Zwei Wochen nach dem Mexiko GP hallte die hektische Schlussphase des dortigen Rennens immer noch nach. Auf der Pressekonferenz in Sao Paulo waren die beteiligten Streithähne Sebastian Vettel, Max Verstappen und Daniel Ricciardo von der FIA bestellt worden, ebenso war Rennleiter Charlie Whiting anwesend. Ein wichtiges Thema dabei: Die Gestaltung der Strafen nach Rennende in Mexiko.

Rückblick: Max Verstappen, Sebastian Vettel und Daniel Ricciardo kämpfen gegeneinander um Rang drei. Verstappen verbremst sich in Kurve eins, schneidet die Kurve ab und verschafft sich somit einen Vorteil. Vettel verlangt per Funk, dass der Red-Bull-Pilot seine Position abgibt, was dieser aber trotz kurzzeitigen Befehls der Box nicht tut. Stattdessen hält Verstappen Vettel auf und verhilft so Ricciardo zu einem Angriff auf den Ferrari-Piloten. Vettel macht die Tür spät zu, es kommt jedoch zu keiner Kollision. Verstappen kann sich leicht absetzen und bringt Platz drei ins Ziel.

Strafen für Verstappen und Vettel

Max Verstappen und Sebastian Vettel bekämpften sich am Ende des Mexiko GP, Foto: Sutton
Max Verstappen und Sebastian Vettel bekämpften sich am Ende des Mexiko GP, Foto: Sutton

Noch vor der Siegerehrung aber die Entscheidung der Rennleitung: Fünf Sekunden Zeitstrafe für Verstappen wegen des Abkürzens, Vettel rückt nach. Einmalige Bilder, als der Ferrari-Pilot zu Fuß den Weg durch das Stadion zurücklegt und in der Folge auf das Podium klettern darf. Doch wenige Stunden später die nächste Entscheidung der Rennkommissare. Vettel bekommt wegen seines Abblockens gegen Daniel Ricciardo eine zehnsekündige Zeitstrafe und fällt auf Rang fünf zurück, im Endergebnis ist Ricciardo nun Dritter.

Entscheidungen, die für reichlich Diskussionsstoff sorgten. Verstappens Bestrafung war umstritten, weil Lewis Hamilton direkt nach dem Start ebenfalls in Kurve eins abkürzte, jedoch von einer Strafe verschont blieb. Bei Vettel griff das erst in Austin schriftlich fixierte Verbot des "Moving under braking", des Spurwechsels während des Bremsvorganges. Nach einigen Vorfällen mit Max Verstappen unter anderem in Belgien und Japan wurde diese mündliche Vereinbarung zwischen den Fahrern als Regel festgesetzt.

In Brasilien nun nahm Charlie Whiting Stellung zu den Ereignissen. Für die Bestrafung gegen Verstappen und das Durchwinken für Hamilton hatte er eine Erklärung parat. "Der Unterschied zwischen den Aktionen war, das Lewis Hamilton keinen bleibenden Vorteil hatte, Max dagegen schon", so Whiting. "Wenn Max das gleiche gemacht hätte, hätte er sicher den Platz verloren. Deshalb haben die Stewards entschieden, er hatte einen bleibenden Vorteil und deshalb gab es die Strafe", erläutert der Rennleiter.

Verstappen fordert gleiche Regeln für alle

Tatsächlich wurde Hamilton gleich nach der Aktion erst durch das Virtuelle Safety Car und danach durch das echte Safety Car eingebremst, das aufgrund des Unfalls von Pascal Wehrlein auf die Strecke geschickt wurde. Verstappen jedoch erlebte eine derartige Einbremsung nicht. Eine Argumentation, der Verstappen aber nicht folgen konnte. "Ich stimme natürlich nicht mit der Entscheidung überein, aber das ändert nichts an der Entscheidung. Wenn es eine Strafe gibt, dann gebt beiden eine", so der Teenager. Um solche Situationen ab sofort zu vermeiden, fordert er klare Definitionen. "Für die Zukunft sollte man es so machen: Wenn man [von der Strecke] abkommt, dann sollte es eine Strafe geben", fordert er.

Lewis Hamilton, der ebenfalls auf der Pressekonferenz anwesend war, stärkte Charlie Whiting den Rücken. "Ich stimme Charlies Erklärung zu, es gibt nichts weiter zu sagen. Die Stewards haben einen schwierigen Job, es gibt unterschiedliche Szenarien. Es ist nicht einfach, die gleiche Regel zu unterschiedlichen Sachen auszulegen. Aber ich stimme mit Max überein, wir müssen mit den Stewards zusammenarbeiten, um es einfacher und klarer zu machen", so der Mercedes-Pilot. Whiting stellt zudem klar, dass man anhand der Daten klar gesehen habe, dass Hamilton nach dem Abkürzen vom Gas gegangen sei.

'Moving under Braking' feiert Premeire

Daniel Ricciardo kam als Fünfter ins Ziel - und wurde am Ende Dritter, Foto: Sutton
Daniel Ricciardo kam als Fünfter ins Ziel - und wurde am Ende Dritter, Foto: Sutton

Es folgte die zweite Szene der hektischen Schlussphase, Vettel gegen Ricciardo. Zum ersten Mal fand die neue Regelung Anwendung. Whiting erklärt sie. "Es gab drei Voraussetzungen für diese Regel, weshalb die Stewards der Ansicht waren, dass es ein gefährliches Manöver war. Sebastian hatte sich während des Bremsens bewegt, das war klar anhand der Bilder und der Daten zu sehen. Zudem war es potentiell gefährlich und es hätte zu einem Unfall führen können", erklärt Whiting. "Es war sehr klar, dass Seb nach links lenkt, zuvor aber noch nach außen gefahren ist. Wenn Daniels rechtes Vorderrad Sebs linkes Hinterrad berührt hätte, dann wäre es eine gefährliche Situation gewesen. Das war knapp", stellt er klar.

Wenig überraschend gibt es bei den Beteiligten unterschiedliche Ansichten zu den Situationen. "Wir haben mit den Fahrern diskutiert. Wenn man ausbremst, dann ist man am Limit und hat es nicht immer unter Kontrolle", erklärt Ricciardo. "Es ist die einzige Situation, die wir nicht unter Kontrolle haben und dann nichts mehr machen können. Ich hatte das Gefühl, es war die richtige Entscheidung, aber für die Fans und von außen ist es schwierig zu verstehen", gibt der Australier zu. "Ich bin für sauberes, aber hartes Racing, aber nicht für Moving under Braking."

Sebastian Vettel war mit der Sanktion gegen ihn nicht einverstanden. "Ich habe mich nur einmal bewegt, um meine Position zu verteidigen", meint der Ferrari-Pilot. "Ich habe dann Daniel genug Raum gelassen und die meiste Zeit während des Bremsvorganges das Auto so gelassen. Daniel hatte ein blockierendes Rad, weil innen kein Grip ist. Andere Leute hatten auch blockierende Räder, als sie eine andere Linie gefahren sind. Ich glaube nicht, dass es für Daniel gefährlich war in diesem Moment", verteidigt sich Vettel.

Whiting nimmt Stewards in Schutz

Aufgrund der Entscheidungen der letzten Rennen rückten die Stewards immer mehr in den Blickpunkt. Ihnen wurde Inkonstanz, beinahe schon Willkür bei der Entscheidungsfindung vorgeworfen. Whiting nutzte die Gelegenheit, die Kommissare zu verteidigen. "Jeder Zwischenfall ist unterschiedlich", stellt er klar. "Auf den ersten Blick können einige ähnlich aussehen, aber man muss ie genauer ansehen. Und die Stewards haben Unmengen an Bildern und Daten zur Verfügung, die ihr nicht habt. Es ist einfach zu sagen, dass die Entscheidungen inkonstant sind. Aber wenn man ins Detail geht, sieht man, dass es nicht der gleiche war. Weitere Erklärungen sind manchmal nötig", so Whiting.