Erst Pascal Wehrlein, jetzt Esteban Ocon. Manor gilt in der Öffentlichkeit als das neue Nachwuchs-Team von Mercedes. Hier bunkern die Silberpfeile ihre Talente, bis der Weg zu einer höheren Aufgabe - ein Cockpit im Werksteam - frei ist. Klar, als Motoren-Kunde und kleines Team ohne jeglichen Erfolgsdruck bietet sich Manor Racing an. Es soll aber nicht die Antwort auf Red Bull und Schwesterteam Toro Rosso sein. Ein ‚Toto Rosso´, wie Manor schon in den Medien genannt wurde, soll es nicht geben.

Darauf beharrte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff am vergangenen Wochenende in Spa-Francorchamps beharrlich. "Wir sind kein Anteilseigner des Teams und wollen auch keiner werden", machte der Österreicher deutlich. "Wir besitzen es nicht und werden es nicht übernehmen. Unser Hauptziel bleibt, mit Mercedes Titel zu gewinnen." Damit die Zukunft allerdings ähnlich erfolgreich verläuft wie die Gegenwart, muss Mercedes vorbauen. Das hat der Hersteller vor einigen Jahren verstanden.

Wettrennen um die Stars von morgen

Längst ist ein Wettrennen um die größten Formel-Talente ausgebrochen. Ferrari und Red Bull sind Mercedes´ größte Konkurrenten. Das wurde Mercedes und Wolff vor nicht allzu langer Zeit hart vor Augen geführt, als den Silberpfeilen ein gewisser Max Verstappen durch die Lappen ging. Zu unattraktiv waren die Optionen, die Mercedes zu dieser Zeit bieten konnte. Mit einem GP2-Cockpit kann man kein Jahrhundert-Talent überzeugen.

"Als wir das Projekt vor einigen Jahren eingeführt haben, gab es keine Kapazitäten für ein Juniorprogramm", räumte Wolff ein. "Max ist ein gutes Beispiel. Er ist durchgefallen, weil wir kein System hatten." Mercedes hat daraus gelernt, mit Wehrlein wurde der Anfang gemacht. Ocon, kurz in der DTM geparkt, war der Nächste. Der junge Franzose wird in der Szene sehr hoch eingeschätzt, könnte wie Wehrlein ein Mann fürs Werksauto werden.

Wehrlein im Mercedes-Overall: Durchaus möglich ab 2019, Foto: Sutton
Wehrlein im Mercedes-Overall: Durchaus möglich ab 2019, Foto: Sutton

Ganz ohne Kohle geht´s nicht

Da bietet sich Manor als Kaderschmiede für den großen Hersteller geradezu an. Wegen des Motoren-Deals bestehen gewisse Abhängigkeiten. Es wird dadurch günstiger, Top-Talente unterzubringen. Und Manor profitiert, indem sie junge und hungrige Nachwuchspiloten im Auto haben. Das Problem: Ganz ohne Fahrer mit großem Budget würde sich der kleine Rennstall nicht jahrelang über Wasser halten können. Die immensen Ausgaben eines zusätzlichen Formel-1-Teams könnte wohl auch Mercedes nicht rechtfertigen. Dieser Luxus bleibt zunächst Red Bull vorbehalten.

Dass das Manor-Modell eines mit Zukunft ist, bestätigte allerdings auch Wolff. Die perfekte und günstigste Lösung, talentierte Fahrer mit einem Formel-1-Cockpit zu locken, will sich Mercedes nicht entgehen lassen. "Es könnte eine Kooperation sein, die über das, was wir jetzt haben, noch hinausgeht", ließ Wolff durchblicken. "Die Pläne über ein Junior-Team, das wir mitbesitzen, haben sich aber nicht verändert."

Eines der größten Talente im Formelsport: Esteban Ocon, Foto: Mercedes
Eines der größten Talente im Formelsport: Esteban Ocon, Foto: Mercedes

Glücksfall Pleite-Haryanto

Die finanziellen Nöte von Rio Haryanto stellten sich für Mercedes als Glücksfall heraus, um Ocon weiter an sich zu binden. Allein ein Stammcockpit in der DTM hätte dem Franzosen nicht ausgereicht, für ihn waren die Tourenwagen nie mehr als eine Zwischenlösung. Verständlich bei einem jungen Mann, der in sämtlichen Formel-Nachwuchsserien abgeräumt hat. Er wird dieses Jahr auch Renault nicht mehr zur Verfügung stehen, sollte es hier einen Ausfall der Stammfahrer geben. Ab sofort volle Konzentration auf Manor - und Mercedes.

Und dann? Wehrlein und Ocon wollen in absehbarer Zukunft den nächsten Schritt machen. Das Werksteam ist mit Lewis Hamilton und Nico Rosberg - laut Vertrag - bis Ende 2018 dicht. Mit Force India stünde ein weiterer Motorenkunde auf der Karriereleiter parat. Die Zeit läuft schon; nach Wehrlein und Ocon stehen bereits eine Reihe weiterer Top-Talente parat, die in den kommenden Jahren den Sprung in die Formel 1 schaffen wollen.

Die Mercedes-Stars der Zukunft?

Motorsport-Magazin.com zeigt die hoffnungsvollsten Fahrer, mit denen Mercedes bereits zusammenarbeitet oder für die Zukunft auf dem Zettel hat.

1. - Mick Schumacher: Sein Weg führt unweigerlich in die Formel 1, wenn er den Spaß am Motorsport nicht verlieren sollte. Mercedes hat sich dem Sohn von Michael Schumacher bereits angenommen, ließ ihn beim Show-Event in Stuttgart fahren und lud ihn in Hockenheim in die Box ein. Schon jetzt fragt sich die Fachwelt: Geht er einmal zu Mercedes oder zu Ferrari?

Mick zusammen mit Rosberg bei Stars&Cars, Foto: Mercedes-Benz
Mick zusammen mit Rosberg bei Stars&Cars, Foto: Mercedes-Benz

2. - Maximilian Günther: Wird seit einigen Jahren von Mercedes gefördert und startet aktuell in der Formel 3 Europameisterschaft für Mercedes-Motorenkunde Prema. Das mit Erfolg: Günther belegt den zweiten Platz in seiner zweiten Saison. Er hat nur Lance Stroll vor der Nase. Dass dem Vater des Kanadiers Anteile an Prema gehören, verbessert Günthers Chancen natürlich nicht... Trotzdem ein Talent mit Zukunft, bei dem bereits einige Hersteller und Teams angeklopft haben.

3. - David Beckmann: Ganz junger Mann, der derzeit die Mücke-Talentschmiede durchläuft. Ebenfalls von Mercedes gefördert, fährt er seine erste Saison in der Formel 3. Konnte mit einem Podestplatz bereits auf sich aufmerksam machen und zeigt vielversprechende Anlagen. Er ist gerade mal 16 Jahre jung und hat Zeit sich zu entwickeln.

David Beckmann fährt seit 2015 im Formelsport, Foto: ADAC Formel 4
David Beckmann fährt seit 2015 im Formelsport, Foto: ADAC Formel 4

4. - Lucas Auer: Fährt für Mercedes in der DTM, kommt aber aus dem Formelsport. Wird immer wieder mit der Formel 1 in Verbindung gebracht. Nicht zuletzt wegen seines prominenten Onkels Gerhard Berger. Jenem Berger, der bereits für Rosberg die Verhandlungen führte und Auer ebenfalls gern in der F1 sehen würde.

5. - Marvin Kirchhöfer: Galt jahrelang als größtes deutsches Nachwuchstalent und fuhr in den Nachwuchsserien von Erfolg zu Erfolg. Hatte dieses Jahr Chancen auf ein DTM-Cockpit bei Mercedes, doch der Plan zerschlug sich am Ende. In der GP2 hat er es aktuell nicht einfach mit Carlin gegen übermächtige Konkurrenz von Prema und Co. Mit 22 Jahren ist auch er noch jung genug, um den Sprung in die Formel 1 zu schaffen.

Marvin Kirchhöfer fährt dieses Jahr in der GP2, Foto: Marco Lang
Marvin Kirchhöfer fährt dieses Jahr in der GP2, Foto: Marco Lang

6. - Lando Norris: Gilt in Großbritannien aktuell als Mega-Hoffnung für die Zukunft. Dürfte bei Mercedes und allen anderen Teams auf dem Zettel stehen. Mit 16 Jahren dominiert er derzeit die Formel Renault 2.0 mit dem deutschen Rennstall Josef Kaufmann Racing. Extrem schnell mit hoher Lernkurve - Norris ist ein Zukunfts-Kandidat für die Formel 1, den man sich schon jetzt sichern muss. Der Kart-Weltmeister von 2014 wurde in renommierten britischen Zeitungen schon in einem Zuge mit Hamilton genannt.

Klein, aber oho: Lando Norris, große britische Formelhoffnung, Foto: ADAC Formel 4
Klein, aber oho: Lando Norris, große britische Formelhoffnung, Foto: ADAC Formel 4