Formel-1-Rennstrecken sind normalerweise fast so gut abgeriegelt wie ein Hochsicherheitsgefängnis - sollte man meinen. Doch immer wieder schaffen es Tiere und auch Menschen, in bester Gatecrasher-Manier den Ablauf zu stören oder auch für etwas Erheiterung in der oft so angespannten Formel-1-Welt zu sorgen. Der Waran im 3. Freien Training von Singapur war in dieser Hinsicht längst kein Pionier.

Deutschland 2000 - Rache am Arbeitgeber

Der Große Preis von Deutschland fand im Jahr 2000 zum vorletzten Mal auf der alten 6,823 Kilometer langen Version des Hockenheimrings statt. In Runde 25 tauchte auf der Geraden zwischen der Nordkurve und der Jim-Clark-Schikane ein in einer Art Müllsack gekleideter Mann auf. Um den Streckenposten zu entkommen, überquerte er sogar vor den auf diesem Teilstück bis zu 350 km/h schnellen Boliden die Strecke. Die Situation wurde mit einer Safety-Car-Phase entschärft und der Störenfried eingefangen.

Im Nachhinein stellte sich heraus, dass es sich um einen Franzosen mit dem Namen Robert Sehli handelte, der kurz zuvor in einer Mercedes-Fabrik in Le Mans entlassen wurde. Der damals 47-jährige Familienvater wollte ursprünglich schon in Magny Cours die Strecke stürmen und gegen seine Entlassung protestieren, wurde dort aber von Fotografen gestoppt. Sehli wurde nach der Aktion in Hockenheim in Gewahrsam genommen und nach Zahlung einer Kaution in Höhe von 2.000 DM am Montag nach dem Rennen wieder freigelassen.

Österreich 2001 - A deer? Oh dear!

Weniger spektakulär, dafür aber äußerst amüsant, verlief Juan Pablo Montoyas Aufeinandertreffen mit einem Reh im Training zum Großen Preis von Österreich2001. Seine Crew informierte ihn im Funk über den Eindringling und forderte ihn dazu auf, vorsichtig zurück an die Box zu kommen. Der Kolumbianer entgegnete dem mit einem recht flachen Wortspiel: "A deer. Oh dear...ha ha ha ha."

Großbritannien 2003 - Der Kilt Gottes

In Silverstone verschaffte sich beim Grand Prix von Großbritannien im Jahr 2003 erneut ungebetener Gast Zutritt zur Rennstrecke. In Runde 11 stürmte der britische Priester Cornelius "Neil" Horan auf die Hangar-Straight. Mit einem Kilt bekleidet und mit zwei Plakaten mit den Aufschriften "Lest die Bibel" und "Die Bibel hat immer Recht", rannte er entgegen der Fahrtrichtung auf die Autos zu. Einige Fahrer konnten dem durchgeknallten Geistlichen nur knapp ausweichen, bevor dieser vom Streckenposten Stephen Green zu Boden gerissen und von der Strecke entfernt werden konnte.

Horan wurde für seine Aktion vom Gericht in Northampton zu zwei Monaten Haft verurteilt. Sein Feldzug war damit allerdings noch nicht beendet. Horan konnte 2004 beim Epsom Derby, einem Pferderennen, nur kurz vor der Durchführung einer weiteren Aktion gestoppt werden. Ebenfalls im Jahr 2004 störte er den Marathon der Männer bei den Olympischen Spielen in Athen, in dem er den Führenden Läufer zu Boden stieß. Bei der Fußball-WM in Deutschland im Jahr 2006 konnte eine weitere für das Finale von ihm geplante Aktion von den Sicherheitskräften unterbunden werden.

Spanien 2004 - Jimmy Jump

In der Einführungsrunde für den Großen Preis von Spanien 2004 hatte ein im Weltsport bereits bekannter Störenfried seinen Auftritt im Rahmen der Formel 1. Der Spanier Jaume Marquet i Cot, der sich selbst 'Jimmy Jump' nannte, lief auf die Start- und Zielgeraden, konnte aber nach wenigen Metern von den Streckenposten gestoppt werden. Jimmys Beweggründe waren weder religiös noch politisch motiviert - er wollte einfach nur gesehen werden. Abgesehen von der Formel 1 trat er noch bei folgenden andern Sportarten und Veranstaltungen in Erscheinung: Fußball-WM und -EM, Champions League, diverse Ligaspiele in unterschiedlichen Ländern, Basketball-, Rugby-, Tennis- und Wasserball-Spiele sowie dem Eurovision Song Contest.

Türkei 2008 - Wildschaden in der GP2

Der Schaden an Bruno Sennas GP2-Renner war erheblich, Foto: adrivo Sportpresse
Der Schaden an Bruno Sennas GP2-Renner war erheblich, Foto: adrivo Sportpresse

In der Türkei machte die Formel 1 im Jahr 2008 Bekanntschaft streunenden Hunden. Genau genommen ereignete sich der Zwischenfall im Rahmenprogramm bei der GP2. Bruno Senna schaffte es im Rennen am Sonntag nicht mehr, einem streunenden Vierbeiner auszuweichen und erfasste das Tier. Für den Brasilianer war das Rennen nach der Kollision beendet und die Rennleitung neutralisierte das Rennen mit dem Safety Car, um einen zweiten Hund einzufangen, der ebenfalls auf die Strecke gelaufen war. Die Formel-1-Fahrer blieben von einem derart unschönen Zusammentreffen in Istanbul aber verschont.

Singapur 2015 - Der Nachtschwärmer

Der Auftritt des Betrunkenen zog eine Safety-Car-Phase nach sich, Foto: Sutton
Der Auftritt des Betrunkenen zog eine Safety-Car-Phase nach sich, Foto: Sutton

2015 sorgte ein Nachtschwärmer in Singapur für Aufsehen. Ein 27-jähriger Mann hatte sich im Formel-1-Rennen in der 37. Runde im Bereich von Kurve 13 Zugang auf die Strecke verschafft. Lässig in T-Shirt und Shorts gekleidet schlenderte der Mann am Streckenrand entgegengesetzt der Fahrtrichtung entlang. Offensichtlich wollte er weder gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber noch für die Vorzüge der Bibel demonstrieren. Nach knapp einer Minute Fußmarsch fand er eine weitere Öffnung im Sicherheitszaun und verschwand wieder von der Strecke.

Wie sich später herausstellte, handelte es sich um einen britischen Staatsbürger namens Yogvitam Pravin Dhokia, der zum Tatzeitpunkt offenbar alkoholisiert war. Er wurde von der Polizei verhaftet und am Dienstag nach dem Rennen dem Richter vorgeführt. Da er arbeitslos und daher nicht dazu in der Lage war, die angebotene Kaution in Höhe von 15.000 US-Dollar zu bezahlen, wurde er zu einer Gefängnisstrafe von sechs Wochen verurteilt.

Singapur 2016 - Die wilde Metropole

Dass die Fahrer auf dem Marina Bay Street Circuit auf die örtliche Flora und Fauna treffen würden, schien angesichts des Betondschungels von Singapur eigentlich unwahrscheinlich. Im 3. Freien Training zum Grand Prix in der Saison 2016 traf allerdings Max Verstappen auf einen recht exotischen Artgenossen: Ein Waran tauchte vor dem Red Bull des jungen Niederländers auf. Das Reptil verhielt sich jedoch vorbildlich und überquerte erst dann die Strecke, nachdem Verstappen ihn passiert hatte.