Startplatz acht für Daniel Ricciardo und Startplatz 18 für Daniil Kvyat: So las sich Ergebnis der Qualifikation für den Saisonauftakt 2016 in Melbourne. Nachdem Red Bull 2015 sieglos geblieben und deutlich hinter Ferrari und sogar Williams zurückgefallen war, schien das Team auch dieses Jahr nicht den erhofften Schritt in Richtung Spitze geschafft zu haben. Doch die Mannschaft rund um Teamchef Christian Horner belehrte alle eines Besseren: Zwei Rennen vor dem Ende der Saison steht Red Bull hinter Mercedes an zweiter Stelle in der Konstrukteurswertung - und wird diesen aller Wahrscheinlichkeit auch in Ziel bringen.

Der Vorsprung, den Ricciardo und sein in Barcelona dazugestoßener Teamkollege Max Verstappen auf die Scuderia herausgefahren haben, beträgt zurzeit 62 Punkte. In Mexiko lieferten sich beide einen erbitterten Kampf gegen Sebastian Vettel, der für Ferrari das erste Podium seit vier Rennen einfahren wollte. Nach einigen Kontroversen behielten die Bullen auch in dieser Schlacht die Oberhand über die italienische Konkurrenz - genau wie einige Monate zuvor in Barcelona, als die Aufholjagd begann.

Red Bull greift durch: Motor- und Fahrer-Upgrade

Bis zum fünften Saisonrennen in Spanien lag Red Bull in der Gesamtwertung auf Platz drei hinter Ferrari. Auf Ferrari fehlten zu diesem Zeitpunkt bereits 19 Punkte und von hinten drückte Williams mit nur sechs Punkten Rückstand. Vor allem die Power Unit von Renault schien ein Schwachpunkt zu sein, weshalb die Teamführung entsprechend Druck auf den französischen Motorlieferanten ausübte.

Renault-Geschäftsführer Cyril Abiteboul verkannte die Situation nicht: "Wir haben die Fähigkeit die Erwartungen zu erfüllen und wir wollen zeigen, dass wir es ernst meinen. Wir hoffen, dass wir sie überzeugen können, dass wir ein konkurrenzfähiges Produkt liefern können", so der Franzose im Mai, der sich als Monat des Umbruchs für Red Bull herausstellen sollte.

Bevor Renault jedoch ein Motor-Upgrade liefern konnte, setzten Christian Horner und Dr. Helmut Marko in einem anderen Bereich zu radikalen Maßnahmen an. Nach einem Fehltritt in Sochi, wurde der aufgrund schwacher Leistungen ohnehin in der Kritik gestandene Kvyat gegen den damaligen Toro-Rosso-Junior Verstappen ausgetauscht.

Red-Bull-Sensation in Barcelona und Monaco

Noch ohne Renault-Ausbaustufe, aber dafür mit Verstappen an Bord, konnte Red Bull in Barcelona erstmals Ferrari bezwingen. Schon im Qualifying landeten beide Fahrer deutlich vor Räikkönen und Vettel. Im Rennen nutzte das Team die Gunst der Stunde, nachdem sich die Silberpfeile in der ersten Runde selbst eliminiert hatten. In einem am Kommandostand sowie auf der Rennstrecke gleichermaßen hart ausgefochtenem Kampf setzte sich Verstappen gegen Ferrari durch und holte im ersten Anlauf mit Red Bull seinen ersten Formel-1-Sieg.

Die Tatsache, dass Red Bull vor den vermeintlichen Mercedes-Herausforderern Ferrari den ersten Saisonsieg einfahren konnte, war ein wichtiges Zeichen. Gleich darauf wurde in Monaco zunächst Ricciardo mit Renaults Motor-Upgrade versorgt. "Damit ist man dann [an Mercedes] dran und auf winkligen Kursen sollten wir vorne sein", prophezeite Marko. Laut Renault sollte die etwa 35 PS starke Ausbaustufe fünf Zehntel pro Runde bringen.

Ricciardo machte in Monaco die Drohung war und dominierte fast nach Belieben. Als in dieser Saison bisher einziger Nicht-Mercedes-Fahrer holte er im Fürstentum die Pole Position und gab auch im Rennen den Ton an. Ein verkorkster Boxenstopp, bei dem die Crew die Reifen nicht schnell genug parat hatte, kostete den Australier die Führung und den Sieg.

Max Verstappen landete in Barcelona einen Sensations-Sieg, Foto: Sutton
Max Verstappen landete in Barcelona einen Sensations-Sieg, Foto: Sutton

Red Bull steigt empor

In den folgenden Rennen in Montreal und Baku lief es noch schleppend, obwohl auch Verstappen ab Kanada die stärkere Power Unit einsetzen durfte. Danach aber schaffte Red Bull es, an die Erfolgserlebnisse anzuknüpfen. Spätestens seit dem Heimrennen auf dem Red Bull Ring war man im Duell mit Ferrari klar obenauf. Zwar hatte Mercedes die Nase weiterhin mal ein kleineres und mal ein größeres Stück vorne, doch Ferrari kam den Bullen nicht mehr hinterher. Beim Großen Preis von Deutschland auf dem Hockenheimring übernahm Red Bull pünktlich vor der Sommerpause den zweiten Gesamtrang bei den Konstrukteuren.

In den in der zweiten Saisonhälfte sieben bis dato gefahrenen Rennen wurde der Vorsprung immer weiter ausgebaut und die Position hinter Mercedes gefestigt. Während Ricciardo und Verstappen in dieser Zeit sieben Podiumsplätze einfahren konnten, schaffte es Vettel für Ferrari lediglich in Monza auf das Treppchen. Vor allem der Malaysia-Doppelsieg von Ricciardo und Verstappen war ein deutliches Zeichen dafür, dass Red Bull sich klar als erster Verfolger von Mercedes etabliert hatte.

Der heiße Atem in Mercedes' Nacken

Während beim Sieg in Sepang, wie schon in Barcelona, das Mercedes-Pech den Weg zum Erfolg ebnete, rückte das Red-Bull-Duo den Silberpfeilen auch mit purer Pace hin und wieder auf die Pelle. Mit einem strategischen Geniestreich hätte Ricciardo in Singapur Rosberg in der letzten Runde beinahe noch abgefangen. In Suzuka biss sich Hamilton rundenlang die Zähne an Verstappen aus und musste schlussendlich klein beigeben.

In den USA und in Mexiko knackte jeweils einer der Red-Bull-Piloten am Start den Mercedes von Rosberg und hielt ihn daraufhin über viele Runden in Schach. Nur mit viel Glück in Sachen Safety-Car-Phasen und Verkehrssituation konnten Mercedes und Rosberg in den beiden Rennen die verlorene Position zurückgewinnen. Dass Red Bull auch angesichts des unter den Silberpfeil-Piloten tobenden Titelkampfes nicht zurücksteckt, machte nicht nur Verstappen mit seiner Aktion gegen Rosberg beim Grand Prix von Mexiko mehr als deutlich.

Ricciardo hatte schon vor dem Mexiko-Wochenende zum Angriff gegen Mercedes geblasen: "Ich fahre immer hart. Nur, weil wir uns in den letzten paar Rennen befinden, heißt das nicht, dass wir uns irgendwie anders verhalten sollten. Selbst beim letzten Rennen in Abu Dhabi werden wir hart kämpfen, und was auch immer passiert, wird der Ausgang der WM sein."