Nico Rosbergs Rücktritt aus der Formel 1, so kurz nach dem erstmaligen Titelgewinn, erschütterte die Motorsportwelt. Im Alter von nur 31 Jahren der Königsklasse freiwillig den Rücken zuzukehren, ist äußert ungewöhnlich. Noch ungewöhnlicher ist jedoch, dass den Sport als ungeschlagener Champion verlässt. Viele erfolgreiche Protagonisten versuchten bereits, ihre Karrieren auf dem Höhepunkt ausklingen zu lassen - doch nur die Wenigsten schafften es. Wir zeigen, wer die Formel 1 - manchmal auch unter tragischen Umständen - als Weltmeister verließ.

Juan Manuel Fangio - 1957

Juan Manuel Fangio verspürte nach 1957 offenbar keine Lust mehr, seinen WM-Titel zu verteidigen, Foto: Mercedes-Benz
Juan Manuel Fangio verspürte nach 1957 offenbar keine Lust mehr, seinen WM-Titel zu verteidigen, Foto: Mercedes-Benz

Die argentinische Formel-1-Legende Juan Manuel Fangio gewann den letzten seiner fünf Weltmeistertitel in der Saison 1957 für Maserati, nachdem er sich schon in den drei Jahren zuvor jeweils die WM-Krone aufsetzen durfte. Im Alter von 47 Jahren entschied 'El Maestro', dass es an der Zeit war, der Formel 1 Lebewohl zu sagen. Wohlbemerkt erst in der Saison nach seinem letzten Titelgewinn und nicht unmittelbar mit dem Moment des Triumphes im Jahr 1957. Fangio hatte im Folgejahr aber offenbar keinerlei Ambitionen, den Titel zu verteidigen, da er nur vereinzelt an drei Rennwochenenden antrat. Dementsprechend wurde er mit dem Rücktritt nach dem Frankreich-GP 1958 seinem Motto gerecht, das besagte, dass "Champions, Schauspieler und Diktatoren immer auf ihrem Höhepunkt abtreten sollten."

Mike Hawthorn - 1958

Mike Hawthorn gewann die Weltmeisterschaft 1958 mit nur einem GP-Sieg, Foto: Sutton
Mike Hawthorn gewann die Weltmeisterschaft 1958 mit nur einem GP-Sieg, Foto: Sutton

Nachdem Fangio sich aus der Formel 1 verabschiedete, nahm auch sein Weltmeister-Erbe zusammen mit dem Titelgewinn seinen Hut. Ferrari-Pilot Mike Hawthorn krönte sich beim WM-Finale 1958 in Marokko als erster Brite zum Formel-1-Weltmeister. Bei der Scuderia damals schon üblich, ebnete eine Stallorder den Weg zum Titelgewinn: Hawthorn bekam den zweiten Platz von seinem Teamkollegen Phil Hill geschenkt, und gewann so mit einem Punkt Vorsprung auf Stirling Moss den Titel. Zum Rücktritt hatte sich Hawthorn allerdings schon vorher entschieden: Nachdem sein guter Freund und Teamkollege Peter Collins zwei Monate zuvor beim Deutschland-GP auf der Nordschleife zu Tode gekommen war, hatte er die Freude am Motorsport verloren. Eher widerwillig beendete er die Saison samt WM-Titel, um dann den Helm an den Nagel zu hängen. In den vollen Genuss seines Ruhestandes kam Hawthorn jedoch nicht: Am 22. Januar 1959 verunglückte er bei einem Verkehrsunfall im Alter von nur 29 Jahren tödlich.

Jochen Rindt - 1970

Jochen Rindt spielte 1970 wohl mit dem Rücktrittsgedanken, doch das Schicksal kam ihm zuvor, Foto: Sutton
Jochen Rindt spielte 1970 wohl mit dem Rücktrittsgedanken, doch das Schicksal kam ihm zuvor, Foto: Sutton

Ebenfalls als Weltmeister verließ Jochen Rindt die Formel 1 - jedoch unter tragischsten Umständen und nicht etwa aus freien Stücken. Der Österreicher starb beim Training für den Italien-GP in Monza, als beim Anbremsen auf die Parabolica-Kurve die Bremswelle am rechten Vorderrad seines Lotus brach. In den letzten drei Saisonrennen schaffte es keiner der Konkurrenten, Rindt in der Gesamtwertung noch abzufangen, wodurch er zum bisher einzigen posthumen Weltmeister in der Königsklasse wurde. Über einen eigenmächtigen Rücktritt des Österreichers wurde während der Saison 1970 allerdings ebenfalls spekuliert.

Die Geburt seiner Tochter und die Tode von Bruce McLaren und Piers Courage in dem Jahr, gingen nicht spurlos an Rindt vorbei. Er selbst hatte ebenfalls durchklingen lassen, dass er das Schicksal nicht aus den falschen Beweggründen herausfordern wolle: "Ich habe vor, so lange Rennen zu fahren, wie es mir Spaß macht. Ich will nicht davon abhängig sein. Zu viele Piloten fahren nur wegen dem Geld weiter Rennen und sterben dann". Dass der damals 28-Jährige möglicherweise nicht dazu bereit sein würde, auf lange Sicht sein Leben auf der Rennstrecke zu riskieren, bestätigte einst auch sein enger Freund Jackie Stewart: "Er liebte den Motorsport. Aber er war nicht in ihn verliebt."

Jackie Stewart - 1973

Jackie Stewart trat Ende 1973 nach drei WM-Titeln zurück, Foto: Sutton
Jackie Stewart trat Ende 1973 nach drei WM-Titeln zurück, Foto: Sutton

Der dritte Pilot, der die Formel 1 als Weltmeister und auf eigenen Wunsch verließ, war Jackie Stewart. Der Schotte beendete seine Laufbahn in der Königsklasse Ende 1973 mit dem Gewinn seines dritten WM-Titels. Die Entscheidung dafür hatte der damals 34-Jährige jedoch schon lange vorher getroffen. "Ich war einfach gelangweilt, ausgebrannt und ruhelos. Wo sollte mich das hinführen? Ich hätte weiterhin ein Rennfahrer sein können, aber ich hätte mich als Individuum niemals weiterentwickelt", beschrieb Stewart seine Beweggründe. Auch die Gefahr im Motorsport jener Zeit war ein Grund. In seine Pläne weihte er allerdings nur seinen Arbeitgeber Tyrrell ein - Frau und Kinder sollten nicht in Angst das Ende seiner Laufbahn herbeisehnen.

Mit dem WM-Titel in der Tasche, sollte das WM-Finale beim US Grand Prix in Watkins Glen Stewarts 100. und letzter Grand-Prix-Start werden. Doch dazu kam es nicht: Im Qualifying verunglückte sein Teamkollege und Freund Francois Cevert tödlich. Der Franzose, dessen Mentor Stewart über viele Jahre hinweg auf und abseits der Rennstrecke war, hätte nach seinem Rücktritt die Rolle des Teamleaders bei Tyrrell übernehmen sollen. Aus Respekt vor dem verstorbenen Cevert, entschied Stewart sich, das Rennen nicht anzutreten. Nach 99 Rennen war Schluss. Stewart kehrte nie zurück. Eine Entscheidung, die er offenbar zu keinem Zeitpunkt bereute: "Der Schlüssel im Leben ist, zu wissen, wann es an der Zeit ist, etwas zu beginnen oder damit aufzuhören."

Nigel Mansell - 1992

Nigel Mansell trat 1992 eher unfreiwillig zurück, Foto: Sutton
Nigel Mansell trat 1992 eher unfreiwillig zurück, Foto: Sutton

Nigel Mansell legte eine ähnliche Karriere wie Nico Rosberg hin - inklusive Rücktritt als Weltmeister. Während Rosberg elf Jahre für die Verwirklichung seines großen Traumes brauchte, waren es bei Mansell sogar 13. Mehrmals schrammte der Brite knapp am WM-Gewinn vorbei. In der Saison 1992 stellte ihm Williams ein Dienstfahrzeug zur Verfügung, mit dem er nahezu unbesiegbar war. Beim elften Saisonrennen in Budapest krönte er sich bereits fünf Rennen vor dem Finale zum Weltmeister. Der Entschluss zum Rücktritt folgte beim viertletzten Rennen des Jahres in Monza. Ganz freiwillig nahm Mansell allerdings nicht seinen Hut.

"Die Beziehung zwischen Fahrer und Team ist in jeglicher Hinsicht entscheidend für den Erfolg und sie hängt zum Teil auch vom Geld ab, denn es zeigt die Wertschätzung, die ein Team gegenüber seinem Fahrer an den Tag legt", sagte Mansell damals. Tatsächlich war das Scheitern der Vertragsverhandlungen der Grund dafür, weshalb der damals 39-Jährige sich für das Karriere-Ende entschloss - es war allerdings weder sein erstes, noch sein letztes. Schon 1990 hatte Mansell nach einem ernüchternden Abstecher zu Ferrari seinen Rücktritt bekanntgegeben. Und auch nach seinem Abschied Ende 1992 kam Mansell noch zwei Mal wieder. 1994 kletterte er für einige Rennen ins Williams-Cockpit und gewann sogar das WM-Finale in Australien. Eine Fortsetzung der Karriere scheiterte aber 1995 endgültig, als Mansells Statur sich für das Cockpit des McLaren MP4/10B für zu stämmig erwies.

Alain Prost - 1993

Alain Prost sackte 1993 den vierten WM-Titel ein und kehrte nie wieder in die Königsklasse zurück, Foto: Sutton
Alain Prost sackte 1993 den vierten WM-Titel ein und kehrte nie wieder in die Königsklasse zurück, Foto: Sutton

Ein Jahr später war Williams wieder der Klassenprimus in der Formel 1. Nach Mansells Abgang nutzte Alain Prost 1993 die dominante Performance seines Boliden für einen Ausstand nach Maß. Er sicherte sich den insgesamt vierten WM-Titel, um dann, im Gegensatz zu Mansell, auf alle Ewigkeit den Formel-1-Helm an den Nagel zu hängen. "Ich will meine Karriere auf dem Höhepunkt beenden", so Prost damals, als er seinen Rücktritt nach dem Qualifying für den Portugal-GP verkündete. Am Rennsonntag sollte er sich zum Weltmeister küren. Den Entschluss hatte er allerdings schon davor gefasst.

"Ich habe diese Entscheidung nicht in Eile getroffen, sondern schon vor einem Monat. Ich hatte eine lange und anstrengende Karriere und ich habe das Gefühl, dem Sport viele Opfer gebracht zu haben. Deswegen möchte ich ihn mit einem Lächeln im Gesicht verlassen", fügte Prost an, den neben dem Rücktritt samt WM-Titel eine weitere Parallele mit Mansell verbindet: Nach einer gescheiterten Ferrari-Ehe, tat Prost das, was Mansell 1990 ursprünglich für seine Karriere angekündigt hatte. Er verließ die Formel 1 Ende 1991, nachdem die Scuderia ihn gefeuert hatte und für 1992 kein konkurrenzfähiges Cockpit mehr verfügbar war. Williams gab ihm 1993 die Chance auf ein Comeback - und er nutzte sie.