Erst Spa, dann Monza, jetzt Singapur. Drei Rennen, die Nico Rosberg vor der Formel-1-Saison 2016 nie gewonnen, jetzt allesamt bezwungen hat. Der deutsche Mercedes-Pilot kommt mit einem Triple an Premierensiegen überragend stark aus der F1-Sommerpause, dominiert die bisherige zweite Saisonhälfte. Unangetastet. Sogar von Weltmeister Lewis Hamilton.

Ein Lauf, der jetzt auch auf dem Papier den Umschwung erwirkt. Nach seinem Sieg im irre spannenden Reifen-Krimi von Singapur übernimmt Rosberg nach seinem 200. F1-GP erstmals seit Großbritannien wieder die WM-Spitze vor seinem Teamkollegen und schärfsten Rivalen. Die hatte der Brite nach Rosberg-Siegesserie zu Saisonstart und eigener Pannen-Serie parallel durch einen famosen Juli mit vier Siegen in nur einem Monat in Ungarn noch seinerseits zurückerobert.

In Deutschland verwandelte Hamilton seinen einstigen Rückstand auf Rosberg von 43 Punkten sogar in einen Vorsprung von stolzen 19 Zählern. Doch nun führt wieder der andere Mercedes-Pilot, Rosberg liegt sechs Rennen vor Saisonende acht Punkte vor dem noch amtierenden Champion.

Rosberg vs. Hamilton: Das WM-Duell in Wellen

Das Duell der Silberpfeile verläuft anno 2016 also in Blöcken. Momentum heißt das Zauberwort. Und momentan liegt das ganz klar bei Nico Rosberg. "Vor Nico muss ich die Kappe ziehen. Wir haben heute auf einem Anti-Mercedes-Kurs gewonnen. Hätte er nicht so ein Rennen hingelegt, mit Einsatz bis zum Ende, hätte er das nie gewonnen gegen Ricciardo", schwärmt RTL-Experte Niki Lauda nach dem irren Krimi von Singapur. "Er ist das ganze Rennen total am Limit ohne Fehler gefahren, einfach perfekt."

Für den Mercedes-Chefaufseher haben die Silberpfeile den Triumph auf der großen Problem-Piste des Vorjahres nur einem Mann zu verdanken: Nico Rosberg. Denn Lewis Hamilton gelang es nicht einmal, direkt hinter dem an diesem Wochenende in Galaform auffahrenden Rosberg über den Zielstrich zu brettern. Daniel Ricciardo schob seinen Red Bull zwischen die Silberpfeile.

Toto Wolff relativiert Hamilton-Unterlegenheit

Toto Wolff nimmt den Weltmeister am RTL-Mikrofon jedoch in Schutz. "Er ist hier auf dem falschen Fuß erwischt worden. Er ist nicht viele Runden gefahren, weil wir ein Hydraulik-Leck hatten und dann ist er nicht wirklich zurecht gekommen", sagt der Mercedes-Motorsportchef. "Nico dagegen hatte ein perfektes Wochenende vom ersten Training an. In der Quali dann absolut dominant, sechs Zehntel in einer Runde in Singapur!"

Hamilton indessen kam nicht in den Genuss von Pole zu herrschen, lieferte sich stattdessen eine zermürbende Strategieschlacht mit dem Ferrari von Kimi Räikkönen, war am Ende gar froh, überhaupt noch vor den Finnen gelangt zu sein. "Es war ein harter Tag. Für mich war das ganze Wochenende schon etwas heikel. Ich bin einfach froh, dass ich noch auf das Podium zurückgekommen bin und ein paar mehr Punkte geholt habe", sagt Hamilton.

Nico Rosberg und Lewis Hamilton bei der Teamfeier nach dem Singapur GP, Foto: Sutton
Nico Rosberg und Lewis Hamilton bei der Teamfeier nach dem Singapur GP, Foto: Sutton

Hamilton zu Rosberg-Superform: Respekt und Angriffsparolen

Die Leistung Rosbergs erkennt der Brite jedoch vollends an. "Glückwunsch an Nico. Nico hat es echt verdient", sagt er. Dass der Deutsche gerade richtig gut drauf ist, entgeht auch einem Lewis Hamilton nicht. "Nico hat dieses Wochenende einen großartigen Job gemacht und ich gehe davon aus, dass er so weitermacht", fürchtet der Brite.

Fürchtet? Naja. Ins Zittern vor seinem wiedererstarkten Stallrivalen gerät Hamilton nun auch wieder nicht. Er müsse sich ganz einfach auf seine eigenen Fähigkeiten berufen. "Ich werde zurückkommen. Wegen der WM mache ich mir keine Sorgen", stellt Hamilton klar, gibt aber zu: "Sie ist ganz anders als im vergangenen Jahr."

Was jedoch auch an den Problemen zu Saisonbeginn liege. "Alles in allem, mit alldem, was dieses Jahr schon passiert ist, bin ich aber noch immer in diesem Kampf. Ich bin schon von 43 Punkten Rückstand zurückgekommen, also sind acht Punkte nichts, was auch nur annähernd so viel wäre und es sind noch einige Rennen zu fahren", sagt Hamilton. Er müsse jetzt einfach sicherstellen, genauso perfekte Leistungen zu bringen wie Rosberg. "Ich brauche jetzt ein paar starke Wochenenden, um wieder in die Position zu gelangen, in der ich mich schon einmal befunden habe."

Lauda: Hamilton braucht jetzt Bestform

"Der grantelt jetzt vor sich hin und dann wird er versuchen, sich aufzurichten für Kuala Lumpur", bestätigt Lauda. "Denn er muss wieder mit all seinen Stärken da sein, wenn er dem Nico, der einen unglaublichen Lauf hat, noch irgendetwas entgegensetzen will." Er sei gespannt wie das WM-Duell ausgehen werde. "Prognosen sage ich jetzt nicht mehr. "Die Punktewertung geht ja einmal so, einmal so. Aber die nächsten Rennen werden vorentscheidend sein", sagt Lauda.

Für Toto Wolff sind die Auf und Abs seiner Fahrer ebenso ein einziges Rätsel: "Wir hatten schon Momente, dass der eine down war. So ist es seit drei Jahren, seit die beiden um die WM kämpfen. Seitdem haben wir diese Wellen. Wir haben vor ein paar Wochen über Lewis Momentum gesprochen. Und jetzt haben wir plötzlich dieses Mega-Nico-Wochenende. In zwei Wochen sehen wir, ob es so bleibt oder nicht", sagt der Motorsportchef.

Und der strahlende Sieger selbst? "Es war einfach ein super Wochenende. Gestern schon die Pole, dann ein super Start, ein super Rennen - das war fantastisch und freut mich tierisch. Über die WM-Punkte will ich jetzt aber nicht reden. Ich bin einfach zufrieden mit dem Sieg und schaue einfach wie es jetzt weitergeht", sagt Rosberg. Aber: "Mein Teamkollege ist immer noch Lewis. Lewis wird immer sehr schwer zu schlagen sein, er wird immer sehr schnell sein. Er kommt immer stark zurück. Auch nach solch schwierigen. Wochenenden", warnt Rosberg.

Störfeuer von Ferrari und Red Bull als WM-Entscheider?

Und weitergehen könnte es aus seiner Sicht nicht nur mit seinem Momentum, sondern am besten mit weiterer Schützenhilfe. Genau darauf hatte Rosberg angesichts des jüngsten Aufwärtstrends bei der sich eigentlich gegenseitig bekriegenden Konkurrenz bereits im Vorfeld der jüngsten Grands Prix gehofft: Dass sich vielleicht einmal ein Red Bull oder Ferrari zwischen ihn und Hamilton mogelt. In Singapur erfüllte Ricciardo ihm diesen Wunsch nach Spa bereits ein zweites Mal.

Ein Szenario auch für die noch ausstehenden Läufe? Geht es nach Lauda lieber nicht. Der Mercedes-Boss will natürlich am liebsten eine WM-Entscheidung nur mit Silberpfeil-Doppelsiegen. "Ich hoffe, dass es in den nächsten Rennen wieder ein wenig einfacher wird zu gewinnen. Und die nächsten Strecken sollten dem Team wieder mehr liegen. Malaysia in zwei Wochen wird wieder heiß. Die Reifenwahl sollte da helfen. Die Red Buller werden vermutlich etwas zurückfallen. Zumindest hoffe ich das, sodass da keiner zwischen unsere Fahrer dazwischen fährt", sagt Lauda.

Noch einmal in die Hose machen - wie Toto Wolff es in Singapur - formulierte will sich bei Mercedes natürlich keiner mehr, bei der Konkurrenz umso mehr: "Wir werden versuchen, Mercedes das Leben schwer zu machen", sagt Red Bulls Teamchef Christian Horner bei Sky. "Wir sind heute echt nah herangekommen und das war ich ja jetzt schon öfters ..." sagt ein nicht minder kampfeslustiger Ricciardo. "Unser erstes Ziel ist aber, Ferrari zu schlagen. Die zweite Position in der Konstrukteurswertung wollen wir halten", ergänzt Horner.

Ein Red Bull zwischen sich und Lewis Hamilton. Das Idealbild für Nico Rosberg, Foto: Sutton
Ein Red Bull zwischen sich und Lewis Hamilton. Das Idealbild für Nico Rosberg, Foto: Sutton

Die Scuderia brennt jedoch ihrerseits auf ein rotes Störfeuer ganz vorne. Immerhin ist Ferrari jetzt seit genau einem Jahr sieglos. "Mercedes ist sehr stark, seit drei Jahren gewinnen sie alles. Aber wir sind hier, um zu kämpfen. Auch wenn es schwer ist, wir geben ihnen nichts umsonst", trommelt Sebastian Vettel zum Angriff. "Das ist der Grund, warum wir hier sind. Wir sind hier, um zu gewinnen! Geduld ist ja nicht gerade die größte Stärke der Ferraristi ..."

Realistisch geht es für Ferrari jedoch vor allem um den Kampf mit Red Bull. "In den nächsten Rennen wollen wir noch vor Red Bull in der Konstrukteurswertung", sagt Vettel. Aber nicht nur: "Und in der Fahrerwertung so weit nach vorne wie möglich", ergänzt der Deutsche. Und das geht natürlich am besten, wenn man so viele Boliden hinter sich lässt wie möglich, auch mal den ein oder anderen WM-Kämpfer von Mercedes ...