Es war DIE Nachricht zwischen den Rennwochenenden in Italien und Singapur: Die Formel 1 wechselt den Besitzer. Nach gut zehn Jahren unter CVC übernimmt der US-amerikanische Medienkonzern Liberty Media den größten Anteil an der Königsklasse.

Der erste Schritt zur Milliarden-Übernahme ist in Form einer Überweisung bereits vollzogen, Anfang 2017 soll der Verkauf final über die Bühne gegangen sein. Bis dahin sind allenfalls noch formale Hürden, etwa die Zustimmung der FIA, zu überwinden.

Vorher/Nacher: Anteile an der Formula One Group im Überlick:

Vor Liberty Media Einstieg Nach dem zweiten Closing
Malone - 3,1 %
Maffei - 1,0 %
Liberty Media Rest - 31,2 %
Liberty Media Gesamt - 35,3 %
CVC 38,1 % 24,7 %
Waddell & Reed 20,5 % 13,3 %
LBI 12,1 % 7,8 %
Bambino Holdings 8,4 % 5,4 %
Norges 4,1 % 2,7 %
Bernie Ecclestone 3,3 % 2,1 %
Management 2,8 % 1,8 %
Übrige 10,6 % 6,9 %
Anteile ohne Liberty Media 100 % 64,7 %

In Singapur haben somit die Fahrer erstmals Gelegenheit, sich auf großer Bühne zum Besitzerwechsel zu äußern. Am traditionellen Medientag der Formel 1, dem heutigen Donnerstag, war der F1-Verkauf jedenfalls Thema in einem Großteil der Medienrunden und der offiziellen FIA-Pressekonferenz. Motorsport-Magazin.com hat die spannendsten Aussagen zusammengetragen. Der Tenor: fast durchgängig positiv.

"Es werden einige Dinge passieren", prophezeit Jenson Button. Nicht, ohne eine Reihe Begründungen zu liefern. "Dass sie aus Amerika kommen ist positiv und wird den Sport mehr nach Amerika bringen und das Interesse erhöhen", sagt Button. Sein zweiter Punkt: "Was ich bisher gesehen habe, ist, dass sie jüngeres Publikum für die Sportarten interessieren. Das ist etwas, was wir unbedingt brauchen. Das Durchschnittsalter ist viel zu hoch, wenn man bedenkt, dass wir einen 18-jährigen Fahrer haben."

Jenson Button hofft auf einen Boom jüngerer Fans durch den F1-Verkauf, Foto: Sutton
Jenson Button hofft auf einen Boom jüngerer Fans durch den F1-Verkauf, Foto: Sutton

Button: Formel 1 viel spannender als Pokémon

Drittens sei das Interesse der neuen Besitzer, historische Strecken im Kalender zu behalten,sehr wichtig. Punkt zwei scheint Button jedoch der mit Abstand wichtigste, wie er anhand einer Episode aus seinem Leben nahelegt. "Ich habe gestern einen Film gepostet, das ist das unglaublichste, was ich bisher gesehen habe. Habt ihr schonmal die Filme gesehen, wie die Menschen in der Zukunft sein werden? Das war letzte Nacht im Einkaufszentrum", legt Button mysteriös los.

"Alle Leute liefen in eine Richtung und wisst ihr warum? Pokémon! Da waren 2000 Leute, die alle in eine Richtung durch das Einkaufszentrum und über die Straße gingen, weil es dort ein Pokémon gab", schildert Button. "Ich weiß nicht, wozu man die braucht und ob man Geschenke, Geld oder Schokolade bekommt. Für Schokolade würde ich es machen. Aber ist die Formel 1 nicht interessanter als das? Sie sollte es sein! Ich denke sie ist es. So viele Leute lassen sich für etwas begeistern, das nicht einmal wirklich da ist. Daher denke ich, dass wir die Formel 1 wieder interessanter machen können. Und Liberty Media hat da die Erfahrung, wie sie das machen müssen."

Rosberg: Amerikaner gut, weil der Zeit voraus

Ähnlich große Hoffnungen macht sich Carlos Sainz, wettert zunächst jedoch gegen die bisherigen Verhältnisse. "Ich klinge ein bisschen negativ, aber ich denke, es kann nur besser werden - für die Fans, für die Medien, für alle. Eine neue Firma, die mit neuer Motivation die Dinge besser machen will, kann nur gut sein. Ich bin positiv gestimmt und denke, wir bewegen uns in die richtige Richtung. Hoffentlich gelingt es, junge Fans über Social Media anzuziehen", sagt der Spanier von Toro Rosso.

Dem pflichtet Nico Rosberg nur zur Hälfte bei. "Es ist sicherlich gut. Die Welt verändert sich stark und manchmal ist es gut, frische Luft reinzubringen. Eine neue Gruppe Leute mit neuen Ideen, das ist cool, vor allem da sie Amerikaner sind. Die Amerikaner sind oft einen Schritt voraus bei Technologie und TV und machen wirklich gute Arbeit, das sieht vielversprechend aus. Hoffentlich machen sie uns auch in den USA stark", sagt der Mercedes-Pilot.

Den bisherigen und Noch-Eigentümern will Rosberg jedoch nichts absprechen: "Bernie und seine Partner, die das Geschäft all die Jahre betrieben haben, haben eine guten Job gemacht. Das können wir an dem Preisschild von 8,5 Milliarden sehen. Sie müssen einen unglaublichen job gemacht haben!"

Cowboy Romain Grosjean: Schon zu Lotus-Zeiten ein gefühlter Amerikaner, Foto: Sutton
Cowboy Romain Grosjean: Schon zu Lotus-Zeiten ein gefühlter Amerikaner, Foto: Sutton

Grosjean sprüht schon über vor Ideen

Wie Rosberg und Button setzt auch Romain Grosjean auf den US-Faktor - immerhin fährt er Franzose mit Haas für ein amerikanisches Team. Doch würde er sich offenbar auch ohne diese Verbindung für Liberty Media stark machen. "Dass es amerikanische Besitzer sind ist ziemlich cool. Amerikaner wissen, wie man eine gute Show produziert, wenn du dir nur den Superbowl oder NASCAR ansiehst. Da können wir für das Publikum einiges verbessern", sagt Grosjean. " Ein zweiter GP in den USA wäre auch gut, vielleicht an der Westküste. Ich denke es ist großartig für die F1 sie zu haben, denn das ist so ein großer Markt", ergänzt er.

Auch darüber, was konkret man verbessern könnte, hat sich Grosjean bereits Gedanken gemacht: "Leute, die die F1 nicht kennen, denken nicht, dass es Sport ist. Du fährst ein Auto ... Aber es gibt G-Kräfte, es ist heiß und so weiter, aber das ist schwierig im TV rüberzubringen. Mit neuen Technologien, die zeigen welch harte Zeit die Fahrer im Auto haben, werden die Leute das mehr verfolgen. Damit könnte man erreichen, dass die Fans in allen Sozialen Medien das intensiver erleben."

Noch ein Beispiel? "Den Puls des Fahrers zu zeigen, könnte auch etwas sein. Sie machen das bei der Tour de France. Oder wie viele Kilo du beim Bremsen auf das Bremspedal knallen musst. Denn die G-Kräfte sind gigantisch, aber was bedeutet das für jemanden, der nicht weiß, was 5G beim Bremsen heißt? Das ist wie bei der Abfahrt. Wenn du nach Kitzbühel gehst und den Hang anschaust, sagst du auch 'verdammt nochmal!' Am TV ist das nur schwer rüberzubringen", beschreibt Grosjean.

Der Franzose scheint sich also schon einmal für eine Zusammenarbeit mit der neuen Führung bewerben zu wollen. Damit ist er nicht allein im Paddock. Fernando Alonso sichert ganz direkt seine Unterstützung zu. "Ich denke es ist gut. Sie haben Erfahrung. Sie scheinen eine gute Berichterstattung zu machen. Alle Sportarten, die sie übertragen sind attraktiv und daher denke ich, dass ihre Sichtweise und ihre Ideen sehr gut in unseren Sport passen. Daher sehe ich eine gute Zukunft. Wir hoffen alle das Beste und sind bereit zu helfen, falls es nötig ist", verspricht der Spanier.

Fernando Alonso will Bernie Ecclestone nicht missen, Foto: Sutton
Fernando Alonso will Bernie Ecclestone nicht missen, Foto: Sutton

Alonso: Ecclestone ist und bleibt sehr, sehr wichtig

Unbedingt im Boot bleiben sollte jedoch Bernie Ecclstone, geht es nach Alonso. "Bernie gehört zur Formel 1. Das ist schwierig zu erklären. Es ist beinahe unmöglich sich die Formel 1 ohne Bernie vorzustellen. Hoffentlich bleibt er dabei und wir werden ihn an jedem Wochenende sehen, wie es in den letzten 17 Jahren, also seit ich dabei bin, der Fall ist. Sein Wissen ist sehr, sehr wichtig für jede Entscheidung, die die Formel 1 in der Zukunft treffen wird", meint Alonso.

Weniger interessiert gibt sich Kimi Räikkönen. "Das ist nicht meine Sache, hat null mit mir zu tun", sagt der Finne. Teamkollege Sebastian Vettel äußert indessen immerhin den Wunsch nach aufregenderen Autos. Als Fahrer willst du immer schneller Fahrern. Nächstes Jahr könnte ja ein Schritt in diese Richtung sein. Aber das hat jetzt nicht so viel mit den Besitzverhältnissen zu tun", sagt der Ferrari-Pilot.

Das Mittelfeld erhofft sich durch den Verkauf eine ausgeglichenere Geldverteilung, Foto: Sutton
Das Mittelfeld erhofft sich durch den Verkauf eine ausgeglichenere Geldverteilung, Foto: Sutton

Hoffnungen und Wünsche der Mittelfeld-Teams

Weiter hinten im Feld klingen die Hoffnungen durch den Besitzerwechsel unterdessen überall gleich. Am besten bringt es Sergio Perez auf den Punkt. "Ich würde die Formel 1 gerne sehr viel enger sehen, ein engerer Wettbewerb in dem die Teams enger zusammen liegen und auch die Mittelfeld-Teams die Chance haben, Rennen zu gewinnen und um Titel zu kämpfen. Dafür müssen wir das System ändern, wie das Geld verteilt wird, denn da gibt es gerade einen massiven Unterschied", sagt der Mexikaner von Force India.

Große Zustimmung kommt dafür aus den Sauber- und Renault-Lagern. Wenn sie sich etwas vom neuen Besitzer Liberty Medie wünschen dürften, dann eine engere Konkurrenz. "Für mich ist das Wichtigste ein engerer Wettbewerb zwischen den Autos. Das höre ich immer von den Leuten, von den Fans. Sie wollen mehr Kampf zwischen Fahrer und Teams auf der Strecke", sagt Felipe Nasr. "Ja, die Hauptsache ist ein engerer Wettbewerb. Das würde viel verändern, wenn es darum geht Fans zu erreichen und es viel interessanter anzusehen zu machen", bestätigt Jolyon Palmer. "Ich denke auch: Das macht einen großen Unterschied und alles für die Fans attraktiver", ergänzt Marcus Ericsson.