Richtig Betrieb am Boxenfunk von Sebastian Vettel in den Schlussrunden des Mexiko GP. Beim drittletzten Saisonlauf der Formel 1 lässt es der Ferrari-Pilot verbal richtig krachen:

  • "Lass mich doch vorbei, verdammt noch einmal. Er ist ein *******, das ist er!"
  • "Bin ich der Einzige, der sieht, was hier abgeht? Er drängt mich in Ricciardo!"
  • "Wisst ihr was? Ich habe eine Nachricht an Charlie [Whiting]: **** dich! Ehrlich, **** dich!"

Ziel der Schimpftiraden: Nicht nur Rennleiter Charlie Whiting, sondern insbesondere einmal mehr Auslöser Max Verstappen. Der hatte nach einer Vettel-Attacke nämlich in Kurve eins abgekürzt, sich einen Vorteil verschafft, aber die Position nicht zurückgegeben. Für Vettel ein ganz schlechter Witz wie seine Klagen via Funk belegen.

Unmittelbar nach Rennende bekommt Vettel sein Stück Gerechtigkeit: Noch vor der Siegerehrung brummen die Stewards Verstappen dann doch eine Zeitstrafe für die Aktion auf. Vettel erbt Platz drei, rutscht durch ein eigenes Vergehen in einem späteren Zweikampf mit Daniel Ricciardo aber wieder hinter gleich beide Red Bull.

Verbalduell Vettel vs. Verstappen in Mexiko

Da ist die Situation in den ersten Interview-Runden aber bereits weiter eskaliert: Gegenseitig attackieren sich die Beteiligten scharf. "Lächerlich", tituliert Verstappen Vettels Gebaren am Funk. "Er fängt an herumzuschreien wie ein Kind, ich weiß gar nicht, nicht wie viele Schimpfwörter er benutzt hat." Vettel solle lieber wieder zu Schule gehen. "Eines vierfachen Weltmeisters nicht würdig", ergänzt Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko insbesondere zu Vettels Entgleisung gegenüber der Rennleitung.

Zumindest dafür hat sich Vettel nach dem Rennen persönlich bei Charlie Whiting entschuldigt. Das versichert Maurizio Arrivabene: "Er hat sich entschuldigt und ich bin mir sicher, dass das nicht noch einmal vorkommen wird." Der Ferrari-Teamchef hatte Vettel bereits per Funk angeordnet, sich zu beruhigen und die Sache nach dem Rennen in Ruhe zu besprechen. Wenig später bestätigt Whiting die Entschuldigung gegenüber der Daily Mail. Trotzdem ermittelt die FIA aktuell gegen Vettel.

Dennoch: "Ich würde mich wundern, wenn Sebastian damit davon kommt und nicht verwarnt wird", sagt Arrivabenes Pendant bei Red Bull - Christian Horner in einer ersten Reaktion. Eine Vermutung, die sich zumindest in Form von Vettels Strafe für das Manöver gegen Ricciardo bestätigt. Dass die harschen verbalen 'Aktion' zusätzliche Folgen haben könnten, darüber ranken sich bereits wilde Gerüchte. Von einem verärgerten FIA-Präsidenten Jean Todt und einer Rennsperre handeln erste Spekulationen, etwa im britischen Boulevard.

Frust-Funker Vettel: Der Wiederholungstäter

Denn noch dazu ist Mexiko zwar der offensichtlich heftigste, jedoch längst nicht einzige verbale Funk-Entgleiser Vettels in der laufenden Saison. In Sachen Wut-Funk ist Vettel 2016 mehrfacher Wiederholungstäter. "Er ist einfach ein sehr frustrierter Typ", meint Verstappen. "Das war keine Auffassung, die er hatte, als er für uns gefahren ist. Da verbalisiert sich seine Frustration. Jeder kann es hören", sagt Horner. "Er ist dieses Jahr offensichtlich ein bisschen frustriert, weil sie gedacht hatten, Mercedes vielleicht herausfordern zu können", bestätigt Ricciardo den Zusammenhang von Misserfolg und gesteigertem Frust (am Funk).

Klar, solche Reaktionen könnten in der Hitze des Gefechts vorkommen. Bei Vettel sei es in diesem Jahr allerdings vielleicht ein bisschen zu viel. Auch müsse man seine Emotionen der Welt ja nicht mitteilen. "Wir wissen alle, dass es übertragen wird wenn wir den Knopf drücken. Du brauchst nicht alles zu funken. Du kannst in den Helm fluchen", empfiehlt Ricciardo. "Ich warte lieber ein paar Momente und sage die Dinge zu mir selbst."

Vettel gefrustet vom Ferrari-Misserfolg?

"In seinen Augen ist die ganze Welt immer gegen ihn. Aber was er gesagt hat, war ziemlich extrem. Charlie ist sicher nicht glücklich darüber", pflichtet auch Nico Hülkenberg bei. Verstehen kann er seinen Landsmann dennoch: "Man ärgert sich eben mal und sagt Wörter wie 'Idiot'. Bei 300 ist man einfach voll am Limit und wenn einem dann etwas nicht fair vorkommt, muss man es manchmal rauslassen."

Maurizio Arrivabene hingegen bestreitet eine Vettel-Frustration: "Es ist einfach sein Temperament." Kein Wunder, würde er damit praktisch der Konkurrenz zustimmen und die schwache Ferrari-Performance der laufenden Saison als Ursache eingestehen - ob nun infolge von Frustration oder nur verbalisiertem Temperament. Wie man es auch nennen mag: Jammern, Klagen, Schimpfen Vettels gab es 2016 jedenfalls genug. Eine Chronik.

China GP: Mad Man Torpedo-Kvyat

Bereits beim dritten Rennen setzen die Vettel-Tiraden 2016 ein. Nach einer hoch fragwürdigen Ferrari-internen Kollision in Kurve eins macht Vettel Red Bulls Daniil Kvyat dafür verantwortlich. Aus Vettels Sicht sei der Russe auf der Innenbahn zu aggressiv hereingestochen. Als Torpedo bezeichnet er Kvyat deshalb im Green Room. Doch schon zuvor hatte Vettel am Funk kräftig gewettert, Kvyat als verrückten Mann und dessen Aktion als selbstmörderisch bezeichnet.

Russland GP: Im ******* Heck getroffen

Erneut treffen Kvyat und Vettel auf der Strecke aufeinander. Wörtlich zu nehmen. Crash kurz nach dem Start des Russland GP. Diesmal ist die Schuldfrage klar: Der Russe hat den Deutschen glasklar abgeschossen. Und das gleich doppelt. Vettel crasht in die Bande, ist raus. Was folgt ist ein - diesmal absolut angebrachter - Entrüstungssturm am Funk: "Booah, ich bin raus! Crash! Jemand hat mich in Kurve zwei im ***** Heck getroffen und dann hat mich in Kurve drei wieder jemand im ***** Heck getroffen. Ehrlich!"

Spanien GP: Ping Pong oder Racing?

In Barcelona geht für Vettel alles gut - er kommt ins Ziel. Allerdings nicht so bequem wie gewünscht. "Wenn ich nicht ausgewichen wäre, wäre er mir ins Auto gefahren. Was ist das, Racing oder Ping Pong?", fragt Vettel nach einem ambitionierten Überholversuch seines Ex-Teamkollegen Daniel Ricciardo in Kurve eins kurz vor Rennende fluchend und keifend in den Funk. "Typisch", kontert der Australier, nach dem Rennen darauf angesprochen, lapidar. "Wenn ich weiß, dass ich auf die Autos vor mir aufhole und Seb dem Podium und einem möglichen Sieg im Weg steht, dann versuche ich es natürlich."

Einen Tag später dann der Knaller. Mit nur einem Tweet zieht Ricciardo Vettel genüsslich durch den Kakao:

Ungarn GP: Blaue Flaggen!

Diesmal sind es nicht die direkten Gegner, sondern die Überrundungen, die Sebastian Vettel zur Weißglut treiben. Ein Williams steht dieses Mal zu lang im Weg. "C'mon, blaue Flaggen, blaue Flaggen! Das ist lächerlich", funkt der Deutsche. Es soll längst nicht der erste derartige Funkspruch in dieser Saison bleiben.

Deutschland GP: Wütend im Sauber-Wartezimmer

Und wieder zu viele Probleme beim Überrunden aus Sicht von Sebastian Vettel. "C'mon, blaue Flaggen! Das ist lächerlich, das war mehr als eine Runde", raunzt Vettel mitten auf der Parabolica, in nahezu identischer Wortwahl wie in Ungarn, in den Funk. Selbst auf dem langen Vollgasstück hatte ihn Felipe Nasr nicht vorbei gelassen.

Belgien GP: Wutanfall im Training

Angesichts der wilden Startkollision von Vettel, Verstappen und Räikkönen sollte man meinen, Vettels Funk-Wut in Belgien würde sich darauf beziehen. Weit gefehlt. Stattdessen zetert der Deutsche bereits im Training: "Was für ein Idiot! Ehrlich! Was für ein Idiot! Es ist Freies Training! Darauf gibt doch jeder einen Scheiß!" Gemeint ist Kevin Magnussen, dem Vettel über die Wiese ausweichen musste. Ein Strafe gibt es nach Untersuchung der Stewards nicht. Immerhin ist Vettel mit seiner Eskalation alles andere als allein. Auch seine Landsmänner Wehrlein und Hülkenberg wüten an diesem Spa-Samstag kräftig:

Japan GP: Vettels Überrundungshorror

Noch heftiger zur Sache geht es in Japan, diesmal wieder im Rennen. Gleich mehrfach raunt Vettel bei aus seiner Sicht zu langsamen Überrundungen in den Funk. "Das ist lächerlich. Ehrlich. Ich habe eine Sekunde verloren für nichts. Was wollt ihr wissen Jungs, es ist eine schnelle Strecke, es ist schwierig zu überholen, man verliert hinter einem anderen Auto Zeit, es ist einfach lächerlich. Blaue Flaggen, das kann doch nicht wahr sein!", poltert Vettel. "Immer den Berg hinauf! Blaue Flagge", verlangt Vettel. Renningenieur Adami: "Ja, er hat blaue Flaggen." Vettel: "Aber er bewegt sich nicht aus dem Weg!" Vorbei ist der Funkspruch damit jedoch noch nicht, den Rest piept die Regie weg. Auch in Japan ist Vettel jedoch nicht allein mit den Funk-Eskapaden, aber eben erneut beteiligt.

In Folge (nicht nur) dieser neuen Aufregungswelle um die blauen Flaggen greift mit dem folgenden Grand Prix in den USA ein neues System, das zu Überrundende früher, deutlicher und präziser warnen soll.

Mexiko GP: Vettel tickt endgültig aus

Erst beschimpft Vettel Fernando Alonso erneut schon im Training als Idioten, weil der McLaren-Pilot für seinen Geschmack zu sehr im Weg herumgefahren ist, dann folgen im Rennen die inzwischen fast schon Vettel-üblichen Schimpfereien bei den Überrundungen. Gegen Rennende dann der vorläufige Höhepunkt der bisherigen Saison. Weil Verstappen eine Kurve abkürzt und den Platz nicht zurückgibt, kriegt sich Vettel nicht mehr ein, schimpft erst wüst auf Verstappen, dann per "f*** off" auf die Rennleitung.