Monza. Italien GP. Alle Augen sind auf Ferrari gerichtet. Die Tifosi warten gespannt auf den Tribünen und im Radio läuft den ganzen Tag Formel 1. Doch nicht nur das Motorhome der Scuderia Ferrari wird sich über regen Zulauf freuen. Auch am anderen Ende des Fahrerlagers erhofft sich ein Team ein wenig mehr Besuch als sonst: Haas F1. "Wenn man am Anfang des Paddock ist, sind die Leute interessierter, aber da wir mit zwei italienischen Unternehmen zusammenarbeiten, werden ein paar Freunde vorbeikommen", sagte Teammanager Günther Steiner.

Warum? Weil es halb italienisch ist! Das Team von Gene Haas startet zwar unter us-amerikanischer Lizenz, bezieht aber viele seiner Teile aus dem Land der Pizza und Pasta. Mit Esteban Gutierrez sitzt sogar ein Ferrari-Testfahrer im Cockpit und beweist die enge Zusammenarbeit zwischen dem traditionsreichstem Team der Formel-1 und dem Neuankömmling. Motorsport-Magazin.com erklärt die außergewöhnliche Idee von Haas ein wenig genauer.

Wie läuft die Zusammenarbeit?

Romain Grosjean fuhr beim Auftaktrennen auf Platz sechs ins Ziel, Foto: Sutton
Romain Grosjean fuhr beim Auftaktrennen auf Platz sechs ins Ziel, Foto: Sutton

Power-Unit, Getriebe und der technische Support werden vom Team aus Maranello geliefert, der bekannte Chassis-Bauer Dallara hat das Design-Team von Haas im Firmensitz in Parma untergebracht. Diese bisher einzigartige Beziehung zwischen einem Formel-1-Team und seinen Zulieferern fand seinen Ursprung in der Idee von Gene Haas, der selbst den teuersten Rennsport der Welt bezahlbar machen will.

Dabei bezieht Haas F1 von Ferrari so viele Teile, wie das Regelwerk erlaubt. Nur die Teile, die wirklich vom Team entwickelt werden müssen, stellt das auch wirklich selbst her. Dadurch spart das Team enorm an Personal und kommt mit sehr geringen Kosten für Entwicklung und Forschung aus. Selbst bei der Windkanal-Nutzung arbeitet Haas Hand in Hand mit Ferrari. Die Hilfe von Dallara war allerdings auch von entscheidender Bedeutung.

"Dallara hat viel Erfahrung, Wissen und die Infrastruktur um einen Rennwagen zu bauen. Daher waren sie für uns die beste Wahl", sagte Steiner. Allerdings betont er, dass Dallara nicht nur ein Lieferant für Haas geworden ist: "Wir haben zusammen viel gelernt. Sie gehören zum Team und das ist auch für sie eine neue Erfahrung."

Wer ist Dallara?

Ferrari ist weltbekannt, der Name Dallara jedoch ist in der Königsklasse nahezu unbekannt. Dallara selbst hat als Rennwagenhersteller bereits seit Anfang der 70er-Jahre Erfahrung mit der Königsklasse. Die ersten Boliden wurden von Frank Williams Racing Cars eingesetzt. Nachdem Piers Courage allerdings beim Großen Preis der Niederlande tödlich verunglückte, zog sich Dallara erst einmal aus der Formel 1 zurück. 15 Jahre später kehrte Dallara für das Projekt BMW Scuderia Italia zurück, allerdings wenig erfolgreich.

Auch der Einstieg mit Honda stand unter keinem guten Stern. Harvey Postlethwaite, der den Honda RA099 als Vorläufer des Werks-Honda für die Saison 2000 entwickelt hatte, starb, bevor das Auto weit genug für die Produktion war. Erst mit dem Hispania Racing F1 Team (kurz HRT) kehrte Dallara wieder in die Formel 1 zurück, allerdings auch nicht allzu erfolgreich, was aber am Budget des Teams lag. Mit Haas F1 scheint Dallara endlich auch in der Formel 1 den Durchbruch geschafft zu haben.

Was sagen die Fahrer dazu?

"Es ist eine unerlässliche Zusammenarbeit. Die ganze Idee hinter dem Haas F1 Team basiert auf der Partnerschaft mit Ferrari und Dallara", erklärte Romain Grosjean. Um ein gutes Auto zu haben, habe jedoch die Partnerschaft funktionieren müssen, was sie tat. Sein Teamkollege Esteban Gutierrez macht die Expertise der beiden italienischen Firmen mit verantwortlich für die guten Ergebnisse: "Es war wirklich wichtig die Erfahrung von Ferrari und Dallara aufzunehmen. Wir haben viel gelernt und aus der Sicht war es ein wichtiger Teil unseres Erfolgs."

Gutierrez war 2015 noch Testfahrer bei Ferrari, Foto: Sutton
Gutierrez war 2015 noch Testfahrer bei Ferrari, Foto: Sutton

Modell für die Zukunft?

Der Erfolg gibt Haas auf jeden Fall recht. Seit der Jahrtausendwende hat kein anderes Team so viele Punkte in seiner Debüt-Saison gemacht wie Haas. 28 Punkte stehen bislang auf dem Konto des Teams und noch sind acht Rennen zu fahren. Mit einem starken Schlussspurt ist sogar noch Toro Rosso in Reichweite.

Dass die Pace gut ist, haben Romain Grosjean und Esteban Gutierrez bereits bewiesen. Die größte Überraschung war dabei wohl der sechste Platz durch den Franzosen beim Saisonauftakt in Australien, als das Team nach einem verpatzten Qualifikationstraining von weit hinten ins Rennen gehen musste. Die weiteren Qualifyings liefen besser und schon fünfmal schrammte das Team auf dem elften Platz knapp am Einzug in die Top-Ten vorbei.

Mit dem Erfolg ist das Team schon sehr zufrieden, doch die Reise soll auf lange Sicht noch weiter nach oben gehen. "Wenn wir uns 2016 anschauen, haben wir schon gute Arbeit geleistet, aber es gibt noch Spielraum für Verbesserungen", so Steiner. Für die nächste Saison arbeiten alle Beteiligten daran noch effizienter zu arbeiten, um das gesamte Programm zu verbessern.

Günther Steiner und Gene Haas sind die Köpfer hinter Haas F1, Foto: Sutton
Günther Steiner und Gene Haas sind die Köpfer hinter Haas F1, Foto: Sutton

Darauf angesprochen, ob das Projekt Außenstehende dazu bringen könnte, das Haas-F1-Modell zu kopieren, um in die Formel 1 zu kommen, sagt Steiner: "Ich hoffe es. Ich wünsche mir immer Konkurrenz, besonders, wenn sie sieht, dass es funktionieren kann. Ich glaube es gibt noch eine Lizenz, die jemand erwerben kann."

Allerdings kann er sich nur vorstellen, dass ein neues Team dem Haas-Ansatz nacheifert: "Ich denke nicht, dass ein bestehendes Team versuchen wird es uns gleich zu tun. Dass wäre zu schwierig für sie." Er betont jedoch, dass die anderen Teams ihren eigenen Weg finden müssten: "Es gibt aber noch ein paar andere starke Teams, die das liefern können, was wir von Ferrari bekommen."