Zumindest die Statistik spricht in Austin für Nico Rosberg. Im Qualifying musste sich der WM-Spitzenreiter einem wie entfesselt fahrenden Lewis Hamilton geschlagen geben, für den Deutschen blieb am Ort seiner größten Niederlage nur Startplatz zwei. Doch da gibt es halt die Statistik. Denn diese zeigt: Von den bisherigen vier Polesettern in Austin gewann nur Sebastian Vettel 2013 auch das Rennen. Die anderen drei Auflagen entschied Lewis Hamilton für sich - immer von Startplatz zwei. Dort, wo nun Nico Rosberg sich am Start einreihen wird. "Sehr gut, die Statistik mag ich doch", scherzte Rosberg, als er darauf angesprochen wurde.

Viel mehr Grund zum Lachen hatte der 31-Jährige an diesem Nachmittag nicht. Hamilton knackte die bisher in Austin nie unterbotene 1:35er-Marke, während Rosberg arg zu kämpfen hatte. Besonders der erste Sektor hat alles zunichte gemacht aus Sicht des Deutschen. Ein tieferer Blick auf die Zeiten zeigt, dass Rosberg sowohl im zweiten Sektor, als auch im dritten Streckenabschnitt knapp schneller war als Hamilton. Er hätte sich also einen etwas schwächeren ersten Sektor im Vergleich zum amtierenden Champion leisten dürfen. Doch fast drei Zehntelsekunden waren nicht mehr korrigierbar.

Analyse: Rundenzeiten in Q3

Sektor 1Sektor 2 Sektor 3Gesamtzeit
Versuch 1 Rosberg25.51838.32531.5991:35.442
Versuch 1 Hamilton25.30538.28031.7851:35.370
Versuch 2 Rosberg25.36138.08631.7681:35.215
Versuch 2 Hamilton25.06638.15331.7801:34.999

Die gefetteten Zwischenzeiten stellen die persönlichen Bestzeiten des Fahrers im jeweiligen Sektor dar.

Besonders Sektor eins bereitete Nico Rosberg Probleme, Foto: Sutton
Besonders Sektor eins bereitete Nico Rosberg Probleme, Foto: Sutton

"Ich habe heute lieber Sektor zwei und drei bevorzugt. Lewis war in Sektor eins einfach schneller, ganz simpel. Dennoch war es schlussendlich eine gute Runde, mit der ich zufrieden bin", sagte Rosberg hinterher. Doch nicht nur im ersten Sektor haperte es bei Rosberg. Denn während er dort und im Mittelteil zumindest persönliche Bestzeiten auf seinem letzten Versuch hinlegte, gelang es ihm im Schlussabschnitt nicht. Dort verlor er fast zwei Zehntel auf die vorhergehende Runde. Eine persönliche Bestzeit auch im letzten Sektor hätte Rosberg nahe an die Pole-Zeit seines Teamkollegen gebracht.

Umgekehrtes Austin-Deja-vu?

Doch das Leben ist bekanntermaßen kein Konjunktiv. Rosberg musste sich geschlagen geben und startet nur von Platz zwei. Für den Start bedeutet das: Er muss auf der linken Seite aus losfahren, die tendenziell eher schlechter ist, da sie abseits der Ideallinie liegt. Doch Teamkollege Lewis Hamilton bewies bereits mehrfach, dass die Starts nicht zu seinen Stärken zählen, auch Rosberg verlor in Ungarn und Hockenheim wertvolle Plätze von der Pole aus.

"Wir haben in diesem Jahr schon öfter gesehen, dass es nicht nur um die Startposition geht", erinnert Rosberg korrekterweise. "Ich glaube fest daran, dass ich morgen noch eine große Chance auf den Sieg habe. Ich werde versuchen, mir Lewis auf dem Weg zur ersten Kurve zu schnappen. Falls das nicht klappen sollte, bietet die Strecke aber auch viele andere Überholmöglichkeiten", zeigt sich Rosberg selbstbewusst.

Gerade in Austin erlebte Rosberg im vergangenen Jahr den bisher wohl schlimmsten Moment seiner Laufbahn. Selbst von der Pole gestartet, drückte sich Lewis Hamilton in Kurve eins unsanft am Deutschen vorbei und schickte ihn neben die Strecke. Am Ende des Rennens war Hamilton Weltmeister, weil Rosberg zudem in Führung liegend einen bösen Fahrfehler produzierte. Ein umgekehrtes Deja-vu - zumindest am Start - würde Rosberg wohl besonders gut schmecken.

2015 kam es in Austin nach dem Start zur Berührung zwischen den beiden Mercedes-Piloten, Foto: Mercedes-AMG
2015 kam es in Austin nach dem Start zur Berührung zwischen den beiden Mercedes-Piloten, Foto: Mercedes-AMG

Herausforderung Mercedes-Kupplung

In den Blickpunkt gerät unweigerlich wieder die sensible Kupplung der Mercedes-Boliden. Toto Wolff stellt klar, dass dieses Bauteil in den letzten Wochen besondere Zuwendung erfuhr. "Die Ingenieure haben in den letzten Wochen einen großartigen Job gemacht, um es vorhersehbarer und ein bisschen besser zu machen", so Wolff, der jedoch betont, dass auch die Fahrer ihren Anteil haben.

"Das System ist, wie es ist, aber wir versuchen, es zu optimieren. Wir haben die Regeln letztes Jahr geändert, um die Stars unvorhersehbarer und variabler zu machen und genau das passiert. Es liegt an dem Fahrer, die Kupplung im besten Moment loszulassen. Unsere Kupplung ist vielleicht nicht am besten zu bedienen, und deshalb gibt es mehr schlechte Ergebnisse", erklärt der Mercedes-Motorsportchef.

Red Bull steht bereit

Neben den Herausforderungen der eigenen Technik lauert für Rosberg auch noch eine andere Gefahr. Red Bull präsentierte sich in der Rennsimulation am Freitag enorm stark und splittete in Q2 extra die Strategien, um am Sonntag einen Angriff starten zu können. "Red Bull wird sehr nah dran sein, ganz klar. Die probieren ja auch einiges mit der Strategie, die sind immer eine Gefahr", so Rosberg auf Nachfrage von Motorsport-Magazin.com.

Im WM-Kampf könnten gerade Daniel Ricciardo und Max Verstappen das Zünglein an der Waage sein. Rosberg reichen drei zweite sowie ein dritter Platz in den verbleibenden vier Rennen auf jeden Fall zum Titelgewinn. Angesichts der Mercedes-Dominanz eigentlich machbar. Doch mit einem Gegner wie Red Bull droht auch ganz schnell Platz vier. Gedankenspiele, die Rosberg verdrängt. "Über all diese Dinge denke ich nicht nach. Ich versuche einfach, das Rennen morgen zu gewinnen", so Rosberg. "Darauf lege ich meine Attacke, darauf liegt mein Fokus."