Fernando Alonso hatte sich nach seiner Defekt-Odyssee samt Strafversetzung auf den letzten Startplatz nicht allzu viel für den Grand Prix von Belgien ausgerechnet. Die spannendste Frage war laut seiner Aussage am Samstag noch, wie schnell der mit ihm aus der letzten Reihe startende Lewis Hamilton durchs Feld pflügen würde. Alonso fand sich jedoch sehr schnell hinter der Spitzengruppe wieder. Einzig eine Unachtsamkeit in der Boxengasse drohte kurzzeitig, seinen Vorwärtsdrang am Sonntag zu stoppen.

Fauxpas beim Boxenstopp bleibt ohne Folgen

Bei Alonsos erstem regulärem Boxenstopp in Runde 23 wäre der starke Nachmittag fast ruiniert worden. Im Kampf mit Hülkenberg kam er zeitgleich mit dem Konkurrenten an die Box. Bei Force India lief der Stopp nicht ganz glatt und McLaren sah die Chance, sich in der Boxengasse am Gegner vorbeizuschieben.

Was darauf folgte, wurde in der Vergangenheit von der Rennleitung schon oft als Unsafe Release geahndet: McLaren schickte Alonso in den Weg des herannahenden Hülkenberg, und dieser versuchte in der engen Boxenausfahrt innen am Deutschen vorbeizugehen - ohne Erfolg. Beim Zurückstecken berührte er sogar noch das rechte Hinterrad des Kontrahenten, was zum Glück ebenfalls ohne Konsequenzen blieb. Alonso konnte sein Rennen also ohne Schaden und unbehelligt von den Stewards fortführen.

Die Stewards zeigten sich bei Alonsos Aktion in der Boxengasse nachsichtig, Foto: Sutton
Die Stewards zeigten sich bei Alonsos Aktion in der Boxengasse nachsichtig, Foto: Sutton

Von Hamilton angetrieben nach vorne

Statt sich nur Hamiltons Aufholjagd aus der zweiten Reihe anzuschauen, lag Alonso nach der ersten Runde selbst schon auf Platz zwölf und damit sogar vor dem Weltmeister im Silberpfeil. Der Gewinn von neun Positionen in nur einem Umlauf hatte aber andere Gründe als Alonsos fahrerischen Qualitäten. "Wir konnten allen Zwischenfällen und Problemen aus dem Weg gehen", so der Spanier in Bezug auf das Chaos der ersten Runde, dem neben Autos aus dem Mittelfeld fast die gesamte Spitzengruppe zum Opfer fiel.

Damit war für Alonso jedoch noch längst nicht Schluss, denn auch der weitere Rennverlauf entwickelte sich zu einem regelrechten Geschenk für den McLaren-Piloten. "Das Rennen war seit dem FP2 die erste Session, die ich an diesem Wochenende beendet habe. All das Pech, das wir über das gesamte Wochenende hatten, hat sich heute im Rennen in Glück verwandelt", fügte er an.

Alonso hätte wohl kaum gedacht, dass er zu Anfang schneller als Hamilton durch das Feld stürmen würde, Foto: Sutton
Alonso hätte wohl kaum gedacht, dass er zu Anfang schneller als Hamilton durch das Feld stürmen würde, Foto: Sutton

Widerwillen zur perfekten Strategie

Alonsos zweiter Jackpot in der Anfangsphase des Rennens war Kevin Magnussens Unfall in Eau Rouge. In der daraus resultierenden Safety-Car-Phase gingen fast alle Piloten, die das Rennen auf Soft oder Supersoft gestartet waren, zum Reifenwechsel an die Box. Für Alonso bestand diese Notwendigkeit jedoch nicht: In Erwartung einer langen Aufholjagd, war er als einziger Fahrer neben Hamilton auf der Medium-Mischung ins Rennen gegangen.

"Wir hatten Glück mit dem Safety Car und der roten Flagge. Das hat dafür gesorgt, dass wir uns mit Platz vier in einer sehr guten Position wiedergefunden haben", so Alonso. Auch der Rennabbruch, bei dem die Teams die Möglichkeit zum Reifenwechsel bekamen, kam Alonso und seiner Crew entgegen: "Wir konnten dann gleich frische Reifen aufziehen, ohne dafür einen Boxenstopp machen zu müssen."

Alonso konnte die Rennunterbrechung optimal nutzen, Foto: Sutton
Alonso konnte die Rennunterbrechung optimal nutzen, Foto: Sutton

Konkurrenz war eine Nummer zu groß

Im weiteren Rennverlauf und bei regulärem Renntempo musste Alonso jedoch akzeptieren, dass er mit seinem Auto so weit vorne auf verlorenem Posten war: "Ich habe versucht, den vierten Platz zu verwalten. Aber wir konnten Hamilton, Perez und Vettel nicht halten, da sie einfach zu schnell waren."

Zunächst drohten auch Massa und Bottas über den 36-Jährigen herzufallen, doch eine Attacke der Williams-Teamkollegen konnte er erfolgreich abwehren: Ein Umstand, der laut Alonso vor allem der unermüdlichen Arbeit im Team geschuldet ist: "Dafür sind auf jeden Fall die Updates verantwortlich. Letztes Jahr in Spa oder selbst vor ein paar Monaten noch, konnten wir nicht gegen Williams kämpfen."

Force India war für McLaren in Spa noch zu schnell, Foto: Sutton
Force India war für McLaren in Spa noch zu schnell, Foto: Sutton

McLaren wieder voll auf Kurs

Die Performance seines Autos auf einem Kurs wie Spa ist für Alonso ein deutliches Indiz, dass es nach einer Phase der Stagnation bei McLaren endlich wieder aufwärts geht. "Wir hatten dieses Wochenende die Pace. Ein Ergebnis wie heute war auf einem Kurs wie hier vor einigen Monaten noch undenkbar", sagt der Spanier.

In der Konstrukteurswertung konnte das Team mit Alonsos Einzelresultat an diesem Sonntag sogar einen Sprung nach vorne machen und liegt nun drei Punkte vor Toro Rosso auf Position sechs. Die Ansprüche des 32-fachen Grand-Prix-Siegers sind natürlich andere: "Die Freude ist noch nicht die Größte, denn wenn du um Platz sieben kämpfst, ist das nicht das Ziel, das du eigentlich hast."

Richtungsweisend für die Zukunft sei das Ergebnis von Spa allerdings schon. "Ich denke, der Fortschritt den das Team in den letzten sechs bis sieben Monaten gemacht hat, ist ausgezeichnet. Wenn wir dieses Momentum für das nächste Jahr aufrechterhalten können, wäre das großartig", so Alonso.