Die Formel 1 wird wieder jünger. Nachdem in den letzten Jahren mehrheitlich routinierte Fahrer in der Königsklasse vertreten waren, kommt es nun zusehends zu einer Blutauffrischung. Mit Max Verstappen (18), Pascal Wehrlein (21) und Esteban Ocon (20) gibt es neben den Toro-Rosso-Youngsters Carlos Sainz (22) und Daniil Kvyat (22) drei weitere Piloten, die dem Teenager-Alter gerade erst entwachsen sind oder sogar noch mittendrin stecken.

Stroll so gut wie fix bei Williams

Doch damit nicht genug, denn an die Tür zur Formel 1 klopfen weitere Jungspunde. Neben dem 24-jährigen Stoffel Vandoorne, der seinen Platz bei McLaren bereits sicher hat, ist hier allen voran Lance Stroll zu nennen. Der 17-jährige Kanadier, der sich am Wochenende in Imola vorzeitig zum Formel-3-Europameister krönte, wird aller Voraussicht nach Felipe Massa bei Williams beerben.

"Ich denke, dass die Formel 3 sich auf einem sehr hohen Level befindet. Sie steht nur eine Stufe unter der GP2. Unsere Autos verfügen bereits über eine Menge Downforce - aber natürlich nicht so viel Power wie ein F1-Auto. Das Wettbewerbs-Niveau ist auch sehr hoch. Deshalb, ja: Ich habe das Gefühl, dazu bereit zu sein", sagte Stroll Anfang September im Interview mit Motorsport-Magazin.com.

Bereits damals stand der Kanadier bei Williams hoch im Kurs, und mittlerweile haben sich die Anzeichen weiter verdichtet, dass er denselben Weg wie Max Verstappen beschreiten und den direkten Sprung von der Formel 3 in die Formel 1 schaffen wird. Das Williams-Team kennt der Teenager ohnehin bereits bestens aus seiner Rolle als Simulatorfahrer, zudem wohnt er regelmäßig Besprechungen der F1-Crew bei und bestreitet seit August Ausfahrten mit einem 2014er-Boliden, um sich auf mögliche Einsätze vorzubereiten.

Lance Stroll ist neue Formel-3-Europameister, Foto: FIA F3
Lance Stroll ist neue Formel-3-Europameister, Foto: FIA F3

Unterstützt wird Stroll von seinem Vater Lawrence, der es in der Modeindustrie zum Milliardär gebracht hat und Teile seines Vermögens nun dazu einsetzt, seinem Sohn eine Rennfahrerkarriere auf höchstem Niveau zu ermöglichen. Dass Williams zusätzlichen Einnahmen nicht abgeneigt gegenübersteht, ist kein Geheimnis, erst recht nicht, wenn der gesponserte Fahrer hochtalentiert ist, wie es bei Lance Stroll der Fall ist.

Den Vergleich mit Verstappen will Stroll trotz einiger augenscheinlicher Parallelen dennoch nicht gezogen sehen. "Es ist gut für den Motorsport und die Formel 1, dass junge Fahrer zeigen, dass sie dazu in der Lage sind. Gleichzeitig möchte ich mich mit niemandem vergleichen, weil alle in unterschiedlichen Situationen sind", sagt er. "Aber: Wenn du gut vorbereitet bist und das nötige Talent besitzt - dann sehe ich kein Problem, warum man das nicht auch in jungem Alter machen sollte."

Leclerc auf den Spuren von Bianchi und Perez

Ein weiterer junger Mann, der an die Pforte zur Formel 1 klopft - wenn auch nicht ganz so laut wie Stroll -, ist Charles Leclerc. Der 18-jährige Monegasse stammt aus der Ferrari Driver Academy und ist momentan höchst erfolgreich in der GP3 am Start. Zwei Rennen vor dem Saisonende führt Leclerc das Nachwuchschampionat überlegen an und wird sich den Titel kaum noch nehmen lassen.

Neben seinem Engagement in der GP3 hat der Teenager aber auch bereits enge Kontakte zur Formel 1 geknüpft. So durfte Leclerc im Juli in Silverstone einen Testtag für Ferrari absolvieren und nahm für das Haas-Team, bei dem er offiziell als Entwicklungsfahrer unter Vertrag steht, bislang an drei Freitagstrainings teil.

"Ich erkenne, dass er ein sehr talentierter Junge ist", lobt Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene den Monegassen in höchsten Tönen, fordert gleichzeitig aber auch Geduld ein. "Für einen talentierten Kerl wie Charles ist es wichtig, ruhig zu bleiben und nicht durchzudrehen", weiß Arrivabene.

Charles Leclerc stammt aus dem Ferrari-Nachwuchs, Foto: Sutton
Charles Leclerc stammt aus dem Ferrari-Nachwuchs, Foto: Sutton

Ein wenig Geduld wird Leclerc in der Tat noch benötigen, denn 2017 wird er höchstwahrscheinlich nicht in der Formel 1 antreten. "In der Position, in der wir uns befinden, ist er zu unerfahren", betont Haas-Teamchef Günther Steiner und führt weiter aus: "Ich würde nicht sagen, zu jung, denn Max Verstappen macht einen guten Job, und wir respektieren sehr, was Charles im Freien Training leistet - er ist sofort auf Speed. Aber wir brauchen jemanden, der Punkte machen kann. Wir müssen das Team trainieren und nicht die Fahrer."

Leclercs große Stunde, der Aufstieg in die Formel 1, könnte 2018 schlagen, wenn er selbst mehr Erfahrung gesammelt hat und Haas-Pilot Romain Grosjean womöglich die Nachfolge von Kimi Räikkönen bei Ferrari antritt. Damit würde der Monegasse in die Fußstapfen von Jules Bianchi und Sergio Perez treten, die einst ebenfalls aus der Ferrari-Nachwuchsschmiede den Sprung in die Königsklasse schafften.

Bis dahin ist es aber noch ein weiter Weg. Und so wird sich Leclerc weiterhin mit Erfolgen in Nachwuchsrennserien und guten Leistungen im Formel-1-Training empfehlen müssen. Die Chance dazu hat er noch zwei Mal in diesem Jahr - in Brasilien und Abu Dhabi wird er am Freitag wieder das Haas-Cockpit übernehmen.