von den 59 Grands Prix, die seitdem ausgetragen wurden, gingen nur acht an ein anderes Team. In diesem Zeitraum holte Hamilton 31 Siege, Rosberg 20, Daniel Ricciardo vier, Sebastian Vettel drei und Max Verstappen einen.

Schumacher als Schlüssel zum Erfolg bei Benetton

Michael Schumacher kam Ende August 1991 in die Formel 1 und wechselte unter großem politischen Hickhack bereits nach seinem Debüt für Jordan zum aufstrebenden Benetton-Team. Auf Anhieb konnte Schumacher mit seinem Teamkollegen, Altstar Nelson Piquet, mithalten. Während der Stern des Brasilianers unterging, 1991 war seine letzte Saison in der Königsklasse, ging der von Schumacher erst auf. Die Benetton-Truppe von Flavio Briatore stieß immer stärker an der Tür der ganz Großen an. Briatore baute das Team um Schumacher herum auf, und der Deutsche selbst war das fahrende Instrument, das den letzten Schritt auf der Strecke vollziehen sollte.

Die Tendenz war klar erkennbar: 1991 wurde Benetton noch Vierter in der Konstrukteurs-WM mit gerade einmal 38,5 Punkten. 1992 und 1993 mit den Paarungen Schumacher/Brundle bzw. Schumacher/Patrese kletterte man schon auf P3 in der Konstrukteurs-WM und setzte McLaren mächtig unter Druck. Schumacher holte in diesen Jahren seine ersten beiden Siege, 1992 im Wetterchaos von Spa und 1993 in Estoril im Zweikampf gegen Alain Prost. 1994 und 1995 folgte schließlich die Krönung: Schumacher holte in beiden Jahren die Fahrer-WM. 1995 feierte Benetton schließlich auch die einzige Konstrukteurs-WM in der Team-Geschichte, denn auch Schumachers Teamkollege Johnny Herbert steuerte zwei Siege und insgesamt 45 Punkte bei.

JahrPos. Konstrukteurs-WMPkte. Konstrukteurs-WMSiegePodien
19914.38,51 (PIQ in CAN)3
19923.911 (MSC in BEL)13
19933.721 (MSC in POR)11
19942.1038 (MSC in BRA, PAC, RSM, MON, CAN, FRA, HUN, EUR)12
19951.13711 (MSC in BRA, SPA, MON, FRA, GER, BEL, EUR, PAC, JPN / HER in GBR, ITA)15

Schumacher als Schlüssel zum Erfolg bei Ferrari

Im Sommer 1995 suchte sich Schumacher eine neue Herausforderung und fand sie im Ferrari-Team. Anfänglich war Schumacher skeptisch, er fragte sich immer wieder, warum er sich dieses Team antun sollte. Schumacher kümmerte sich nicht um die reiche Historie des Teams und den Mythos der Marke, für ihn war Ferrari schlicht ein Konkurrent, dessen Wagen bei Weitem nicht so konkurrenzfähig wie der Benetton erschien. Doch Manager Willi Weber gelang es nach einiger Überzeugungsarbeit, Schumacher zum Ferrari-Wechsel zu bewegen. Zur Erinnerung: In den 90er-Jahren galt Ferrari zwar als Team mit viel Talent und noch mehr Geld, jedoch setzte auch häufig der Schlendrian ein.

Mit den Erfahrungen aus seiner Benetton-Zeit jedoch räumte Schumacher den Laden auf, impfte der Mannschaft deutsche Tugenden ein und baute sich eine internationale Erfolgstruppe um sich herum auf. Wegweisend dafür waren die Verpflichtungen von Ross Brawn und Rory Byrne vor der Saison 1997. Schon ging es nach dem Pannen-Jahr 1996 aufwärts. 1997 hielt Schumacher die WM bis zum letzten Rennen offen, 1998 ebenso. Der erste Titel folgte 1999, als Ferrari die Konstrukteurs-WM gewann und damit erstmals nach 16 Jahren eine WM-Krone einfuhr. 2000 erlöste Schumacher sich und die Tifosi mit dem Gewinn der Fahrer-WM, in den Jahren danach prägte man eine eigene Ära.

JahrPos. Konstrukteurs-WMPkte. Konstrukteurs-WMSiegePodien
19962.703 (MSC in SPA, BEL, ITA)9
19972.1025 (MSC in MON, CAN, FRA, BEL, JPN)13
19982.1336 (MSC in ARG, CAN, FRA, GBR, HUN, ITA)19
19991.1286 (MSC in RSM, MON / IRV in AUS, AUT, GER, MAL)17
20001.17010 (MSC in AUS, BRA, RSM, EUR, CAN, ITA, USA, JPN, MAL / BAR in GER)21
20011.1799 (MSC in AUS, MAL, SPA, MON, EUR, FRA, HUN, BEL, JPN)24
20021.22115 (MSC in AUS, BRA, RSM, SPA, AUT, CAN, GBR, FRA, GER, BEL, JPN / BAR in EUR, HUN, ITA, USA)27
20031.1588 (MSC in RSM, SPA, AUT, CAN, ITA, USA / BAR in GBR, JPN)16
20041.26215 (MSC in AUS, MAL, BAH, RSM, SPA, EUR, CAN, USA, FRA, GBR, GER, HUN, JPN / BAR in ITA, CHN)29
20053.1001 (MSC in USA)9
20062.2019 (MSC in RSM, EUR, USA, FRA, GER, ITA, CHN / MAS in TUR, BRA)19

Schumacher als Schlüssel zum Erfolg bei Mercedes

Kurz vor Weihnachten 2009 der Paukenschlag: Michael Schumacher feiert ein Comeback nach dreijähriger Auszeit! Doch die Rückkehr erfolgt nicht etwa bei Ferrari, sondern bei Mercedes! Die Sternmarke hatte zuvor das Privatteam von Ross Brawn, mit dem Jenson Button Weltmeister wurde, übernommen und Brawn auf dem Posten des Teamchefs belassen. Die Konstellation Brawn-Mercedes erwies sich für Schumacher als zu reizvoll, um abzulehnen. Schumacher wurde als Aufbauhelfer reaktiviert, um das neue Mercedes-Werksteam zu ähnlichem Erfolg wie seinerzeit Ferrari zu führen. Doch diese Aufgabe gestaltete sich schwieriger als angenommen, da das Team wieder bei Null anfing.

Es dauerte, bis sich eine eingespielte, schlagkräftige Truppe und ein siegfähiges Auto herausbildeten. Im ersten Jahr, 2010, waren drei dritte Plätze durch Nico Rosberg das Höchste der Gefühle. 2011 sprang sogar überhaupt kein Podium für die Mercedes-Truppe heraus. Den ersten Sieg schaffte schließlich Rosberg 2012 in Shanghai, auch Schumacher kam in seiner letzten Saison noch zu einem Podium mit P3 in Valencia. Doch die Früchte der knochenharten Aufbauarbeit sollte Schumacher nicht mehr ernten. 2013 holten Rosberg und Schumacher-Nachfolger Lewis Hamilton schon drei Siege, seit 2014 dominieren die Silberpfeile das Geschehen. Den Grundstein dafür legte jedoch Michael Schumacher, dies betonen die Mercedes-Verantwortlichen immer wieder.

JahrPos. Konstrukteurs-WMPkte. Konstrukteurs-WMSiegePodien
20104.21403
20114.16500
20125.1421 (ROS in CHN)3
20132.3603 (ROS in MON, GBR / HAM in HUN)9
20141.70116 (HAM in MAL, BAH, CHN, SPA, GBR, ITA, SGP, JPN, RUS, USA, UAE / ROS in AUS, MON, AUT, GER, BRA)31
20151.70316 (HAM in AUS, CHN, BAH, CAN, GBR, BEL, ITA, JPN, RUS, USA / ROS in SPA, MON, AUT, MEX, BRA, UAE)32
20161.76519 (HAM in MON, CAN, AUT, GBR, HUN, GER, USA, MEX, BRA, UAE / ROS in AUS, BAH, CHN, RUS, EUR, BEL, ITA, SGP, JPN)33

Fazit

Michael Schumacher hat im Laufe seiner langen und höchst erfolgreichen Formel-1-Karriere zwei Mal bewiesen, dass er ein Team zu einem derartigen Erfolg führen kann, dass es eine eigene Ära prägt. Ferraris Ära dauerte von 2000 bis 2004 an, die von Mercedes von 2014 bis 2016. Schumacher weiß, wie Aufbau, Organisation und Struktur innerhalb eines Rennteams aussehen müssen, und welche Posten mit welchen Personen besetzt werden müssen, damit unter dem Strich der Erfolg steht. Ross Brawn hat das aus nächster Nähe miterlebt. Nicht umsonst tätigte der Brite die eingangs erwähnte Aussage.