Ursprünglich wollte Ferrari 2016 in einer Liga mit Mercedes spielen, doch vier Rennen vor Saisonende stehen die Italiener in der Konstrukteurswertung nur auf dem dritten Platz. Auf Mercedes fehlen 258 Punkte, auf Red Bull sind es 50 Zähler. Die Liste der Unzulänglichkeiten in den Reihen der Scuderia ist lang: Kollisionen, Reifenschäden und Fehlentscheidungen am Kommandostand haben mögliche Top-Ergebnisse gekostet. Hinzu kommt die mangelnde Zuverlässigkeit des SF16-H, die sich wie ein roter Faden durch die Saison zieht und schon einige Rennen gekostet hat, bevor diese überhaupt gestartet wurden. Vor allem das Getriebe hat sich bei Ferrari als großer Schwachpunkt erwiesen.

Normalerweise muss dieses Bauteil sechs Rennwochenenden halten, bevor ein straffreier Austausch durchgeführt werden darf. Sechs Strafversetzungen á fünf Positionen mussten Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen bei bisher 17 Rennen aufgrund von Getriebewechseln jedoch bereits hinnehmen. Oder anders ausgedrückt: Im Schnitt musste an jedem dritten Rennwochenende bei einem der beiden Ferrari-Fahrer die schwächelnde Komponente ausgetauscht werden. Doch es traf längst nicht nur die Werksfahrer: Auch beim Kundenteam Haas musste bereits mehrfach das von Ferrari gelieferte Teil gewechselt werden. Motorsport-Magazin.com wirft einen Blick auf die Leidensgeschichte des italienischen Getriebes.

Das Getriebe: Ferraris Leidensgeschichte 2016

RennenFahrerQualifyingStartaufstellungRennplatzierung
RusslandVettel27Ausfall
MonacoRäikkönen611Ausfall
ÖsterreichVettel49Ausfall
GroßbritannienVettel611 9
SingapurVettel2222 5
JapanRäikkönen38 5

Russland - Vettel mit China-Nachwehen

Vettel musste in Russland die Nachwehen der China-Kollision hinnehmen, Foto: Sutton
Vettel musste in Russland die Nachwehen der China-Kollision hinnehmen, Foto: Sutton

Nachdem Räikkönen und Vettel in Australien beziehungsweise Bahrain aufgrund von Motorschäden nicht die Zielflagge sahen, musste am vierten Rennwochenende der Saison in Sochi erstmals das Getriebe im Heck von Vettels SF16-H gewechselt werden. Grund dafür war allerdings kein technisches Gebrechen, sondern die Startkollision von Vettel und Räikkönen in Shanghai. Ferrari ließ Vettel zwar in den Trainings am Freitag mit dem Getriebe fahren, tauschte es dann allerdings aus, da die Ingenieure dem Teil nicht mehr über den Weg trauten.

Monaco - Bittere Pille für Räikkönen

Die Strafversetzung in Monaco traf Räikkönen besonders hart, Foto: Sutton
Die Strafversetzung in Monaco traf Räikkönen besonders hart, Foto: Sutton

Den ersten Getriebewechsel aufgrund eines technischen Defektes musste ein Rennwochenende nach Russland Kimi Räikkönen hinnehmen. Ausgerechnet im Leitplankenkanal von Monaco machte das Getriebe im 3. Freien Training Ärger und wurde in der Folge vor dem Zeittraining gewechselt. Für den Finnen bedeutete dies den undankbaren elften Startplatz für das Rennen im Fürstentum.

Österreich - Fragmente im Getriebeöl

Vettels Getriebe aus Baku musste in Österreich ausgemustert werden, Foto: Sutton
Vettels Getriebe aus Baku musste in Österreich ausgemustert werden, Foto: Sutton

Beim neunten Saisonrennen in Österreich durfte Sebastian Vettel seine Strafversetzung noch vor dem ersten Training in Empfang nehmen. Sein Getriebe hatte zwei Wochen zuvor auf dem Straßenkurs von Baku offenbar derart gelitten, dass sich Ferrari Bedenken hinsichtlich der Zuverlässigkeit häuften. Dem Defekt auf die Schliche kamen die Ingenieure bereits im Werk in Maranello, als bei einer Analyse des Getriebes Mikro-Bruchteile im Getriebeöl gefunden wurden. Die Italiener wollten angesichts dessen kein Risiko eingehen und tauschten das Bauteil vorsorglich aus.

Großbritannien - Vettel funkt Mayday

In Silverstone machte Vettels Getriebe gleich doppelt Ärger, Foto: Sutton
In Silverstone machte Vettels Getriebe gleich doppelt Ärger, Foto: Sutton

Das bei Vettel am Red Bull Ring frisch eingebaute Getriebe hielt nicht einmal eine Woche lang. Schon im 1. Freien Training in Silverstone meldete der Deutsche ein Problem, welches jedoch noch keinen Wechsel nach sich zog. In der Trainingssession am Samstagvormittag funkte Vettel dann an seine Crew. "Ich glaube, das Getriebe tut's schon wieder nicht mehr." Zum Qualifying bekam der viermalige Weltmeister zum dritten Mal in der Saison ein neues Getriebe verpasst. Die Defekte in Silverstone waren laut ihm jedoch ein Novum: "Ich wollte hochschalten, aber der Gang ließ sich nicht einlegen. Das war etwas Neues. Etwas, das uns zuvor noch nicht passiert ist." Der neuerliche Defekt strapazierte die Geduld von Ferraris Speerspitze jedoch. "Der Preis ist hoch. Es ist etwas, das wir in Ordnung bringen müssen", so Vettel damals.

Singapur - Vettel bekommt das Komplett-Paket

Nach dem Katastrophen-Qualifying tauschte Ferrari in Singapur auch Vettels Getriebe, Foto: Sutton
Nach dem Katastrophen-Qualifying tauschte Ferrari in Singapur auch Vettels Getriebe, Foto: Sutton

Am 15. Rennwochenende der Saison in Singapur erlebte Vettel ein desaströses Qualifying - ausnahmsweise aber nicht wegen des Getriebes. Aufgrund eines Defekts an der Hinterachse kam er nur auf den letzten Platz. Ferrari nutzte die Chance und tauschte einige Komponenten der Power Unit sowie zum wiederholten Male das Getriebe. Auch nach drei Vierteln der Saison schien die Scuderia immer noch nicht das nötige Vertrauen in das Bauteil zu haben.

Japan - Rückschlag für Räikkönen

Räikkönen kam in Suzuka nicht in den Genuss seines dritten Startplatzes, Foto: Sutton
Räikkönen kam in Suzuka nicht in den Genuss seines dritten Startplatzes, Foto: Sutton

In Suzuka qualifizierte sich Ferrari seit langem erstmals wieder als zweite Kraft hinter dem Mercedes-Duo. Doch über das Ergebnis des Zeittrainings durften sich Vettel und Räikkönen nicht freuen. Vettel hatte nach der Startkollision mit Rosberg eine Strafversetzung von drei Positionen aus Sepang mitgebracht, und Räikkönen wurde sein dritter Startplatz wenige Stunden vor dem Rennstart entrissen. Ferrari tauschte in der Nacht vor dem Rennen das Getriebe des Finnen, der daraufhin als Achter in den Grand Prix von Japan gehen musste.