In der Formel 1 kann jedes Detail entscheidend sein. Selbst kleinste aerodynamische Veränderungen können einen massiven Vorteil bringen - oder eben auch nicht. Rechnete sich Ferrari dank einiger neuer Teile für den Großen Preis von Malaysia noch Großes aus, wurden sie ausgerechnet auf jener Strecke, auf der sie 2015 gewonnen haben, bitter enttäuscht. Red Bull war deutlich besser unterwegs, Mercedes sowieso. Umso überraschender war dann die Trendwende: Nur eine Woche später war der SF16-H in Suzuka das zweitschnellste Auto im Feld.

"Die neuen Teile waren ein guter Fortschritt, Kimi und ich mochten sie auf Anhieb", fasst Sebastian Vettel zusammen. Zu den Neuerungen zählen unter anderem neue Luftabweiser, Flügelchen und Frontflügelaufhängungen. "Das gab uns in Japan eine recht gute Performance", so Vettel. In Sepang versagten die Teile jedoch. "Einige Rennen waren stärker, andere nicht so stark wie erhofft", fügt Kimi Räikkönen an. "Aber wir machen anscheinend etwas richtig, wenn es bergauf geht."

Gleichzeitig weiß aber auch er, dass noch viel Arbeit vor ihm und seinem Team liegt. "Es gibt viele kleine Dinge und Details, an denen wir an der Strecke arbeiten. Das zahlt sich jetzt aus", sagt Räikkönen. "Es hört aber nie auf. Wir waren mit Suzuka zufrieden, aber wir sind nie zu 100% glücklich, wenn wir nicht ganz vorne stehen. Eine Woche zuvor waren wir in Malaysia weniger glücklich. Dort haben wir nicht die Ergebnisse geholt, die wir uns vorgestellt hatten."

Performance-Boost in Japan - auch in Austin?

Ferrari war in Japan schneller als Red Bull, Foto: Red Bull
Ferrari war in Japan schneller als Red Bull, Foto: Red Bull

Der Kurs in Japan gilt als Härtetest für die Autos. "Suzuka ist eine anspruchsvolle Strecke", bestätigt Räikkönen im Gespräch mit Motorsport-Magazin.com. "Es ist sicher eine der härtesten Strecke, um schnell zu sein. Wenn man nur das ansieht, könnte man meinen, dass wir überall schnell sein müssten. Aber das ist nicht der Fall." Vettel sieht das Auf und Ab von Malaysia und Japan binnen einer Woche deshalb als gute Zusammenfassung der gesamten Ferrari-Saison an.

"Nichtsdestotrotz ist es am wichtigsten, dass wir kämpfen", betont der Deutsche. "Wir müssen unser Bestes geben und das hätte in Japan besser ausfallen können." Daran möchte Vettel in Austin anknüpfen. "Der erste Sektor hat viele schnelle Kurven, der letzte ist etwas langsamer, aber insgesamt gibt es auf gewisse Weise einige Ähnlichkeiten mit Suzuka."

Zudem könne das Team auch viel für das kommende Jahr und das neue Auto lernen - obwohl sich die Aerodynamikregeln stark verändern. "Wir sind nicht die einzigen, die noch neue Teile bringen", betont Vettel. "Wenn man nicht mehr um den Titel kämpft, konzentriert man sich um diese Jahreszeit natürlich auf nächstes Jahr, erst Recht angesichts der Regeländerungen." Vettel sieht in den verbleibenden vier Rennen trotzdem noch viel Potential, um einerseits Erfolgserlebnisse einzufahren und andererseits wertvolle Erfahrungen zu sammeln.

Ferraris Achillesferse 2016: Strategien und technische Probleme

Der Ferrari muss zu oft geschoben werden, Foto: Sutton
Der Ferrari muss zu oft geschoben werden, Foto: Sutton

Aber selbst wenn der SF16-H an einem Rennwochenende schnell war, bedeutete dies noch lange nicht, dass Räikkönen und Vettel dies auch auf der Strecke in ein gutes Ergebnis umsetzen konnten. Die Schuld dafür lag aber selten bei den Fahrern selbst. Die Technik und die teils fragwürdigen taktischen Entscheidungen am Kommandostand machten ein ums andere Mal einen Strich durch die rote Rechnung.

Nicht weniger als sechs Mal musste an den beiden Ferrari-Boliden bislang in dieser Saison ein Getriebe getauscht werden - die Folge waren sechs Strafversetzungen. Im Schnitt gab es an jedem dritten Wochenende ein Getriebeproblem, in vier der sechs Fälle war Sebastian Vettel der Leidtragende. "Wir hatten einige Probleme, die uns Ergebnisse gekostet haben", bestätigt Räikkönen, der zuletzt in Suzuka wegen eines Getriebewechsels um fünf Plätze zurückversetzt wurde.

Der Finne nimmt sein Team jedoch in Schutz. Schließlich gehören technische Probleme schon seitjeher zum Motorsport dazu. "Manchmal macht man Fehler, mal passiert so etwas", betont Räikkönen. "Leider hat man manchmal die Probleme zu einem schlechten Zeitpunkt." Räikkönen macht jedoch in diesem Bereich seit Saisonbeginn Verbesserungen aus. "Aber wir haben noch einige Dinge, die wir beheben und verbessern müssen. Es hilft nicht, wenn du eine Strafe bekommst. Aber damit müssen wir leben."

Das Getriebe: Ferraris Leidensgeschichte 2016

RennenFahrerQualifyingStartaufstellungRennplatzierung
RusslandVettel27Ausfall
MonacoRäikkönen611Ausfall
ÖsterreichVettel49Ausfall
GroßbritannienVettel611 9
SingapurVettel2222 5
JapanRäikkönen38 5

Ferrari-Strategien: Zu oft daneben

Ein weiteres Problemfeld der Scuderia sind die Strategien. Nicht erst seit diesem Jahr fallen die Italiener in den Rennen mit teilweise katastrophalen Fehlentscheidungen bei der Boxenstoppstrategie auf. Solche kosteten Ferrari in Singapur bei Räikkönen und zuletzt in Suzuka bei Vettel die Chance auf Podestplätze.

"Jedes Team will perfekte Entscheidungen treffen", nimmt Räikkönen seine Strategen in Schutz. "Manchmal klappt es, manchmal eben nicht." Für ein nach Perfektionismus strebendes Formel-1-Team ist dieser Ansatz natürlich nicht befriedigend. Dennoch nennt der Iceman ein treffendes Argument: "Beim letzten Rennen habe ich Plätze gutgemacht, da haben wir gut gearbeitet."

Gleichzeitig verpatzte Ferrari jedoch Vettels Strategie. "Hinterher ist es aber immer einfach, zu sagen, man hätte dies oder jenes anders machen sollen", erhebt Räikkönen Widerspruch. "Die Entscheidungen müssen im Rennen sehr schnell getroffen werden, man muss auf so viele Dinge reagieren, die das Ergebnis beeinflussen können. Manchmal könnten wir dabei besser sein, aber jeder im Team weiß, dass man mal Fehler macht - als Fahrer, aber auch als Teammitglied. Daraus kann man lernen."

Fahrer Start 1. Stopp 2. Stopp
Verstappen Soft Hard (Runde 10) Hard (Runde 28)
Hamilton Soft Hard (Runde 13) Hard gebraucht (Runde 33)
Vettel Soft Hard (Runde 12) Soft (Runde 34)

In Japan verpasste Ferrari den richtigen Zeitpunkt, um im Kampf um Platz zwei mittels eines Undercuts (also eines früheren Boxenstopps) an Max Verstappen vorbeizugehen. Dabei zog Ferrari nicht nur zweimal den Kürzeren gegen Red Bull, sondern verlor auch den von hinten heranstürmenden Lewis Hamilton aus den Augen, der Vettel den dritten Platz wegschnappte.

"Hinterher ist man immer schlauer", sagt der Betroffene. "Ich glaube, dass wir uns in diesem Moment nicht viel auf Lewis konzentriert haben. Unser Hauptaugenmerk lag darauf, den zweiten Platz von Max zu bekommen." Deshalb habe das Team etwas anderes versucht. "Das hätte funktionieren können - und dann stehst du als Held da. In diesem Fall ging es leider nicht auf. Aber damit können wir leben." Sie müssen es sogar. Damit fährt die Scuderia weiter seit ihrem Heimrennen in Monza Anfang September einem Podestplatz hinterher. Der Druck wird dadurch sicher nicht geringer.