Boom! So geht Befreiungsschlag. Mit seinem Sieg beim Malaysia GP am vergangenen Sonntag ist Daniel Ricciardo endlich final der ersehnte Sprung aus dem Schatten seines zuletzt so gehypten Teamkollegen gelungen.

Rückblick: Teamaufsteiger und Shootingsstar Max Verstappen überstrahlte zur Saisonmitte selbst das ewige Lachen des Honeybadgers, fuhr - teils an der Grenze zur Legalität - groß auf. Ricciardo indessen schien insbesondere wegen Monaco (Boxenstopp-Fauxpas Red Bulls) und Barcelona (Strategie-Pech bei gleichzeitigem Sieg des Teamkollegen direkt beim RBR-Einstand) das Dauergrinsen allmählich schon verloren gegangen.

"Glück ist etwas, das nicht wirklich existiert. Aber Pech kann mit der richtigen Vorbereitung auch verhindert werden. Wenn ich mich bestmöglich vorbereite und das Team auch, dann sollten wir uns nicht auf Glück verlassen müssen. Ich glaube, man kann Glück erzwingen", sagte Ricciardo noch unmittelbar nach der Sommerpause in einem exklusiven Interview mit Motorsport-Magazin.com.

Statistik-Check: Ricciardo Verstappen seit Ungarn weit überlegen

Gesagt, getan. Gut einen Monat und vier Rennen später ist Ricciardo vollkommen zurück. Auf zwei Podien in Budapest und Hockenheim schon vor der Sommerpause lässt der Australier gleich in Spa das nächste folgen. In Monza punktet Ricciardo ebenfalls zweistellig, erzielt erneut mehr Punkte als Verstappen. Zum fünften Mal in Folge gelingt das zwei Wochen später in Singapur. Diesmal schrammt Ricciardo sogar nur hauchdünn am Sieg vorbei. Doch genau den braucht es, um wirklich komplett aus dem Ver-Schatten zu treten.

Und soweit ist es eine weitere Woche später: Sepang bringt dem Honeybadger endlich die Erlösung. Erster Saisonsieg und damit der Ausgleich im teaminternen Duell. Alle anderen Statistiken führt Ricciardo ob seiner jüngsten Superform inzwischen ohnehin deutlich vor Verstappen an. Innerhalb der letzten sechs Rennen hat Ricciardo fast doppelt so gut gepunktet wie Verstappen (104:57), der vor allem durch schlechte Starts, aber auch überzogene Manöver einige Zähler liegen ließ. Auf alle Rennen als Teamkollegen gesehen liegt Ricciardo damit inzwischen ebenfalls um 34 Zähler vorne.

Starker Verstappen pusht Ricciardo zur Überform

Doch woher rührt diese rasante Trendwende? Ein Grund ist augenscheinlich Verstappen selbst. "Wir pushen uns beide gegenseitig auf ein anderes Level", berichtete Ricciardo in dem Interview mit Motorsport-Magazin.com. "Ich musste auch nachlegen", bestätigt jetzt Verstappen. "Als Max gekommen ist, dachte ich, ich würde schon am Limit fahren, aber da war immer noch ein bisschen mehr. Und genau das hilft jetzt dem Team", ergänzt Ricciardo.

"Wir teilen alles und auch das bringt die Performance", sagt Verstappen. "Ohne es zu wissen, das wir es haben, haben wir also beide noch ein bisschen mehr gefunden", resümiert Ricciardo. Tatsächlich hat Red Bull so und besonders durch den Sepang-Doppelsieg Ferrari in der Konstrukteurswertung inzwischen recht deutlich distanziert.

Formtabelle: Spanien GP - Malaysia GP 2016

PositionFahrerTeamPunkte
1.Lewis HamiltonMercedes208
2.Nico RosbergMercedes188
3.Daniel RicciardoRed Bull168
4.Max VerstappenRed Bull134
5.Sebastian VettelFerrari120

Formtabelle: Ungarn GP - Malaysia GP 2016

PositionFahrerTeamPunkte
1.Nico RosbergMercedes120
2.Daniel RicciardoRed Bull104
3.Lewis HamiltonMercedes98
4.Max VerstappenRed Bull57
5.Sebastian VettelFerrari55

Ricciardo: Rennsieg krönt Teamduell-Sieg gegen Verstappen

Mehr als jeder Trend und Sieg im teaminternen Duell jedoch zählen für Rennfahrer jedoch Rennsiege. Genau hier haperte es bei Ricciardo trotz der jüngsten Galaform. Bis Sepang eben. Und dort vereinte Ricciardo zu allem Überfluss auch noch beides. Nicht nur den Siegerpokal nahm Ricciardo mit in den Back-to-back-Flieger Richtung Japan, sondern auch die Genugtuung, sich diesen nur durch einen Sieg im direkten Schlagabtausch mit Max Verstappen auf der Strecke erarbeitet zu haben.

Verstappen machte gewaltig Druck, Foto: Red Bull
Verstappen machte gewaltig Druck, Foto: Red Bull

In Runde 39 nämlich hatte sich Verstappen mit frischeren Reifen bis ins Getriebe von Ricciardo vorgearbeitet, lancierte eine Attacke in Kurve eins. Kurve um Kurve ritterten die beiden Bullen daraufhin um die zu diesem Zeitpunkt noch zweite Position. Bilder wie damals zwischen Sebastian Vettel und Mark Webber. Nur diesmal ohne miese Laune. Multi 21 gab es erst gar nicht.

"Beide sind um die Positionen gefahren, daher haben wir uns nicht eingemischt und sie gegeneinander fahren lassen - unter der Maßgabe, dass sie sich respektieren. Darüber hatten wir am Morgen gesprochen", sagt Teamchef Christian Horner. Entsprechend sei auch der am Ende unterlegene Verstappen nicht frustriert gewesen. "Er war komplett cool" versichert Horner. "Es war faires Racing und damit sind wir sehr happy. Es war voll okay."

Ricciardo bekommt Wiedergutmachung für Monaco und Barcelona

"Ich hatte einen guten Kampf mit Max. Das hat total Spaß gemacht", sagt derweil Ricciardo über das ansehnliche Duell. "Wir haben es sauber durchbekommen und es hat mich nur noch mehr für den Rest motiviert." Dass der Zweikampf wegen des Hamilton-Motorschadens zwei Runden später virtuell sogar ein Duell um den Sieg war krönte den Tag des Australiers schließlich vollends.

"Plötzlich war ich der neue Leader und habe Max einfach mit allem aufgehalten. Nach seiner ersten echten Attacke habe ich dann gedacht 'Hey, wenn du so bis zum Ende weitermachst, dann ist der Sieg mein!' Ein Teil von mir hat an Monaco gedacht und dass es so etwas wie die Wiedergutmachung ist als ich das gesehen habe", schildert Ricciardo im Rückblick seine Gedanken zum Zeitpunkt des Hamilton-Defekts.

"Er hat einige Siege diese Saison verloren. Aber sein Pech in Monaco war heute Lewis' Pech. Er hat es ausgenutzt und es freut mich, ihn mit diesem Sieg zu sehen", sagt Christian Horner. Doch nur auf den Renngott will Horner den Sieg nicht umlegen. "Möglicherweise hat auch der Druck, den wir aufgebaut haben, dazu beigetragen", sagt der Teamchef zum Mercedes-Motorschaden.

Einfach sei es jedoch auch nach dem Hamilton-Ausfall nie gewesen, Verstappen ein harter Gegner geblieben - trotz Ricciardos Vorteil beim finalen Doppelstopp unter VSC. "Der letzte Stint war auch eng. Er (Verstappen) hatte das ganze Wochenende eine starke Pace und ich wusste, dass er bis zum Ende stark und da sein würde. Ich musste einfach ohne Fehler bleiben. Es war heiß, ich hatte Druck - auch von mir selbst, weil ich mir diesen Sieg einfach nicht entgehen lassen wollte. Am Ende konnte ich dann wieder eine Lücke aufmachen und es nach Hause fahren", beschreibt Ricciardo.

Glück erzwingen? Mission possible!

"Es war ein großartiger Sieg! Wie die meisten, aber der letzte war lang her. Ich bin sehr dankbar. Am Ende war es einfach überwältigend, ziemlich emotional. Ich bin echt happy, dieses Jahr noch einen Sieg bekommen zu haben. Ich hatte ja ein bisschen Pech. Es jetzt in Malaysia zu machen, auf einer Strecke, auf der ich in der Vergangenheit auch nicht die großen Erfolge hatte, hat mich umso mehr überrascht", resümiert der Australier.

Doch warum so überrascht, Herr Honeybadger? Ganz einfach erfolgreich das Glück erzwungen! Da war doch was ...

Achja: Bei aller Konkurrenz verstehen sich Dani und Max übrigens richtig gut. Bessere Kumpel auf jeden Fall als Lewis und Nico. Gut, geht ja auch (noch) nicht um die WM. Aber schonmal um andere kleine Titel. Zum Beispiel in diesem kurisosen Wettstreit hier in Malaysia: