Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt. Die vergangene Saison begann für Romain Grosjean beim Formel-1-Neueinsteiger Haas mit einem Paukenschlag. In Australien fuhr der Franzose spektakulär unter die Top-6. Ein Rennen später, beim Großen Preis von Bahrain, toppte Grosjean das Ergebnis mit Platz 5 noch einmal. Ein weiteres Ergebnis unter den besten Zehn in Russland ließ tatsächlich die Hoffnung aufkommen, Haas könne im ersten Jahr in der Königsklasse eine kleine Situation gelingen. Nach Sochi schaffte Grosjean in den verbleibenden 17 Rennen jedoch nur noch zweimal den Sprung in die Punkte. Nicht nur im Entwicklungsmarathon zog man bei Haas den Kürzeren. Auch der Defektteufel stieß unbarmherzig zu. Angesichts des starken Saisonbeginns eine unausstehliche Situation für Grosjean, der sich wesentlich mehr erwartet hätte.

Barcelona, Silverstone, Singapur oder zuletzt Sao Paulo: Die Liste der Ausfälle ist gar nicht so lang, doch der Frustlevel stieg beim Grosjean. Den Singapur Grand Prix konnte der Franzose nach einem Bremsdefekt gar nicht erst in Angriff nehmen. In Brasilien rutschte er auf dem Weg in die Startaufstellung von der Strecke und beschädigte sich die Vorderradaufhängung - auch hier war das Rennen für Grosjean bereits vor Rennstart gelaufen. Unmut am Funk, Ausraster in der Garage, der Franzose ließ seiner Wut freien Lauf.

Wer könnte das besser verstehen als Grosjeans Teamchef Günther Steiner. "Es lief nicht so richtig und man hat es auch ein bisschen an seiner Stimmung gemerkt", so der Südtiroler in einem Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Das eine sind natürlich die Nachrichten am Funk. Da ist jeder Fahrer im Auto etwas überreizt, aber auch abseits. Es war zu merken, dass es ihn genervt hat."

Steiner und Grosjean: Frust am Funk, danach ist alles wieder gut, Foto: Sutton
Steiner und Grosjean: Frust am Funk, danach ist alles wieder gut, Foto: Sutton

Mit seiner langjährigen Erfahrung im Motorsport - unter anderem bei Jaguar und dem Nachfolger Red Bull Racing - weiß Steiner allerdings mit aufbrausenden Fahrern umzugehen. Bei Haas scherzt man teamintern mittlerweile. "Wir sehen am Kommandostand die Daten vom Auto und was es macht und wir diskutieren untereinander, in welcher Runde er [der Fahrer] anfängt zu schreien", so Steiner. "Ich mache den Sport lange genug und weiß, wann die Jungs überkochen. Aber er [Grosjean] ist hinterher nicht schwierig zu managen. Man setzt sich mit ihm zusammen und erklärt ihm, wieso und warum. Eine halbe Stunde später ist er den Jungs im Team gegenüber dann auch wieder positiv eingestellt."

Mit etwas Distanz und weniger Adrenalin im Blut weiß auch Grosjean, die Situation nach einem Ausfall nüchtern zu betrachten. "Die Jungs können stolz auf sich sein, sie haben großartige Arbeit geleistet", so Grosjean nach dem Super-GAU in Singapur. "Bei Null anzufangen und uns dahin zu bringen, wo wir jetzt stehen. Mir haben viele gesagt, dass niemand denken würde, dass wir erst seit diesem Jahr dabei sind. Wir waren gut vorbereitet, gut ausgerüstet und mit guten Leuten, haben Punkte geholt und sind nicht Letzter, wir haben alles erreicht."

Grosjean abseits der Strecke, Foto: Sutton
Grosjean abseits der Strecke, Foto: Sutton

Bei Haas bleibt man cool

Selbst wenn Grosjean einmal ordentlich auf den Putz haut, bleibt man bei Haas in der Garage stets gelassen. "Es gibt dies Funknachrichten, die ziemlich aggressiv sind. Aber wir kennen den Mann. Er hat Emotionen und Emotionen sind gut", so Steiner über seinen Schützling Grosjean. "Wenn du keine Emotionen hast, kannst du in einem Sport wie diesem nicht erfolgreich sein. Denn es hängt einfach viel von Emotionen ab, über das Limit zu gehen." Dem Fahrer diktieren, was er sagen darf und was nicht, gehöre ohnehin nicht zur Teamphilosophie. "Wenn seine Aussagen zu schlimm geworden wären, wäre es für mich einfach gewesen, zu sagen, dass er es nicht sagen darf oder er den Funk ausschalten soll", so Steiner. "Das wollen wir aber nicht und das will ich nicht. Zum Glück gibt es im Team Haas diese Freiheit. Wir sind kein großer Konzern."

Emotionen zeigen gehört laut Steiner genauso zum Sport wie die Butter zum Brot: "Es soll ja auch so sein, es ist ein Sport. Das ist ja nicht schlecht, solang der Fahrer nicht eine Firma, eine Marke oder eine Person losgeht. Das wäre für mich das Schlimmste. So etwas macht man nicht. Aber wenn er sich über die allgemeine Situation auslässt, weil etwas nicht funktioniert, ist das für mich okay." Steiner selbst sieht sich als Teamchef in der Verantwortung, die Zähne zusammenzubeißen. "Wenn du, so wie wir in Singapur, nicht starten kannst, tut das weh", so der Südtiroler. "Das tut aber allen im Team weh und sie sind dann alle am Boden. Nur Romain lässt es eben raus. Ich finde es auch für den Sport im Gesamten wichtig, denn wir sollten mehr von diesen Emotionen mitbekommen. Wir beschweren uns immer, dass die Fahrer wie Roboter geworden sind. Sobald einer redet oder sagt, dass das Team scheiße ist, würde jeder andere abdrehen. Wir sehen das ziemlich locker. Es ist uns aber nicht egal, denn wir müssen es ja managen."