Die anwesenden Journalisten hatten es am Donnerstag im Fahrerlager von Austin nicht leicht mit Nico Rosberg. Welcher Druck auf ihm laste als WM-Favorit? "Darüber denke ich nicht nach. Ich schaue nur auf das nächste Rennen." Was passiere, sollte Hamilton erneut den US Grand Prix gewinnen? "Daran denke ich nicht. Ich will einfach das Rennen gewinnen." Wie er reagiere, sollte er im Rennen direkt hinter Hamilton fahren? "Ich denke nicht darüber nach. Das macht keinen Sinn."

Viele Fragen - wenige Aussagen. Ganz anders Mercedes-Teamkollege Lewis Hamilton, der sich den Medien erstmals seit seinem Presse-Boykott in Suzuka stellte. Wie er es verdauen würde, nach zuletzt zwei Weltmeisterschaften diesmal leer auszugehen?

Hamilton: "Ich versuche es wie ein Mann zu ertragen. Du kannst halt nicht alles gewinnen. Schau dir an, wer früher alles Weltmeisterschaften gewonnen und verloren hat... Das ist Teil des Spiels. Wenn es mal entschieden ist und so kommen sollte, dann feile ich eben an der Zukunft, am nächsten Jahr. Das Leben geht weiter."

Hamilton deutlicher Außenseiter

Hamiltons Chancen auf die erneute Titelverteidigung sind enorm gesunken. Bei nur noch vier ausstehenden Rennen führt Rosberg die Gesamtwertung mit 33 Punkten an. Hamilton kann den Titel schon nicht mehr aus eigener Kraft holen, Rosberg fährt seit Wochen in überragender Manier - alles andere als der erste WM-Triumph wäre eine kleine Sensation. Auch, wenn Rosberg selbst daran keinen Gedanken verschwenden will. "Es kostet nur Energie, wenn man an etwas denkt, was noch weit entfernt ist", sagte er lediglich.

Der US Grand Prix könnte die Vorentscheidung bringen. Ausgerechnet Austin! Hamiltons Paradestrecke, wo er seit 2012 dreimal gewinnen konnte. Der Ort, an dem Rosberg im vergangenen Jahr vorzeitig den Titel abhaken musste. Nach einem kuriosen Dreher, der ihn Führung und Sieg kostete. "Austin letztes Jahr war kein schönes Erlebnis für mich", sagte Rosberg gegenüber Motorsport-Magazin.com. "Danach habe ich mir viele Gedanken gemacht und dann sieben Rennen in Folge gewonnen. Da habe ich was auf den Weg mitgenommen."

Hamilton-Hund Coco wird durchs Fahrerlager getragen - mit rot lackierten Krallen..., Foto: Sutton
Hamilton-Hund Coco wird durchs Fahrerlager getragen - mit rot lackierten Krallen..., Foto: Sutton

Austin 2015 hat Rosberg verändert

Die US-Klatsche habe ihn verändert, räumte Rosberg ein. "Mit Sicherheit. Ich versuche immer aus den schwierigen Momenten zu lernen und mich zu steigern. Das ist mir eigentlich in letzter Zeit gut gelungen. Da bin ich auch sehr stolz drauf, dass ich es immer wieder schaffe, noch stärker zurückzukommen aus schwierigen Zeiten." Beeindruckend: Mit Ausnahme von Ricciardos Malaysia-Sieg hat Rosberg jedes Rennen nach der Sommerpause gewonnen.

Und das auch auf Strecken wie Suzuka, wo er zuvor noch nie einen Sieg hatte einfahren können. Der Circuit of the Americas ist die einzige Strecke in der restlichen Saison, auf der Rosberg noch nicht gewinnen konnte. Ein Nachteil im WM-Zweikampf? "Wir haben dieses Jahr so oft gesehen, dass das nicht wichtig ist", sagte der Spitzenreiter. "Mit dem Auto, das ich jetzt habe, kann ich auf jeder Strecke gegen Lewis gewinnen."

Der Titel ist fats verloren, aber immerhin hat Hamilton noch seine Hunde, Foto: Sutton
Der Titel ist fats verloren, aber immerhin hat Hamilton noch seine Hunde, Foto: Sutton

Hamilton: Es kommen wieder bessere Zeiten

Das bekam der ewige Dauerrivale in diesem Jahr deutlich zu spüren. Sein letzter Sieg liegt fast zwei Monate zurück, damals bei Rosbergs Heimrennen in Hockenheim. Seitdem dominiert der Deutsche das Geschehen. "Ehrlich gesagt, schaue ich nicht zurück", meinte Hamilton. "Dazu gibt es keinen Grund. Ich blicke nur nach vorn. Es stehen noch vier Rennen aus, aber hoffentlich habe ich in meiner Karriere noch genügend Zeit für bessere Tage. Mir ist klar, dass du nicht immer nur tolle Rennen haben kannst. Niemand ist perfekt."

Immerhin: Körperlich erfreut sich Hamilton wieder bester Gesundheit. Wegen Schmerzen in beiden Füßen hatte er den Pirelli-Test zuletzt in Barcelona sausen lassen. Der Start in Austin sei aber zu keinem Zeitpunkt in Gefahr gewesen. In Austin erklärte der Noch-Weltmeister: "Ich bin bei 100 Prozent und fühle mich fit. Ich hatte eine Verletzung, die ich schon das ganze Jahr über mitgeschleppt habe, in beiden Füßen. Das wurde durchs Laufen ausgelöst. Leider hat der Physio gesagt, dass es über einen längeren Zeitraum heilt. Das hier ist jetzt die erste Woche, in der er sich wieder gut anfühlt."