2016 verlief für Sebastian Vettel nicht wirklich nach Wunsch. Keine Titeljagd, kein Sieg. Ein Erfolgseinbruch, verglichen zu seinem ersten Jahr bei der Scuderia, als Vettel drei Mal siegte. Schnell denkt man nach dieser Saison an 2014 - Vettels letztem Jahr bei Red Bull. Auch damals wollte es für den Deutschen nicht klappen, und auch damals gelang ihm kein Sieg.

Die dritte Saison ohne Sieg für Sebastian Vettel

2014 war, nach Vettels Debütjahr 2007, sein erstes Jahr ohne Grand-Prix-Sieg. Eine Wiederholung dieser Null-Serie hatte der Deutsche in dieser Saison nicht angestrebt - und dennoch, ein Sieg wollte dem Vierfach-Weltmeister einfach nicht gelingen. Dabei war Ferrari 2016 mit dem großen Ziel angetreten, Mercedes endlich in die Schranken zu weisen, war dies doch im Vorjahr mit drei Siegen zumindest phasenweise gelungen. Doch von einem Angriff auf die dominanten Silberpfeile war kaum was zu sehen. Stattdessen musste man sich zum Jahresende sogar noch Red Bull in der Konstrukteurswertung geschlagen geben.

"Es war eine sehr, sehr schwierige und anstrengende Saison", bestätigte auch Vettel beim letzten Grand Prix des Jahres in Abu Dhabi. Der Deutsche holte 2016 ganze 56 Punkte weniger als noch im Vorjahr und landete damit nur auf Rang vier der Fahrerwertung, hinter Nico Rosberg, Lewis Hamilton und Daniel Ricciardo. Seine Erklärung: "Es hat uns einfach ein bisschen an Speed gefehlt. Uns ist es schwer gefallen, die Lücke schnell genug zu schließen."

Das Problem-Jahr 2016: Strategie- und Technikfehler

Dabei war Vettel durchaus erfolgreich in die Saison gestartet. Die Premieren-Ausfahrt des SF16-H bei den ersten Tests in Barcelona gab Hoffnung. Und in Australien lag der Heppenheimer im Rennen sogar in Führung. Doch der Sieg sollte nicht gelingen, denn eine falsche Reifenstrategie beförderte Vettel auf Platz drei. "Ja, wir haben verloren", zeigte sich Teamchef Maurizio Arrivabene nach Melbourne gedrückt.

Anstatt sich von diesem Missgeschick zu erholen, ging Vettels Pleiten, Pech und Pannen-Serie danach jedoch erst so richtig los: Motorschaden in Bahrain, Startkollision in China, Strategiefehler in Barcelona, ein weiterer Crash in den Anfangsminuten in Russland mit Daniil Kvyat sowie ein Reifenplatzer in Österreich. Zu Sommerpause war Ferrari nicht nur ohne Sieg, sondern offiziell auch nur noch die zweite Kraft hinter den Silberpfeilen - Red Bull war in der Kontrukteurswertung vorbeigegangen. "Es ist nicht so einfach, die Dinge über Nacht zu ändern, aber es gibt einen Plan und die zweite Saisonhälfte sollte stärker werden", erklärte Vettel damals noch ambitioniert.

Doch auch nach dem Sommer wollte kein Sieg gelingen. In Belgien zeigte sich Ferrari zwar mit mehr Speed, doch eine Kollision am Start mit Max Verstappen bedeutete für Vettel erneut keinen Platz auf dem Podium. "Wir können erhobenen Hauptes die Strecke hier verlassen. Natürlich nicht, was das Ergebnis angeht, aber der Speed ist da und das Auto ist schnell", blieb Vettel in Spa zuversichtlich für einen roten Aufschwung im Herbst. Ein kleiner Boost machte sich daraufhin in Monza bemerkbar: Beim Heimrennen in Italien war Ferrari als erster Verfolger hinter Mercedes zurück und Vettel feierte auf dem Podium mit den Tifosi.

In Österreich platze Vettels Reifen, Foto: Sutton
In Österreich platze Vettels Reifen, Foto: Sutton

Doch der Aufwärtstrend sollte nur von kurzer Dauer sein, denn bereits in Singapur spielte die Technik bei Vettels SF16-H erneut nicht mit. Der Ferrari-Pilot schied mit einem technischen Defekt bereits im Q1 aus. "Es ist bitter, weil das Auto gut war", sagte der frustrierte Deutsche, der sich im Rennen dann aber noch bis auf Platz fünf vorkämpfte. Doch in Malaysia ging die rote Pannen-Saison weiter mit einem Start-Crash mit Nico Rosberg. In Japan und Amerika waren Mercedes und Red Bull dann erneut nicht einzuholen.

Mittlerweile schon sehr frustriert, läutete Vettel schließlich in Mexiko seine Aggro-Wochen ein: Der Ferrari-Pilot beschimpfte am Funk Max Verstappen als Bastard, Fernando Alonso als Idiot und polterte in Richtung des FIA-Renndirektors Charlie Whiting "Fuck off". Aber die Schimpftriaden brachten der Scuderia auch nicht mehr Erfolg, und so schloss Ferrari 2016 ohne Sieg, auf WM-Platz drei bei den Konstrukteuren und mit Vettel als Vierter bei den Fahrern ab.

Bereits vor zwei Jahren erlebte Vettel eine Pleite-Saison

Eine Desaster-Saison für Vettel, die an sein letztes Jahr mit Red Bull erinnert. Denn auch 2014 musste der Deutsche nach seinem Erfolgslauf mit vier WM-Titeln durch ein Pleite-Jahr gehen: Viele technische Defekte, Probleme mit dem Auto, sowie unglückliche Strategieentscheidungen des Teams beförderten Vettel nur auf WM-Platz fünf - und ließen ihn ohne Sieg.

Eine lehrreiche Situation für den Weltmeister, wie er danach mehrmals betonte. "Es war insgesamt keine schöne Saison für mich, aber sie hat mich auch dazu gebracht, nicht aufzugeben und etwas Neues zu probieren. Der Teamwechsel war eine große Herausforderung und ich habe es sehr genossen", sagte Vettel Ende des Jahres 2014, kurz vor seinem Wechsel zur Scuderia.

Mit Red Bull holte Vettel vier WM-Titel, erlebte jedoch 2014 ebenfalls eine Pleite-Saison, Foto: Sutton
Mit Red Bull holte Vettel vier WM-Titel, erlebte jedoch 2014 ebenfalls eine Pleite-Saison, Foto: Sutton

Lauda: Ferrari hat Erwartungen zu hoch geschraubt

Damit die Roten nun im Frühjahr 2017 nicht daran anschließen, wo sie im Herbst 2016 aufgehört haben, versprach Vettel vor der Winterpause Ehrgeiz und Fleiß. "Bei uns wird über den Winter Vollgas gegeben. Es gilt, hart zu arbeiten, und die Lücke zu schließen. Ausruhen können sich die anderen."

Ob dieser Wunsch jedoch aufgehen wird, wagt Mercedes Aufsichtsratsvorsitzender Niki Lauda zu bezweifeln. "Ferrari ist eine emotionale, charismatische Truppe, die mit Herzblut und Emotionen geladen ist. Manchmal bekommen sie es perfekt hin, etwa in der Schumacher-Zeit, als sie alles dominierten, manchmal eben nicht. Jetzt sind sie in einer Phase, in der sie auch durch die Überlegenheit von Mercedes, die einen neuen Standard gesetzt haben, einfach nicht herankommen", blickt der zweimalige Ferrari-Weltmeister im Exklusiv-Interview mit Motorsport-Magazin.com auf das rote Desaster-Jahr zurück.

Niki Lauda im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com in Brasilien, Foto: Sutton
Niki Lauda im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com in Brasilien, Foto: Sutton

Das Problem liege vor allem im Ehrgeiz der Italiener begründet. "Sie haben die Erwartungen mit Vettel und Marchionne zu Beginn des Jahres irrsinnig hoch geschraubt. Das Resultat ist aber eher mager", erklärt Lauda. "Ferrari muss versuchen, seine Dinge in den Griff zu bekommen und den Fahrern ein Auto geben, das schneller ist und dann können sie auch wieder ganz vorne mitfahren. Sie haben einfach das Problem, dass wir eine höhere Latte gelegt haben. Je höher die Latte liegt, desto schwieriger ist es, dort hinzukommen." Dass der rote Erfolgszug bereits abgefahren ist, glaubt Lauda jedoch nicht. "Abschreiben darf man sie aber nie, sie kommen wieder."