Die ersten drei Saison der Hybrid-Ära der Formel 1 waren geprägt von unfassbarer Mercedes-Dominanz. Von 59 Rennen gewann Mercedes 51. Von 118 möglichen Podiumsplatzierungen holte Mercedes 96. 56 von 59 Pole Positions stehen auf der Haben-Seite. Wenn sich Nico Rosberg und Lewis Hamilton nicht gerade gegenseitig das Leben schwer machten oder ihnen die Technik einen Streich spielte, waren die Rennen an der Spitze wenig spannend.

Die Formel-1-Fans sehnen sich nach Abwechslung an der Spitze. Und die könnte es 2017 tatsächlich wieder geben. Das wurde zwar vor 2015 und 2016 auch schon geschrieben, diesmal allerdings gibt es ein komplett neues Chassis-Reglement. Die letzten Jahre war die Formel 1 auf eine Mercedes-Konkurrenz angewiesen, die vom Vorsprung abknabberte - das aber nicht schaffte. Mit der Regeländerungen beginnen alle bei Null.

"Bei Mercedes können sie nicht mehr auf ihr bewährtes Paket zurückgreifen", freut sich Dr. Helmut Marko. "Klar wurde es immer weiterentwickelt, aber jetzt fangen wir relativ bei Null an." Red Bull ist deshalb besonders optimistisch. "Aus der Tradition heraus: Wann immer es Regeländerungen gab, war Red Bull stark", sagte Marko gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Red Bull: König nach Aero-Regeln 2009

Drei große Regeländerungen erlebte das Red Bull Team in seiner verhältnismäßig kurzen Geschichte bereits. Der Umstieg von von V10 auf V8-Motoen kam 2006 für den Rennstall im zweiten Jahr des Bestehens zu früh. 2009 kam die zweite große Regeländerung - und Red Bull verbesserte sich von Konstrukteursplatz sieben auf zwei. Danach folgen nach kleineren Anpassungen im Reglement vier Weltmeistertitel in Folge.

Bei der letzten größeren Regeländerung im Jahr 2014 fielen die Bullen zurück. In erster Linie natürlich wegen des schwächelnden Renault-Antriebs, aber Mercedes überholte Red Bull auch beim Chassis. Red Bull mag zwar den meisten Abtrieb generiert haben, die Frage lautet aber: zu welchem Preis? Red Bull erkaufte sich viel Abtrieb mit viel Luftwiderstand. In Kombination mit dem schwächeren Antrieb ein großer Nachteil.

Doch Red Bull ist sich sicher, dass man die besten Ideen für das neue Reglement hat. Durch mehr Freiheiten und extreme Aerodynamik hat Design-Genie Adrian Newey wieder Gefallen gefunden - ein großer Pluspunkt.

Wird der Motor 2017 sogar wichtiger?

Während das erste Jahr der Hybrid-Formel eine klar Motoren-bestimmte Formel 1 war, verschob sich das Gewicht zuletzt wieder in Richtung Chassis. 2016 herrschte in etwa ein Gleichgewicht zwischen Chassis und Motor. Trotz Motoren-Vorteil hatten die Mercedes-Kundenteams keine Chance gegen Red Bull.

Viele erwarten, dass das Pendel 2017 wieder deutlich in Richtung Aerodynamik ausschlägt. Auf den Motor hat Red Bull nur wenig Einfluss. Andere wiederum meinen, dass der Motor sogar wieder wichtiger wird - weil der Vollgasanteil durch mehr Abtrieb höher wird.

Doch auch auf Motoren-Seite hat Red Bull Hoffnung. "Das Motorsystem ist ausgereizt", meint Marko. "Mercedes war schon so am Limit, dass sie wegen Motorschäden sogar wieder Performancce rausnehmen mussten. Da gewinnt man nicht mehr so viel, wie Renault mit dem neuen Konzept gewinnen kann."

Renault hat für die kommende Saison zwei Trümpfe in der Hinterhand: Weil das Token-System abgeschafft wurde, können die Franzosen nun die komplette Architektur ihrer Power Unit ändern. Beispielsweise können Turbo und Kompressor ähnlich wie bei Mercedes räumlich voneinander getrennt werden. Das ist nicht nur für das Packaging gut, sondern auch für das Temperatur-Management.

Auf der anderen Seite hatte Renault - im Gegensatz zu Ferrari und Mercedes - die sogenannte Vorkammerzündung noch nicht im Einsatz. Bei dieser Technologie wird ein extrem fettes Benzin-Luftgemisch direkt an der Zündkerze zur Explosion gebracht, die wiederum ein extrem mageres Gemisch, das sich in der restlichen Brennkammer befindet, entzündet. Das erlaubt einen deutlich effizienteren Verbrennungsprozess. Renault will die Vorkammerzündung 2016 einsatzbereit haben - man erwartet hiervon eine deutliche Leistungssteigerung.

Marko: Fahrer 2017 wieder wichtiger

Das dritte Element, der Red Bull Mut macht, ist der Fahrer-Faktor. "Durch die Regeländerung werden die Autos schwieriger zu fahren. Das Spreu trennt sich vom Weizen. Wir gehen davon aus, dass wir zwei absolute Top-Fahrer haben." Daniel Ricciardo und Max Verstappen werden auch von neutralen Beobachtern zu den besten Piloten im Feld gerechnet.

Gleichzeitig ist Mercedes auf Fahrer-Seite geschwächt. Der unerwartete Rücktritt von Weltmeister Nico Rosberg lässt das Weltmeisterteam drei Monate vor Saisonbeginn ohne Fahrer dastehen. "Das schwächt sie", freut sich Marko. "Ich gehe nicht davon aus, dass sie ihn adäquat ersetzen können."

Was glaubt Ihr? Hat Red Bull 2017 eine realistische Chance, Mercedes schlagen zu können? Wer ist euer Favorit auf den Titel im kommenden Jahr? Schreibt uns eure Meinung in den Kommentaren.