Nach dem spektakulären Comeback im Vorjahr kehrt die Formel 1 zurück nach Mexiko. Diesmal befindet sich die Königsklasse allerdings noch mitten im heißen WM-Kampf zwischen Nico Rosberg und Lewis Hamilton. Im Vorjahr war das Duell vor dem Mexiko GP bereits entscheiden. Jetzt geht es im Autódromo Hermanos Rodriguez also erstmals richtig ans Eingemachte. Welche Faktoren es in punkto Strecke dabei zu beachten gilt, stellen wir im Folgenden genauer vor.

  • Zwei DRS-Zonen
  • 1,3 Kilometer lange Gerade
  • Extrem hohe Topspeeds
  • Höchst gelegene Strecke im Rennkalender
  • Starke Beanspruchung von Bremsen und Turbo
  • Geringer Griplevel
  • Belag, Streckenverlauf, Infrastruktur wie im Vorjahr

Das Autódromo Hermanos Rodriguez

Klein, aber fein sind die Unterschiede der neue Strecke (rot) zur alten Führung (grün), Foto: Sutton
Klein, aber fein sind die Unterschiede der neue Strecke (rot) zur alten Führung (grün), Foto: Sutton

Der Mexiko Grand Prix wurde 1962 erstmals ausgetragen, allerdings als nicht zur Weltmeisterschaft zählendes Event. 1963 wurde er dann offiziell in den Kalender der Formel 1 aufgenommen und fand bis 1970 jedes Jahr statt. Nach einer langen Pause kehrte das Autódromo Hermanos Rodriguez 1986 mit einigen Streckenveränderungen zurück und diente bis einschließlich 1992 zum zweiten Mal als Austragungsort des Mexiko GP.

Seit 2015 läuft die dritte 'Amtszeit' der Highspeed-Strecke in Südamerika, erneut mit einigen Umbaumaßnahmen. So wurde insbesondere die berüchtige Schlusskurve 'Peraltada' kastriert. Die mit 1,3 Kilometern extrem lange Start-Ziel-Gerade hingegen ist geblieben, genauso die 'Esses' im zweiten Streckenabschnitt - wenn auch modifiziert. Durch den neuen, noch öligen Asphalt präsentierte sich der Kurs im Vorjahr extrem rutschig, zum Ausgleich waren die in der Vergangenheit für Mexiko typischen Unebenheiten beseitigt.

Die rutschigen Streckenverhältnisse bereiteten 2015 selbst Sebastian Vettel Probleme, Foto: Sutton
Die rutschigen Streckenverhältnisse bereiteten 2015 selbst Sebastian Vettel Probleme, Foto: Sutton

Da im Verlauf des vergangenen Jahres auch andere Serien im Autódromo Hermanos Rodriguez gastiert haben, sollte sich der Belag der Formel 1 in diesem Jahr bereits besser gummiert präsentieren als vor Jahresfrist. "Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich die Fahrbahnoberfläche seither verändert hat", sagt Pirellis Paul Hembery. "Letztes Jahr war der Asphalt ja komplett neu, also sollte es dieses Jahr eine große Verbesserung sein", meint auch Lokalmatador Sergio Perez.

Insgesamt gehört der Kurs zu den schnelleren Strecken im Formel 1-Kalender und liefert die höchste Durchschnittsgeschwindkeit nach Monza bei 2016 zu erwartenden Rundenzeiten unterhalb der 1:20er-Marke. Die Topspeeds liegen sogar höher als in Italien: 2015 erzielte Pastor Maldonado im Rennen einen Bestwert von 366,4 km/h. 2016 sollte dank verbesserter Boliden und Motoren noch mehr drin sein.

Höchstgeschwindigkeit allein ist in Mexiko jedoch längst nicht alles. Neben zwei langen Geraden kommt es genauso auf Downforce an. Die 'Esses' verlangen jede Menge Abtrieb. Noch dazu kann guter mechanischer Grip in der engen Stadion-Sektion am Ende der Strecke sicherlich alles andere als schaden. "Es ist sehr schwierig, alle Elemente zusammen zu bekommen, um das Beste aus einer Runde zu holen", bestätigt Fernando Alonso.

Streckenverlauf im Autódromo Hermanos Rodriguez

Nach 23 Jahren F1-Abstinenz präsentiert sich das Autódromo Hermanos Rodriguez seit dem Comeback im Vorjahr im modernisiertem Zustand. Am ursprünglichen Streckenverlauf hat sich jedoch wenig geändert. Die schnellste Stelle der Strecke befindet sich weiterhin gleich am Anfang. Die Start-Ziel-Gerade misst 1,3 Kilometer, die Fahrer erreichen am Ende dieser ersten DRS-Zone Höchstgeschwindigkeiten von mehr als 360 km/h. Es folgt eine 90-Grad-Rechtskurve, welche wiederum zu einer Links-Rechts-Schikane führt.

Im Stadion führt die Strecke unter der Tribüne hindurch, Foto: Sutton
Im Stadion führt die Strecke unter der Tribüne hindurch, Foto: Sutton

Darauf folgt die zweite lange Gerade des Kurses, ebenfalls samt DRS-Bereich. Enstprechend wichtig ist der Kurvenausgang aus Turn drei heraus, um zum am Ende der Geraden den Gegner überholen zu können. Nun beginnt der zweite Sektor mit einer Links-Rechts-Kombination. Nach Kurve sechs, dem südlichsten Zipfel der Strecke, und einer kurzen Geraden geht es nun in die mehrere schnelle S-Kurven. Nach deren Passage endet Sektor zwei mit einem weiteren Abschnitt geradeaus, der schließlich in ein umfunktioniertes Baseball-Stadion führt - der engste Abschnitt der Strecke. Zuvor war es hier noch gerade aus in die berüchtigte Peraltada gegangen. Immerhin die zweite Hälfte dieser Kurve befahren die Piloten schließlich noch nach Verlassen des Stadions per Tribünenunterführung. Diese langgezogene Rechtskurve gilt es optimal zu erwischen, führt sie doch zurück auf die ultralange Start-Ziel-Gerade.

Streckendaten
Länge: 4,304 km
Runden: 71
GP-Distanz: 305,6 km
Rundenrekord: 1:20.521 Min. (ROS, 2015)
Kurven: 17
Weg bis Kurve 1: 890 m
Länge Boxengasse: 378 m
Zeit in Box bei 80 km/h: 16 Sek.

Technik-Herausforderung: Stresstest für Power Unit und Bremsen

Die größte Herausforderung in Mexiko betrifft die Kühlung - sowohl von Bremsen wie von Power Units. "Selbst bei nur 20 oder 22 Grad Temperatur ist alles am Limit", erklärte Remi Taffin, Renault-Motorenchef beim Comeback im Vorjahr im Motorsport-Magazin.com-Interview. Die Ingenieure des Bremsenherstellers Brembo stufen den Kurs in Sachen Belastung des Systems auf einer Skala von 1 bis 10 mit 9 ein.

Hintergrund für all das ist insbesondere die dünne Höhenluft, befindet sich die Strecke doch 2.285 Meter über dem Meeresspiegel. Entsprechend offener als üblich müssen die Teams die Verkleidung ihrer Boliden gestalten. "Ein echter Test für den Turbolader und die Kühlssysteme", bestätigt Pat Symonds, Technikchef bei Williams.

Noch dazu gibt es ein kleines Leistungsproblem: Alle 100 Meter über dem Meeresspiegel verliert der Verbrennungsmotor ein Prozent an Leistung, in Mexiko also eine ganze Menge. Aber: Der Turbo macht diesen Effekt so gut wie komplett wett, da er die Luft wieder komprimiert, bei geringem Luftdruck schlicht effizienter arbeitet. "Die turboangetriebene Hybrid Power Unit liefert unterdessen weiter ihre normale Leistung", versichert Mercedes-Technikchef Paddy Lowe. Dafür muss der Turbo allerdings härter arbeiten, ist gefährdet für Defekte. Weil noch dazu der Luftwiderstand geringer ist, erzielen die F1-Boliden im Resultat auf der ultralangen Start-Ziel-Geraden enorm hohe Geschwindigkeiten - sogar schneller als in Monza.

Der geringe Anpressdruck sorgt allerdings für den für Teams und Fahrer unschönen, für Fans spektakulären, Nebeneffekt unruhiger und rutschender Autos. "Das führt zu Kopfzerbrechen am Steuer, bietet aber auch das Potenzial für großartiges Racing. Hoffentlich wird dem Publikum genau das geboten", sagt Mercedes' Lowe. "Das ist es sehr herausfordernd", bestätigt Valtteri Bottas, Dritter im Vorjahr. "Wir haben hier ein High-Downforce-Paket am Auto, aber durch die dünne Luft wird daraus ein Downforce-Level, das dem ähnlich ist, was wir in Monza haben. Das Auto fühlt sich leicht und sehr sprunghaft an - und natürlich massiv schnell wenn es geradeaus geht", sagt Nico Hülkenberg.

Lewis Hamilton hält diese Bedingungen gar für total irre. "Es ist verrückt, wie rutschig die Strecke ist, weil das Auto wegen der Höhenlage so wenig Abtrieb hat", sagt der Weltmeister. Damit nicht genug: "Die dünne Luft bedeutet auch, dass es weniger Sauerstoff gibt. Das macht es für uns Fahrer körperlich anstrengender", ergänzt Bottas.

Die Strategie: Zwei Stopps wahrscheinlich

Wie zuletzt in Austin bringt Pirelli die Mischungen Supersoft, Soft und Medium nach Mexiko. Der Supersoft muss im Q3, im Rennen mindestens einmal der Soft oder Medium eingesetzt werden. Letztere Mischung haben die meisten Teams bei der Reifenwahl erneut am wenigsten beachtet. Unter den Spitzenteams wählt Mercedes einen gegenüber Red Bull und Ferrari leicht konservativeren Ansatz (vgl. Grafik).

Dominierten im vergangenen Jahr Zwei-Stopp-Strategien, so erwartet Pirelli bei der diesjährigen Ausgabe des Mexiko GP potentielle Variante. "Für den supersoften Slick ist es die Premiere in Mexiko. Im Freien Training werden daher die Auswirkungen etlicher neuer Faktoren deutlich werden. Daraus könnten einige interessante Alternativen zur Zwei-Stopp-Strategie resultieren", erklärt Paul Hembery.

Damit zielt der Motorsport-Direktor offensichtlich auf mögliche Drei-Stopper. Das scheint angesichts des glatten Asphaltbandes jedoch eher unwahrscheinlich. Hembery geht jedoch davon aus, dass sich die Fahrbahnoberfläche inzwischen deutlich verändert haben wird. Im Vorjahr war die erfolgreichste Alternative zur Zwei-Stopp-Strategie allerdings die Einstopp-Variante von Sergio Perez (P8), kein dreimaliger Boxenbesuch - und das trotz eines Safety Cars, das gegen Ende des Rennen einen zusätzlichen Boxenstopp ermöglichte.

Das Wetter: Kühl mit kleinem Schauer-Risiko

Wie schon im Vorjahr präsentieren sich die Wetterprognosen vor dem Wochenende in Mexiko nicht eindeutig. Hatte es 2015 kurz vor dem Training und zudem in einer Session geregnet, könnte sich dies 2016 wiederholen oder gar ausweiten. Kurze Schauer sind an allen Nachmittagen nach aktuellem Stand nicht auszuschließen.

Zu dieser Jahreszeit in Mexiko alles andere als unüblich. Das Wetter ist meist eine Unbekannte, sowohl Hitze als auch schwere Regenfälle sind möglich. Aus heutiger Sicht soll es allerdings eher trocken bleiben, allerdings dürften die Höchsttemperaturen bei gerade einmal 16 bis 19 Grad Celsius liegen und somit deutlich unter den Werten des Vorjahres von bis zu 25 Grad Celsius.

Autódromo Hermanos Rodriguez: Unvergessene Momente

Schumis erstes Podium: 1991 das erste Rennen in Spa, 1992 der erste Sieg - auch in Spa. Diese Geschichte von den F1-Anfängen Michael Schumachers kennt jeder. Weniger bekannt ist hingegen der Ort, an dem der damalige Youngster das erste Mal Champagner spritzen durfte: Beim bis 2015 letzten Mexiko GP feierte Schumi sein Podest-Debüt in der Formel 1, nur geschlagen von den damals überlegenen Williams. 154 weitere Podien sollten folgen. Der Großteil davon auf der obersten Stufe.

Horror-Crash ohne Folgen: Vor dem jüngsten Umbau zählte die Buckelpiste des Autódromo Hermanos Rodriguez zu den schwierigsten Strecken im Rennkalender. Jedes Jahr war der Grand Prix eine delikate Angelegenheit. Besonders heikel wurde es etwa 1988 als Philippe Alliot im Qualifying mitten auf der schnellen Start-Ziel-Geraden spektakulär seinen Boliden verlor und brachial in die Boxenmauer knallte. Erstaunlich: Weder verletzte sich der Franzose, noch musste er das Rennen auslassen. Obwohl von seinem Auto gefühlt nur noch Staub übrig geblieben war schafften es die Mechaniker, den Boliden wieder rennfertig zu schrauben.

Mega-Party im Stadion: Was für eine Party! Durch den jüngsten Umbau ist im letzten Sektor der Strecke wie oben beschrieben eine Stadion-Passage entstanden. Beim Debüt im Vorjahr herrschte hier eine grandiose Atmosphäre - vergleichbar nur mit dem Hockenheimer Motodrom der Schumacher-Hochzeit und der Samba auf den Rängen des Brasilien GP zu Zeiten Ayrton Sennas. Diesmal brauchte es für den Mega-Abriss keinen Weltmeister. Lokalmatador Sergio Perez reichte den Mexikanern nach mehr als 20 Jahren F1-Diät völlig zum Ausflippen.

Mexiko GP: Das letzte Rennen

Jahr Sieger 2. Platz 3. Platz Pole Schn. Runde
2015 Nico Rosberg Lewis Hamilton Valtteri Bottas Nico Rosberg Nico Rosberg

Mexiko GP: Fakten zum Rennen

  • Zum 17. Mal gastiert die Formel 1 in Mexiko
  • Heimrennen für gleich zwei F1-Piloten: Perez und Gutierrez
  • Mit einem Sieg kann Lewis Hamilton mit Alain Prost gleichziehen (51)
  • Mit einem Sieg kann Nico Rosberg mit Juan Manuel Fangio gleichziehen (24)
  • Mit einem Sieg kann Nico Rosberg vorzeitig Weltmeister werden
  • Voraussetzung dafür: Hamilton wird maximal Zehnter
  • Kimi Räikkönen fährt in Mexiko seinen 250. F1-GP

Wusstest Du schon, dass ...

Michael Schumacher 1992 in Mexiko zum ersten Mal in seiner F1-Karriere auf dem Podium stand?

Ayrton Senna 1992 im Mexiko-Qualifying spektakulär abflog, sich im Kiesbett überschlug und Rennarzt Sid Watkins ihm im Medical Center einen im Ohr verklemmten Stein herausziehen musste?

Kimi Räikkönen und Valtteri Bottas 2015 in Mexiko bereits zum zweiten Mal binnen drei Rennen kollidierten?

Nigel Mansell 1990 Gerhard Berger in der letzten Runde mit einem grandiosen Manöver über die Außenbahn der ultraschnellen Peraltada noch auf den letzten Drücker vom zweiten Platz verdrängte? Und das die letzte Kurve heute deshalb nach dem Briten benannt ist?

Sebastian Vettel 2015 in Mexiko zum ersten Mal nach 106 Rennen wieder durch einen Crash ausschied?

Gerhard Berger 1986 in Mexiko seinen ersten Karriere-Sieg erzielte?