Jacques Villeneuve und Lance Stroll haben wesentlich mehr gemeinsam, als es auf den ersten Blick scheint. Beide sind Kanadier, beide haben den Sprung in die Formel 1 mit erster Station Williams geschafft, und beide verfügen über bekannte Väter. Der letzte Punkt eint Villeneuve und Stroll jedoch nicht nur, sondern trennt sie auch grundlegend.

Während Jacques Villeneuves Vater Gilles selbst ein begnadeter Rennfahrer war, der sechs Grands Prix gewann, ehe er 1982 infolge eines Unfalls tragisch aus dem Leben schied, hat Lances Strolls Vater Lawrence sein Vermögen in der Modebranche gemacht und finanziert mit diesem Geld nun die Karriere seines Sohns, der 2017 für Williams an den Start gehen wird.

Formel-3-Titel nichts wert?

70 bis 80 Millionen Dollar werden kolportiert, die bislang in Lance Stroll investiert worden sein sollen. Und genau dieser Umstand gefällt Villeneuve gar nicht, der regelmäßig mit seiner Kritik an Bezahlfahrern für Aufsehen sorgt. "Ich habe gesagt, dass man Talent mit Geld nicht kaufen kann, und ich stehe zu dieser Aussage", erklärt der Weltmeister von 1997 gegenüber dem Journal de Montreal. "Geld bedeutet nicht, dass man Talent hat."

Gleichzeitig hält Villeneuve aber auch fest, dass man es Stroll nicht zum Vorwurf machen könne, der Sohn eines Milliardärs zu sein. Jedenfalls mache ihm dieser Umstand den Sprung in die Formel 1 aber deutlich einfacher als anderen jungen Rennfahrern. "Geld erlaubt es dir, den Vordereingang zu nehmen", weiß der 45-Jährige.

Dass Stroll nicht gänzlich talentfrei ist, legt sein überlegener Titelgewinn in der Formel-3-Europameisterschaft nahe, wo er in der vergangenen Saison 14 von 30 Rennen gewann. Doch Villeneuve will diesen Erfolg nicht überbewerten. "Die Formel 3 zu gewinnen, bedeutet gar nichts", winkt er ab. "Es gibt so viele Fahrer, die in der Formel 3 gewonnen haben, danach aber nichts mehr. Und andere, die in der Formel 3 nichts erreicht haben und dann in der Formel 1 explodiert sind."

Lance Stroll ist F3-Europameister, Foto: Sutton
Lance Stroll ist F3-Europameister, Foto: Sutton

Stroll wird nicht mehr von seinem Vater beschützt

Gerade Lance Strolls Vorgeschichte macht es so interessant, wie er sich ab 2017 in der Königsklasse des Motorsports schlagen wird. Schlägt er ein wie Max Verstappen oder fährt er nur hinterher? Villeneuve nimmt sich diesbezüglich gar nicht aus. "Es bleibt abzuwarten, wie sich Lance in der F1 psychologisch entwickelt", blickt er gespannt voraus. "Er wird nicht mehr länger von seinem Vater beschützt, sondern ist auf sich selbst gestellt."

Ein mögliches Problem ortet Villeneuve darin, dass Stroll es bislang ausschließlich gewohnt war, an der Spitze mitzufahren, was mit Williams jedoch wohl kaum der Fall sein wird. "Er ist sehr schnell und hat Talent, aber er hat noch nicht gelernt, zu leiden", so der Kanadier. "Lance hat um Rennsiege gekämpft, aber er hat nicht darum gekämpft, im Motorsport zu überleben. Er hat noch nicht aufgehört zu lernen, und ich bin gespannt, wie er reagieren wird."

Jacques Villeneuve ist für seine markigen Sprüche bekannt, Foto: Sutton
Jacques Villeneuve ist für seine markigen Sprüche bekannt, Foto: Sutton

Villeneuve vs. Verstappen

Es ist nicht das erste Mal, dass Jacques Villeneuve Kritik an einem jungen Formel-1-Piloten übt. Ganz besonders abgesehen hat es der Kanadier auf Max Verstappen, dessen teils fragwürdige Fahrmanöver ihm mit Regelmäßigkeit sauer aufstoßen. "Ein anderer Fahrer würde jetzt nach Hause geschickt werden, aber weil es Max Verstappen ist, fangen die Leute an, Entschuldigungen zu suchen, weil er geschützt wird", sagte Villeneuve etwa nach dem Monaco GP zu Motorsport-Magazin.com, als Verstappen ein rabenschwarzes Wochenende erlebte und mehrfach crashte.