Schlechtester oder zweitschlechtester Konstrukteur? Für Manor und Sauber eine (fast schon) überlebenswichtige Frage anno 2016. Deutlich mehr als 40 Millionen Euro dürfte der Unterschied betragen, wenn die Preisgelder für die Formel-1-Saison 2016 an die Teams ausgeschüttet werden. Und dabei geht es eben gnadenlos nach Platzierung in der Konstrukteurswertung.

Sauber läuft im Duell mit Manor die Zeit davon

Noch immer hat Manor dank Pascal Wehrleins Punkt aus Österreich die Nasenspitze hauchdünn vorne. Sauber hingegen steuert nach vier zwölften Plätzen als bislang beste Saisonresultate gefühlt unaufhaltsam auf die zweite Saison der Teamgeschichte ohne Punkte zu, die zweite binnen drei Jahren. Denn allmählich geht den Schweizern die Zeit aus. Nur vier Rennen bleiben, um Manor noch abzufangen.

Doch würde dazu aktuell nur ein zehnter Platz reichen: Abgesehen von dem einen Manor-Punkt weist Sauber die klar besseren Einzelresultate auf. Noch dazu hat der Rennstall nach völliger Update-Flaute vor der Sommerpause inzwischen nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die personelle und sportliche Lage wieder besser im Griff. Allerdings erzielten die endlich eingeführten Upgrades bislang nicht den gewünschten Effekt, wieder auf die so wichtigen Punkteränge schielen zu können.

Beste Rennplatzierungen 2016

RennenManorSauber
Australien1615
Bahrain1312
China1816
Russland1814
Spanien1612
Monaco14Ausfall
Kanada1715
Aserbaidschan1812
Österreich1013
GroßbritannienAusfall15
Ungarn1917
Deutschland1718
Belgien1617
Italien1816
Singapur1613
Malaysia1512
Japan2115

Sauber-Upgrades reichen nicht für Top-10

"Wir hatten uns erhofft in Reichweite des Mittelfelds zu kommen. Aktuell sieht es aber nicht danach aus", haderte Marcus Ericsson in Malaysia. "Aber wir machen Schritte in die richtige Richtung, auch wenn diese Schritte nicht so groß sind wie erhofft", ergänzte der Schwede. "Das gesamte Update-Paket läuft noch nicht." Angesichts der vielen neuen Mitarbeiter im Team sei er allerdings optimistisch, dass sich dieser Fakt bald ändern werde.

Doch auch beim folgenden Japan GP herrschte Ernüchterung. P18 und P19 im Qualifying, P15 und P19 im Rennen. Damit lag Sauber - wie angesichts des Layouts erwartet - zwar klar vor Manor, doch fehlte von einer Chance auf Punkte jede Spur. "Nach wie vor gilt, dass wir punkto Renntempo besser werden müssen, damit wir um Punkte kämpfen können", polterte Ericcson. Man könne nicht zufrieden sein. "Ein enttäuschendes Rennen für mich, nachdem bereits das komplette Wochenende schwierig gewesen war", bestätigte Stallrivale Felipe Nasr. Auch das Qualifying sei sehr ernüchternd gelaufen.

Wehrlein und Ocon bangen: Kaum noch Manor-Strecken

Nun also das Saisonfinish in den USA, Mexiko, Brasilien und Abu Dhabi. Mindestens einmal wird Sauber das entscheidende Quantum Rennglück, ob nun durch widrige Umstände, Ausfälle oder ähnliches, brauchen. Aber nicht nur Glück allein. Vor Manor sollte man aus eigener Kraft schon bleiben, damit aus Schweizer Sicht im möglichen Chaos nicht das falsche Team absahnt. Die gute Nachricht für Hinwil: Genau das bereitet Manor gerade große Sorgen.

"Die einzige Strecke, die uns jetzt noch entgegenkommen könnte, ist Mexiko", fürchtet Wehrlein. "Da gibt es eine wirklich lange Gerade und mit unserem Mercedes-Motor brauchen wir einfach lange Geraden wie in Spa, Monza, Spielberg oder eben Mexiko", erklärt Wehrlein. Doch selbst das Autodromo Hermanos Rodriguez sei keine ideale Strecke. "Selbst da gibt es schon noch viele Kurven", ergänzt Wehrlein.

Ähnlich sieht das Teamkollege Esteban Ocon. "Sao Paulo wird schwierig sein, Austin sehr hart werden", fürchtet der Franzose. "Aber wir waren in Suzuka auch immerhin nah dran an Sauber, im Quali nur eine Zehntel dahinter und da hatte ich noch einen Fehler drin. Also könnten wir sie schlagen", ergänzt Ocon. "Ich denke, dass wir aber eher in Abu Dhabi und Mexiko stark sein und unser Potential zeigen können. Wir haben das Auto in den letzten zwei Rennen verbessert. Das Team hat da einen echt guten Job gemacht, wir haben uns Schrit für Schritt entwickelt", sagt Ocon.

In Monza gingen Manor mögliche Punkte durch die Lappen, Foto: Sutton
In Monza gingen Manor mögliche Punkte durch die Lappen, Foto: Sutton

Größer Manor-Ärger über Monza und Spa

Im Fall des Wüstenrennens erhebt Pascal Wehrlein Einspruch: "Nein, momentan rechnen wir nicht damit, dass wir in Abu Dhabi superschnell sein werden, weil es dort viele Kurven gibt und jetzt auch nicht mehr entwickelt wird, sondern die Konzentration schon auf dem nächsten Jahr liegt", sagt Wehrlein. Immerhin sei die Regelrevolution 2017 für Manor die Chance schlechthin, einmal einen richtig großen Satz nach vorne zu machen.

Dafür braucht es jedoch vor allem eines: Viel Geld für die Entwicklungsarbeit. Und das bekommt Manor eben besonders schnell, wenn es beim aktuellen zehnten Konstrukteursrang bleibt. "Mit mehr Preisgeld können wir mehr Leute holen, mehr in die Entwicklung stecken und einfach ein besseres Auto haben. Deshalb ist unser Hauptziel schon, dieses Jahr gut abzuschließen und vor Sauber zu bleiben", sagt Wehrlein. Doch das werde eben nicht einfach. "Die haben seit der Sommerpause einen Schritt nach vorne gemacht", sagt der Deutsche.

Umso bitterer für Manor, dass die beiden größten Chancen des Jahres ungenutzt blieben. Sowohl in Spa als auch Monza - beides ultimative Powerpisten - blieben sowohl Wehrlein als auch Ocon ohne Zählbares. "Das waren schon die Strecken, auf die wir gehofft hatten ...", trauert Wehrlein den verpassten Chancen nach.

"Wir haben die besten Gelegenheiten ausgelassen. In Spa und Monza haben wir zu viele Fehler gemacht, auch Zuverlässigkeitsprobleme. Ich habe es einmal in der Quali nicht zusammengebracht und bei Pascal ist im Rennen das Auto kaputt gegangen. Da hätten wir viele Punkte holen können, denn unsere Pace war stark", klagt auch Ocon. Noch dazu seien die beiden Rennen seine ersten F1-Wochenenden überhaupt gewesen. "Die beiden würde ich deshalb gerne ans Ende der Saison stellen", sagt Ocon. "Dann wären wir richtig stark."

Als Rookie muss sich Pascal Wehrlein auf vielen Strecken erst ans Limit tasten, Foto: Sutton
Als Rookie muss sich Pascal Wehrlein auf vielen Strecken erst ans Limit tasten, Foto: Sutton

Neue Strecken machen Rookies das Leben schwer

Doch nun müssen Wehrlein und Ocon mit dem gegebenen Restprogramm leben. Noch dazu ein ziemlich unbekanntes für die Manor-Youngster. "Es waren schon viele neue Strecken dieses Jahr dabei und jetzt kommen nochmal drei neue Strecken für mich", berichtet Wehrlein. "Das erste Training ist da immer ein Kompromiss. Da kann man nicht so viel am Setup arbeiten, wie man möchte, weil ich erst einmal meine Referenzpunkte auf der Strecke brauche. Erst wenn ich die und das Vertrauen habe, kann man mit dem Setup anfangen. Sonst verliert man sich", beschreibt Wehrlein die Schwierigkeiten des Rookie-Daseins.

Sauber hingegen muss sich mit derlei Sorgen nicht herumplagen, Nasr und Ericsson fahren bereits ihre zweite bzw. dritte Saison. Entscheidet am Ende dieser Erfahrungsvorsprung in Kombination mit den für Manor problematischen Strecken des Finales das Millionen-Duell? Wehrlein wiegelt ab: "Mal sehen. Es ist bei uns auch immer ein bisschen eine Überraschung, wie die Performance an einem Wochenende aussieht!" Werden es vier böse Überraschungen, dürfte der Ärger über Monza und Spa nicht das letzte Mal verbalisiert worden sein.