Magny-Cours, Estoril, Nürburg, Zandvoort, Imola: Die Liste traditionsreicher, aber ehemaliger Austragungsorte der Formel 1 in Europa - ihrem Ursprungskontinent - ist lang. Hinzu kommt, dass die Veranstalter an den dortigen Strecken, die noch im Kalender stehen, meist finanzielle Sorgen plagen. Doch wer das Problem als ein rein europäisches betrachtet, liegt nicht ganz richtig.

Ab dem kommenden Wochenende ist die Königsklasse für drei Rennen in Asien unterwegs. Auch dort finden sich Geschichten von Veranstaltungen, die für eine Weile auftauchten und letztlich doch wieder von der Bildfläche verschwanden. Motorsport-Magazin.com erinnert an relativ kurze Gastspiele mit meist nur wenigen Zuschauern an der Strecke.

Türkei GP: Leere Tribünen an der Schwelle zu Europa

Ganz nah bei Europa, aber doch im asiatischen Teil des Landes wurde von 2005 bis 2011 immerhin sieben Mal der Große Preis der Türkei ausgefahren. Als Strecke diente der Istanbul Park Circuit, der mit Kurve acht und ihren vier Scheitelpunkten eine besondere Attraktion zu bieten hatte. Eine bedauerliche Tradition waren die gähnend leeren Tribünen. Felipe Massa dürfte dem Rennen nachtrauern: Er gewann es dreimal.

Fernando Alonso und Co. fuhren 2010 in der Türkei ein Rennen, das vor Ort fast niemand sah, Foto: Sutton
Fernando Alonso und Co. fuhren 2010 in der Türkei ein Rennen, das vor Ort fast niemand sah, Foto: Sutton

2015 erhielt der Kurs einen neuen Besitzer, der sofort ankündigte, mit der Veranstaltung in den Kalender der Königsklasse zurückkehren zu wollen. Es fehlte allerdings die Genehmigung der türkischen Regierung. Dass sie angesichts der aktuellen politischen Lage im Land erteilt wird, ist jedoch eher unrealistisch. Auch die Formel 1 selbst dürfte momentan von einer Neuauflage Abstand nehmen.

Indien GP: Vettel wird es leidtun

Zwischen 2011 und 2013 gastierte die Formel 1 dreimal auf dem Buddh International Circuit nahe der Hauptstadt Neu Delhi im Norden des Landes. Spätestens ab dem zweiten Jahr litt die Veranstaltung darunter, dass sich der/die durchschnittliche Inder/in den Eintrittspreis gar nicht leisten konnte. Verschärft wurde das Problem dadurch, dass die Ausrichter keine Mittel von der Regierung erhielten. Für die Teams waren besonders das Verkehrschaos auf dem Weg zur Strecke sowie die Formalitäten und Kosten bei der Zollabfertigung ihrer Fracht ärgerlich.

Für Sebastian Vettel lief es meist gut in Indien - für die Veranstalter weniger, Foto: Red Bull
Für Sebastian Vettel lief es meist gut in Indien - für die Veranstalter weniger, Foto: Red Bull

Entsprechend flog der GP trotz eines langfristigen Vertrages wieder aus dem Kalender. Sebastian Vettel wird es bedauern: Der damalige Red-Bull-Pilot sicherte sich bei allen drei Auftritten in Indien sowohl die Pole Position als auch den Sieg im Rennen. Immerhin gibt es seit einigen Jahren verstärkte Bestrebungen, eine Fortsetzung der kurzen Formel-1-Geschichte des Landes auf die Beine zu stellen. Deren Erfolg ist jedoch höchst ungewiss, da es nach wie vor keine Zusage für staatliche Förderung gibt.

Korea GP: Mit Ecclestone wird nicht nachverhandelt

Ein ähnliches Schicksal wie Indien erlitt auch Südkorea. Ab 2010 machte der Formel-1-Tross dort in vier aufeinanderfolgenden Saisons Halt, für die Veranstalter war jedoch wohl keines der Rennen ein lukratives Geschäft. Das Interesse der Fans im Land erwies sich als zu gering und auch in diesem Fall waren die Behörden nur zu wenig Unterstützung bereit.

Die Strecke in Korea lag schwer erreichbar in einem ehemaligen Sumpfgebiet, Foto: Sutton
Die Strecke in Korea lag schwer erreichbar in einem ehemaligen Sumpfgebiet, Foto: Sutton

Ein weiteres Problem: Die Infrastruktur stimmte nicht. Die Strecke in einem ehemaligen Sumpfgebiet ließ sich nur mühsam erreichen und es gab zu wenige Hotels in der Umgebung. Nach herben finanziellen Verlusten kündigte der Ausrichter Nachverhandlungen mit Bernie Ecclestone an. Der blockte jedoch ab und der Korea GP war, zumindest bis 2016, Geschichte.

Pazifik GP: Langeweile in Aida

Die motorsportverrückten Japaner wünschten sich Anfang der 90er Jahre ein zweites Rennen neben jenem in Suzuka. Daher entstand der "Große Preis des Pazifiks" in Aida nahe der Millionenstadt Kobe im Süden des Landes. Schauplatz war der Tanaka International Circuit, der jedoch aufgrund seiner Beschaffenheit mitunter ein wenig die Rennaction vermissen ließ. Aus diesem Grund fanden nur zwei Ausgaben statt, 1994 und 1995. Im zweiten Jahr musste das Rennen aufgrund eines schweren Erdbebens kurzfristig von April auf Oktober verlegt werden.

Pazifik GP 1994: Ayrton Senna bereitet sich auf den Start vor. Es war das letzte Rennen vor dem verhängnisvollen San Marino GP, Foto: Sutton
Pazifik GP 1994: Ayrton Senna bereitet sich auf den Start vor. Es war das letzte Rennen vor dem verhängnisvollen San Marino GP, Foto: Sutton

Nicht mehr wegzudenken: Die Erfolgsstrecken in Asien

Doch auch das umgekehrte Beispiel gibt es. Mehrere Rennen in Asien sind seit Jahren fester Bestandteil des Rennkalenders der Königsklasse. Einige davon wurden zunächst kritisch beäugt, doch angesichts ihres Erfolgs denkt inzwischen niemand mehr innerhalb der Formel 1 ernsthaft an eine Absetzung.

Bahrain GP: Als Nachtrennen attraktiv, politisch umstritten

Als der Bahrain GP der Formel 1 2004 das erste Mal durchgeführt wurde, fand das nicht überall Applaus. Ein Rennen in dem winzigen Staat am Persischen Golf, den die meisten Menschen bis dahin kaum kannten, weckte Misstrauen. Zudem wurde befürchtet, die extreme Hitze und der auf die Strecke gewehte Wüstensand könnten den Fahrzeugen schaden, was sich später teilweise auch als zutreffend erwies.

Der politisch umstrittene Bahrain GP hat durch den Abend-Start an Attraktivität gewonnen, Foto: Ferrari
Der politisch umstrittene Bahrain GP hat durch den Abend-Start an Attraktivität gewonnen, Foto: Ferrari

Mit der Umstellung auf ein Nachtrennen 2014 gewann die Veranstaltung jedoch an Attraktivität und Beliebtheit. Stark umstritten ist der Vertrag zwischen der Formel 1 und dem Land jedoch wegen der eklatanten Menschenrechtsverletzungen, die internationale Hilfsorganisationen der dortigen Regierung vorwerfen. 2011 musste der Bahrain GP wegen gewaltsam niedergeschlagener politischer Unruhen im Land komplett abgesagt werden.

Singapur GP: Mercedes´ einzige Angst-Strecke

Das erste Nachtrennen der Königsklasse hatte sich allerdings einige Flugstunden weiter südöstlich etabliert: 2008 fuhr die Formel 1 das erste Mal durch die Dunkelheit von Singapur. Seitdem ist der Stadtkurs nicht mehr aus dem Rennkalender wegzudenken. Für einige Fahrer und viele Fans stellt dieser Grand Prix aufgrund der ungewöhnlichen Atmosphäre sogar ein besonderes Highlight der Saison dar.

Die normalerweise vom öffentlichen Verkehr genutzten Straßen mit ihren zahlreichen Bodenwellen sind breiter als beim Klassiker in Monaco. Die im vergangenen Jahr aufgetretenen Schwierigkeiten der sonst so dominanten Silberpfeile auf diesem Kurs versprechen auch 2016 wieder Hochspannung für das am kommenden Wochenende anstehende Rennen.

Malaysia GP: Maximaler Anspruch an Mensch und Maschine

Bereits seit 1999 kommt der Formel-1-Tross jedes Jahr nach Sepang im westlichen Teil von Malaysia, zunächst im Herbst, ab 2001 jeweils im Frühling. In dieser Saison nun wird das Rennen wieder Anfang Oktober stattfinden. Damit ist dieser Grand Prix - nach Japan - der traditionsreichste auf dem asiatischen Kontinent.

In Malaysia ist es traditionell extrem heiß. Michael Schumacher goß sich 2006 lieber mal ein Wasser in den Rennanzug, Foto: Sutton
In Malaysia ist es traditionell extrem heiß. Michael Schumacher goß sich 2006 lieber mal ein Wasser in den Rennanzug, Foto: Sutton

Hier wartet auf die Piloten und ihre Teams eine besondere Herausforderung: Die extrem hohe Luftfeuchtigkeit in den tropischen Wäldern Malaysias stellt höchste Ansprüche an Menschen und Maschinen. Auch wenn die Fahrer extrem viel trinken, verlieren sie während des Rennens dennoch rund 1,5 Liter Flüssigkeit.

Japan GP: Als Lauda freiwillig aufgab

Der absolute Klassiker in Asien ist der Japan GP. Vermutlich nirgendwo auf der Welt sind die Fans so verrückt, so enthusiastisch und so kreativ wie in Suzuka. Zu hunderttausenden strömen die technik-affinen Japaner bei jedem Wetter und in farbenfrohen Verkleidungen an den International Racing Course. Zudem besteht durch Honda, seit Jahrzehnten immer wieder Motorenlieferant für Teams der Königsklasse, eine enge Bindung zwischen Rennserie und Land.

24. Oktober 1976: James Hunt fährt durch den Regen von Fuji, Foto: Phipps/Sutton
24. Oktober 1976: James Hunt fährt durch den Regen von Fuji, Foto: Phipps/Sutton

1976 wurde der Japan GP erstmals im Rahmen der Formel-1-Weltmeisterschaft ausgetragen - und gleich entstand eine Legende: Im sintflutartigen Regen von Fuji war Niki Lauda das Risiko trotz eines möglichen WM-Titels zu hoch. Er stellte seinen Boliden freiwillig vorzeitig ab, James Hunt wurde Weltmeister. Seit 1987 wird ununterbrochen im Land gefahren, meist in Suzuka. Die neben Spa letzte im Rennkalender verbliebene Naturrennstrecke gleicht in mehrerer Hinsicht einer Achterbahn. 2007 und 2008 fand die Veranstaltung jeweils wieder in Fuji statt.

Abu Dhabi GP: Spektakel zum Finale

Im Jahr 2009 endete die Saison der Königsklasse erstmals in Abu Dhabi, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate. Es war gleichzeitig die Premiere dieses Formel-1-Rennens. Nachdem man die Ausrichtung des Finales zwischendurch wieder an Brasilien abgeben musste, findet es 2016 zum dritten Mal in Folge auf dem Yas Marinas Circuit direkt am Persischen Golf statt. Die Veranstaltung hat sich als würdiger Jahres-Abschluss erwiesen.

Zum Abschluss der Saison 2013 gab es in Abu Dhabi wie immer ein Feuerwerk. Sebastian Vettel wurde Weltmeister und gab eine Runde Donuts aus, Foto: Sutton
Zum Abschluss der Saison 2013 gab es in Abu Dhabi wie immer ein Feuerwerk. Sebastian Vettel wurde Weltmeister und gab eine Runde Donuts aus, Foto: Sutton

Zum einen bietet auch dieser Grand Prix eine spezielle Atmosphäre: Er startet am späten Nachmittag Ortszeit und endet bei Dunkelheit, sodass die Autos in der Dämmerung über die Strecke rasen. Der Kurs selbst hat ebenfalls einige Besonderheiten zu bieten. Mit 1,2 Kilometern weist er die längste Gerade der Saison auf. Zudem verläuft die Boxenausfahrt durch einen Tunnel, der erst in Kurve eins wieder auf die Strecke führt.