Nico Rosberg ist der König von Singapur - zumindest am Samstag. Der Mercedes-Pilot dominierte das Qualifying mit einer Rekordrunde von 1:42.584 Minuten und schlug Teamkollege Lewis Hamilton um mehr als sieben Zehntelsekunden. Weil auch Daniel Ricciardo einen Sahnetag erwischte, startet Hamilton nur von Platz drei.

Wie gut Rosbergs Runde war, zeigen die Simulationen. "Die Runde war wahrscheinlich schneller, als das, was wir in unseren Vorhersagen für möglich gehalten haben", sagt Toto Wolff. "Hut ab vor dieser großartigen Leistung." Rosberg selbst war auch Stunden nach seiner Fabelzeit noch begeistert: "Das war eine meiner drei besten Runden überhaupt." Der Deutsche fährt in Singapur sein 200. Rennen. "Ich fühle mich eins mit dem Auto und kann über das Limit hinausgehen ohne einen Fehler zu machen, das ist ein sehr spezielles Gefühl."

Mit Pole Position Nummer 29 für Nico Rosberg hat das Mercedes-Duo einen neue Rekord aufgestellt. Lewis Hamilton und Nico Rosberg sind die Piloten, die am meisten Pole Positions als Teamkollegen einfuhren. 58 Mal stand einer der beiden seit 2013 auf dem ersten Startplatz. Die bisherigen Rekordhalter sind Sebastian Vettel und Mark Webber. Sie fuhren von 2009 bis 2013 gemeinsam bei Red Bull. Michael Schumacher und Rubens Barrichello folgen auf Rang drei.

Doch das ist für Hamilton nur ein kleiner Trost. Der Brite tut sich seit dem 1. Freien Training schwer. "Das war bislang nicht mein Wochenende. Ich habe nicht viele gute Runden hinbekommen. Dafür gibt es keinen bestimmten Grund. Ich habe es einfach nicht zusammenbekommen", konstatiert der Weltmeister.

Hamilton mit Aufhängungs-Problemen im Abschlusstraining

Im 3. Freien Training gab es Probleme an seiner Aufhängung, die zu einem Bremsproblem führten. Hamilton verbremste sich einmal mehr in Kurve sieben. Eine Problemstelle will er aber nicht erkannt haben: "Kurve sieben ist nicht schwieriger als die anderen Kurven auf der Strecke. Sie ist mit am härtesten für die Bremsen und recht wellig, aber mehr auch nicht."

Lewis Hamilton hatte im 3. Training erneut technische Probleme, Foto: Sutton
Lewis Hamilton hatte im 3. Training erneut technische Probleme, Foto: Sutton

Das Problem mit der Aufhängung beschäftigte Hamilton im Qualifying nicht mehr, trotzdem lief es nicht rund. Das Geheimnis von Rosbergs Stärke könnte in einer anderen Abstimmung liegen. Normalerweise gleichen die Piloten ihr Setup über das Wochenende hin an, sollte einer Probleme haben. Wegen eines Hydraulik-Lecks im 2. Freien Training fehlte Hamilton aber Fahrzeit. "Er ist bei dem Setup geblieben, das er hatte, weil er nicht genau wusste, wie das andere ist. Das lag aber nur daran, dass er zu wenig Fahrzeit hatte", nimmt ihn Mercedes Motorsportchef Toto Wolff in Schutz.

Eine Katastrophe ist Startplatz drei für Mercedes aber nicht: "Wenn uns jemand vor dem Wochenende die Startplätze eins und drei angeboten hätte, wären wir damit angesichts des Vorjahresergebnisses sicher sehr zufrieden gewesen." Nachdem Mercedes im vergangenen Jahr anderthalb Sekunden auf die Pole fehlten, ist das Ergebnis ein regelrechter Befreiungsschlag.

"Das war heute der Beweis dafür, dass wir verstanden haben, wo wir Schwächen im Auto hatten. Wir haben auch auf anderen Strecken davon profitiert, diese Schwierigkeiten von Singapur 2015 treiben uns an. Deshalb ist das mein persönliches Highlight", freut sich Wolff. Pole-Setter Rosberg warnt noch: "Das heißt nicht, dass wir morgen auch so stark sein werden - das ist etwas anderes."

Rosberg: Mit neuem Setup auch 2015 in Singapur top

Ganz raus will Mercedes nicht mit der Sprache, was die Silberpfeile vor einem Jahr so stumpf machte. "Das verrate ich nicht", sagte Toto Wolff. "Es liegt an der Interaktion der Aerodynamik mit dem mechanischen Setup auf dieser speziellen Strecke, mit diesem Layout und dem welligen Belag. Es ist eine Herausforderung für das Design unseres Autos."

Nico Rosberg verriet schon etwas mehr: "Das Auto ist nicht besser als letztes Jahr, es ist die Abstimmung. Wir haben verstanden, was wir letztes Jahr falsch gemacht haben." Der WM-Zweite ist sich sicher: "Mit der aktuellen Abstimmung wären wir letztes Jahr auf Pole gewesen."

Lewis Hamilton sieht deshalb den Sieg seines Teamkollegen schon besiegelt. "Nico wird das Rennen wahrscheinlich von der Spitze kontrollieren und es jedem schwer machen, an ihm vorbeizukommen." Allerdings fuhr Mercedes im Q2 mit den Ultrasoft-Reifen, Red Bull mit den Supersofts.

Entsprechend müssen Hamilton und Rosberg auf den Ultrasofts starten, Daniel Ricciardo und Max Verstappen auf Superspofts. Rosberg ist deshalb vorsichtig optimistisch: "Uns ist bewusst, dass uns Daniel im Red Bull stark unter Druck setzen wird, da er auf den superweichen Reifen startet. Es wird ein hartes Duell." Pirelli hat für die Ultrasoft eine maximale Lebensdauer von 18 Runden angegeben, für die Supersofts 23 Runden.

Start Mercedes' Achillessehne

Spannend wird es schon am Start. Da verlor Lewis Hamilton vor zwei Wochen den Italien GP. "Wir haben hart daran gearbeitet, sie zu optimieren. Dennoch müssen wir uns auf diesem Gebiet noch weiter steigern", gesteht Toto Wolff. Die weicheren Reifen sind theoretisch ein kleiner Vorteil. Der Start könnte dann darüber entscheiden, wer Singapur als WM-Führender verlässt. Noch hat Hamilton zwei Punkte Vorsprung auf Rosberg. Gewinnt Rosberg, übernimmt er die Führung.

Lewis Hamilton macht sich auch aus anderen Gründen Gedanken. "Kurve eins ist hier besonders. Wenn du dich innen verteidigst, kommen die Leute von außen sehr spät." Paradebeispiel: Fernando Alonso 2013. Allerdings geht es nicht immer fair zu. "Hinten im Feld fahren viele geradeaus, um eine Kollision zu vermeiden, gewinnen dabei aber Positionen und werden dafür nicht bestraft.", moniert Hamilton.