1. S wie Startaufstellung

Alles beim alten und dennoch einiges neues. An der Spitze hat sich wie gewohnt nichts getan. Lewis Hamilton hat seine nächste Pole Position eingefahren. Das beeindruckende dabei: Der Brite ist nun mit Juan Manuel Fangio und Ayrton Senna - allesamt fünf Poles in Monza - gleichzogen. Konstant starke Leistungen werden belohnt. Und konstanterweise hat der Brite auch einmal mehr Nico Rosberg bezwungen.

Dahinter alles wie gehabt? Nicht ganz. Ferrari scheint sich zwar wieder aufgerappelt zu haben. Red Bull hingegen hat an Boden verloren. Wie der Bullenzähmer Max Verstappen behauptet, sei der Rückstand gar nicht so groß wie erwartet. Doch insgeheim haben nicht wenig mit einer Fortsetzung des starken Trends aus Spa gerechnet. Nicht nur beide Ferraris (Vettel auf drei, Räikkönen auf vier) sind vorbei, sondern auch Williams-Mann Valtteri Bottas. Dahinter erst Daniel Ricciardo und sein Teamkollege. Die Top-10 machen die beiden Force India-Piloten Sergio Perez und Nico Hülkenberg sowie Überraschungsmann Esteban Gutierrez voll.

Kniffliger Start in Monza, Foto: Sutton
Kniffliger Start in Monza, Foto: Sutton

2. S wie Start

Der Start in Monza ist besonders knifflig. Mit 638 Metern vom Start bis Kurve eins haben die Fahrer mit den längsten Weg zu absolvieren. Damit kommen Hamilton und Co. mit hohem Speed zur ersten Schikane. Ebenfalls bietet sich am Start die Möglichkeit, vom Windschatten des Vordermanns zu profitieren. Darin sehen auch einige Fahrer die Chance, verlorenen Boden aus dem Qualifying gut zu machen. So auch Nico Rosberg, der wenig Chancen sieht, nach der Startphase an Hamilton vorbeizukommen. "Danach wird das schwierig. Mit der Strategie kann man nicht viel machen. Der Start ist wichtig. Dann sehen wir weiter", so der Silberpfeil-Pilot.

Aber nicht nur die Anfahrt auf die erste Schikane bietet Überholmöglichkeiten. In der langgezogenen Curva Grande kann man sich nämlich ebenso gut an den Vordermann heransaugen und ihn vor der Schikane Variante della Roggia ausbremsen. Erfahrungsgemäß ist dort das Getümmel groß. Die Schikane erlangte traurige Bekanntheit, als Heinz-Harald Frentzen im Jahr 2001 seinen Vordermann berührte und einen Massencrash auslöste. Ein herumfliegender Reifen traf einen Streckenposten und verletzte ihn tödlich.

Streckendaten
Länge: 5.793 m
Runden: 53
GP-Distanz: 306,720 km
Rundenrekord: 1:21.046 (BAR, 2004)
Kurven: 11 (4 links, 7 rechts)
Weg bis Kurve 1: 638 m
Länge Boxengasse: 417 m
Zeit in Box bei 80 km/h: 18,77 s

3. S wie Strategie

Statistisch gesehen ist die Pole Position in Monza wichtiger als in Monaco. Seit 2000 hat den Italien Grand Prix 13 Mal der Pole Setter gewonnen, im Fürstentum nur zehnmal. Lewis Hamilton vermutet den Grund darin, dass enges Windschattenfahren in Monza aufgrund des geringen Downforce-Levels und der verwirbelten Luft ineffizient ist. "Auf diesen langen Geraden ziehen sich die Turbulenzen recht weit und je näher du an einen Vordermann kommst, desto weniger Downforce hast du. Und hier haben wir sowieso extrem wenig Abtrieb", vermutet der amtierende Weltmeister.

Was die Reifenstrategie angeht, war Lewis Hamilton 2015 mit einer Ein-Stopp-Strategie am erfolgreichsten. Er ging das Rennen auf dem weichen Reifen an und wechselte in Runde 26 auf den Medium-Schlappen. Ähnliches kann man auch für dieses Jahr erwarten. Zumindest von den Silberpfeilen und allen anderen Teams, die auf dem weichen Reifen ins Rennen gehen werden. Den Teams, die auf Supersofts starten werden (in jedem Fall allesamt von Vettel bis Gutierrez), bieten sich allerdings etwas mehr strategische Freiräume. Dort könnten die Anzahl der Boxenstopps je nach Rennverlauf durchaus auf zwei steigen.

4. S wie Strecke

Auf dem Papier sicherlich nicht die spannendste aller Strecken. Aber zumindest ist der Autodromo Nazionale Monza ein Garant für Überholmanöver. Die zwei DRS-Zonen auf Start/Ziel und auf der Geraden nach der zweiten Lesmo-Kurve bieten tatsächlich die Möglichkeit zu überholen. Jenes Problem der "Dirty Air", von dem Hamilton berichtete, macht es jedoch schwer, sich nah genug an den Vordermann heranzupirschen.

Doch auch wenn die Strecke nur wenige Kurven hat, elf sind es an der Zahl, macht das Racing darauf eine Menge Spaß. "Die Leute glauben, Monza bestünde nur aus Geraden mit engen Kurven. Aber das stimmt so nicht. Die Kurven wie die Lesmos, die Ascari Schikane und die Parabolica sind große, schnelle Kurven, die eine Menge Präzision und Hingabe erfordern. Das ist eine großartige Strecke", schwärmt beispielsweise F1-Teilzeitrentner in spe, Jenson Button.

5. S wie Sonnenschein

Das Wetter in Italien im Spätsommer ist eine Pracht. In der Regel können sich Fahrer und Teams auf ein trockenes Rennwochenende freuen, die Wahrscheinlichkeit einer Regensession liegt bei vier Prozent. Niederschlag ist selten, aber wenn es regnet, dann richtig. 2008 feierte Sebastian Vettel am fast durchgehend verregnete Wochenende in Monza seinen ersten Sieg in der Königsklasse, nachdem er sich zuvor die Pole Position gesichert hatte.

Doch dazu wird es 2016 nicht kommen, also zum Vettel-Sieg. Denn auch wenn das gesamte Wochenende bislang Traumwetter bot, steigt die Regenwahrscheinlichkeit am morgigen Rennsonntag ein wenig an. Ab Rennstart um 14 Uhr besteht eine zehnprozentige Regenwahrscheinlichkeit, die ab 15 Uhr auf 30 Prozent steigt. Das könnte die Strategien der Teams gehörig durcheinanderwirbeln. Petrus könnte einmal mehr das Zünglein an der Waage sein, was den Rennausgang angeht. Heiß soll es bleiben, egal ob Sonne oder Regen. Die Wettervorhersage prognostiziert Temperaturen um die 30 Grad.

6. S wie Speed

Richtige Highspeed-Strecken sind im Rennkalender immer rarer geworden. Seit der Hockenheimring Anfang des neuen Jahrtausends umgebaut wurde, ist Monza der einzig richtige Highspeed-Kurs. Zwar gibt es mit Kanada, Baku oder Spa drei weitere Kandidaten, auf denen schwindelerregende Topspeeds und auch Topspeed-Rekorde (siehe Williams in Baku dieses Jahr) erreicht werden. Aber auf keinem anderen Kurs wird mit derlei wenig Abtrieb gefahren wie in Monza. Mit 70 Prozent hat die Strecke den höchsten Vollgasanteil im Rennkalender. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 355 km/h, wobei Kimi Räikkönen dies mit seinem Topwert von 358,3 km/h überbieten konnte.

7. S wie Sieger

Der Sieg geht einmal mehr nur über Mercedes. Wenn es zwischen Lewis Hamilton und Nico Rosberg nicht krachen sollte und sie vom Defektteufel verschont bleiben, kann sich der Rest nur noch um den letzten verbleibenden Platz auf dem Podium zanken. Dass der Vorsprung im Qualifying so eklatant hoch ausfallen würde, davon war fast schon auszugehen, denn Mercedes war die letzten Jahre schon unschlagbar im Land der Tifosi. "Am Freitag war das Auto schon gut. Wir konnten die Reifen richtig zum Arbeiten bekommen. Wenn du das Fenster triffst, bist du sehr schnell - und wir haben es gefunden", fand Toto Wolff die richtigen Worte.

Vorjahressieger Lewis Hamilton, Foto: Sutton
Vorjahressieger Lewis Hamilton, Foto: Sutton

Einen Lichtblick für die Konkurrenz könnten die unterschiedlichen Reifenstrategien sein. Während Mercedes ganz klar auf eine Ein-Boxenstopp-Strategie setzt und mit den weichen Reifen ins Rennen geht, werden alle anderen Top-10-Fahrer auf den Supersofts angreifen. Ein Vorteil im ersten Stint und eine etwas flexiblere Strategie. Da könnte die Stunde von Reifenflüsterern wie Kimi Räikkönen schlagen, auch wenn die Wahrscheinlichkeit nicht sonderlich hoch ist. "Trotzdem haben wir verschiedene Optionen bei den Reifen morgen", sagte der Iceman etwas kryptisch.

Und wie tippt die Motorsport-Magazin.com-Redaktion? Das sind unsere (nicht immer ganz ernst gemeinten) Tipps für den Italien Grand Prix:

Manuel Schulz: Im Land von Pizza, Pasta und Eis kann auch das Rennen in Monza nur in einem kulinarischen Chaos enden. Nach einem kräftig gewürzten Karbon-Salat in der ersten Schikane verkeilen sich im Stile eines Spaghetti-Knotens gleich mehrere Fahrzeuge in Schikane zwei. Für die Rennunterbrechung bestellen sich einige Piloten einen Espresso, was sich jedoch als Fehler herausstellt, da dieser mit Red Bull statt Wasser aufgebrüht wurde. So sehen Verstappen und Räikkönen schon Töne und als es wieder losgeht kocht die Stimmung über, weil der Finne erneut vom 18-jährigen Niederländer abgedrängt wird. Irgendwann ist dann aber auch die heißeste Pizza gegessen und das Rennen vorbei.

Manuels Top-3-Tipp: 1. Rosberg 2. Räikkönen 3. Hülkenberg

Marion Rott: Ohne große Umschweife: Silber auf 1 und 2 und zwar genau in der Reihenfolge, wie sie das Rennen starten. Gähn! Auch dahinter wird nicht viel passieren. Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen werden den Teufel tun und sich erneut in die Karre fahren - vor allem beim Heimspiel der Roten. Also bleibt nur die Hoffnung, dass sich zumindest das Mittelfeld heiße Duelle liefert!

Marions Top-3-Tipp: 1. Hamilton 2. Rosberg 3. Vettel

Robert Seiwert: Okay, heute mal einer für die Märchenstunde. Massa siegt vor Button. Irgendwie schade, dass die alten Jungs die F1 bald verlassen - da wäre so ein Knaller doch ein schöner Auftakt zur Abschiedstournee. Genauso schade, dass Massa und Button in Autos sitzen, in denen sie überhaupt nichts mehr reißen werden und bis Saisonende vor sich hindümpeln. Zeit also für ein bisschen Magie in Monza.

Vornames Top-3-Tipp: 1. Massa 2. Button 3. Verstappen

Jonas Fehling: Lewis Hamilton ist in Monza nicht zu schlagen. Schon gar nicht, wenn dem einzigen auch nur irgendwie aussichtsreichen Kandidaten der Motor hochgeht. Die Gremlins haben Nico Rosberg bislang einfach zu sehr geschont ... Seb & Kimi lassen dahinter mit einem Doppelpodium die Tifosi jubeln.

Jonas' Top-3-Tipp: 1. Hamilton 2. Vettel 3. Räikkönen

Stephan Heublein: Monza. Land der Tifosi. Eine Legende der Formel 1. Da darf man doch mal ein bisschen träumen... Ein Sieg zum Abschied für den ehemaligen Ferrari-Star. Das erste Podium in der Königsklasse. Und ein letzter Podestplatz für dem (vorübergehenden?) Abschied. Realistisch? Nie und nimmer. Niemals. Aber schön wäre es doch, nicht wahr?

Stephans Top-3-Tipp: 1. Massa 2. Hülkenberg 3. Button