Platz fünf hinter beiden Ferraris und drei Zehntel Rückstand auf den Teamkollegen waren für Daniel Ricciardo sicherlich nicht das Wunsch-Szenario für das Qualifying zum Grand Prix von Belgien. Sein letzter Versuch in Q3 war schon nach dem ersten Sektor ohne jede Hoffnung. Der 27-Jährige sieht sich für das Rennen allerdings deutlich besser gerüstet.

"Gerade wenn du auf so einer langen Runde schon die erste Kurve verhaust, ist das nicht schön", sagt Ricciardo, nachdem er auf seiner letzten fliegenden Runde in La Source bereits den Scheitelpunk deutlich verpasst hatte. Der Australier zog die Runde zwar trotzdem durch und holte im Mittelsektor sogar nochmal ein Zehntel auf die Bestzeit auf, doch von den vier Zehnteln Rückstand aus Sektor 1 kam er nicht mehr runter.

Auch die äußeren Umstände spielten Ricciardo nicht in die Karten. "Die Mechaniker haben mir gesagt, dass sich der Wind zum Zeitpunkt meiner letzten Runde gedreht hat", so Ricciardo, der auch darin einen Grund für den großen Zeitverlust in Sektor 1 sieht.

Die letzte fliegende Runde war schon nach dem ersten Sektor hinüber, Foto: Sutton
Die letzte fliegende Runde war schon nach dem ersten Sektor hinüber, Foto: Sutton

In Q2 beinahe verzockt

Dabei hätte es Ricciardo um ein Haar nicht einmal ins finale Qualifying-Segment geschafft. In Q2 befand sich der Australier in den Schlussminuten auf Rang neun sozusagen auf einem der Schleudersitze und verzichtete auf seinen letzten Run, während die Konkurrenz dahinter alles daran setzte, den Einzug ins Q3 zu schaffen. Ricciardo gefiel das nicht: "Ich war ein bisschen nervös."

Die Taktik war allerdings schon vor dem Qualifying festgelegt worden und Ricciardo und seine Crew ließen sich von der Konkurrenz nicht aus der Reserve locken: "Das Team und ich hatten uns eine Zielzeit gesetzt und ich wusste, wenn ich eine 1:48.0 Minuten fahre, sollte das sicher sein."

Für den Notfall hatte das Team zwar schon einen Satz Supersoft aufgezogen, aber am Ende musste Ricciardo diesen nicht nutzen. Zum Glück, in Ricciardos Augen, da dies sonst auch seine Rennstrategie beeinträchtigt hätte. "Es hätte uns fürs Q3 nicht geholfen und wenn ich meine Zeit verbessert hätte, hätte ich auf dem Supersoft ins Rennen gehen müssen. Deshalb bin ich ganz froh, dass wir uns an den Plan gehalten haben", so der Belgien-Sieger von 2014.

Im Q2 wurde es für Ricciardo unerwartet eng, Foto: Sutton
Im Q2 wurde es für Ricciardo unerwartet eng, Foto: Sutton

Ricciardo und Verstappen kommen dem Team entgegen

In Sachen Rennstrategie hat sich Ricciardo im Gegensatz zu Teamkollege Max Verstappen für eine andere Variante entschieden. Während Verstappen im Q2 und damit auch beim Rennstart auf den Supersoft setzt, verließ sich Ricciardo auf die Soft-Mischung. Dass die beiden überhaupt auf unterschiedlichen Strategien unterwegs waren, war für die Strategen im Team ein glücklicher Zufall.

"Es war ganz einfach so, dass Max das Rennen auf dem Supersoft starten wollte und ich auf dem Soft. Wir hatten das vorher im Team besprochen, mit zwei unterschiedlichen Strategien. Wir wurden danach gefragt und wir wollten tatsächlich zwei unterschiedliche Strategien fahren", sagt Ricciardo.

Ricciardo und Verstappen verfolgen bei der Strategie unterschiedliche Ansätze, Foto: Sutton
Ricciardo und Verstappen verfolgen bei der Strategie unterschiedliche Ansätze, Foto: Sutton

Soft macht den Unterschied

Ricciardo ist davon überzeugt, dass die härtere Reifenmischung im Rennen einen entscheidenden Strategie-Vorteil bringen wird: "Der Supersoft hält nur eine Handvoll Runden. Der Soft sollte erheblich langlebiger sein. Es kann dein Rennen von einer Dreistopp- zu einer Zweistopp-Strategie ändern."

Im Rennen auf den Supersoft zurückzugreifen, ist für Ricciardo nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen möglich. "Mit einem vollen Tank schadet man dem Reifen natürlich sehr. Das ist auch ein Grund, weshalb ich nicht auf dem Supersoft starten wollte. Mit weniger Sprit an Bord belastest du den Reifen weniger, obwohl du schneller fährst. Im Idealfall wäre der Supersoft also am Ende am besten", so der Red-Bull-Pilot.

2014 triumphierte Ricciardo für Red Bull in Spa, Foto: Sutton
2014 triumphierte Ricciardo für Red Bull in Spa, Foto: Sutton

Ganzes Wochenende schon auf Sonntag hingearbeitet

Ricciardos Weitsicht, am Rennbeginn den langlebigeren Reifen zu benutzen, kam nicht von ungefähr. Das gesamte Wochenende über war der Australier schon damit beschäftigt, die Rennpace seines Boliden zu optimieren: "Ich hatte nicht das Gefühl, dass wir aus der Pace mit wenig Sprit an Bord das Maximum herausgeholt haben. Aber bei allen Longruns habe ich mich ziemlich wohl gefühlt - und ich habe, glaube ich, in jeder Session mindestens einen gemacht."

Neben Ricciardo setzen allerdings auch Rosberg und die Ferraris am Start auf die Soft-Mischung, weshalb er gegen diese Konkurrenz strategisch zunächst keinen Vorteil haben wird. Andererseits ist er davon überzeugt, dass er auch unter gleichen Voraussetzungen für den direkten Kampf gerüstet ist. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir ein gutes Rennen haben können und glaube auf jeden Fall an einen Kampf um das Podium. Es hat vor zwei Jahren geklappt. Es kann also auch von Platz fünf aus klappen, wenn du schnell genug bist", so Ricciardo.