Esteban Gutierrez hat es nicht leicht. Nachdem er zu Saisonbeginn permanent von technischen Defekten geplagt wurde, fuhr sein Teamkollege Romain Grosjean für Haas Punkt um Punkt ein. In den letzten beiden Rennen bezog der Mexikaner zu allem Überfluss auch noch Schelte von Lewis Hamilton und Daniel Ricciardo, weil er beim Überrunden angeblich nicht schnell genug zur Seite fuhr. Nachdem er sich zunächst selbst verteidigt hatte, stellte sich nun auch Haas-Teamchef Günther Steiner auf seine Seite und teilte gegen die Konkurrenz dabei ordentlich aus.

"Normalerweise ist er der beste Mann, wenn es darum geht, aus dem Weg zu gehen", sagte Steiner angesichts der Kritik an seinem Fahrer gegenüber crash.net. Dem Teamchef missfiel darüber hinaus, dass Gutierrez in Ungarn offensichtlich nicht aufgrund von Tatsachen bestraft wurde. "Er hat diese 5-Sekunden-Strafe meiner Meinung nach nur bekommen, weil die Stewards auf Lewis' Geste reagiert haben", fügte er an. Gutierrez prangerte Hamilton im Nachgang öffentlich für dessen Stinkefinger-Geste an.

Steiner war außerdem der Ansicht, die Rennleitung sei angesichts der Bestrafung für seinen Piloten und dem Verhalten anderer Piloten bei ihren Entscheidungen nicht konsequent genug gewesen: "Wir haben uns die Daten von der Runde davor angeschaut und da war es, glaube ich, Magnussen, bei dem es nur zwei Zehntel Unterschied waren. Zwei Zehntel sind nicht gerade viel, und der Kerl hat keine 5-Sekunden-Strafe bekommen", so Steiner.

In Steiners Augen war Gutierrez' Bestrafung in Ungarn nicht gerechtfertigt, Foto: Sutton
In Steiners Augen war Gutierrez' Bestrafung in Ungarn nicht gerechtfertigt, Foto: Sutton

Gutierrez zu schnell abgestempelt

Auch für Ricciardos recht zynische Äußerung im Boxenfunk, in der er Gutierrez in Hockenheim als einen seiner Lieblinge bezeichnete, brachte Steiner wenig Verständnis auf: "Nur weil Esteban vorher einmal bestraft wurde, war Ricciardo natürlich gleich angepisst, weil er nicht sofort vorbeigekommen ist." Dabei bestand für ihn beim Australier gar kein Anlass, sich überhaupt zu beschweren. "Hätte es für Ricciardo irgendetwas geändert? Ich schätze nicht. Hätte er eine Position verloren, hätte ich es verstanden. Die Welt ist halt nicht perfekt, damit muss er leben", fügte Steiner an.

Nur weil andere Fahrer Gutierrez kritisierten, würden die Leute ihn sofort in eine Schublade stecken und ihm einen Ruf anhaften, der nicht den Tatsachen entspricht: "Sie denken sich: 'Oh, der Typ kann es ja überhaupt nicht', nur weil es ein zweites Mal vorgekommen ist. Er hatte jetzt einfach nur zwei Mal Pech, jemandem nicht sofort Platz gemacht zu haben."

Ricciardo war auf dem Hockenheimring von Gutierrez leicht genervt, Foto: Sutton
Ricciardo war auf dem Hockenheimring von Gutierrez leicht genervt, Foto: Sutton

Top-Fahrer können Situation nicht beurteilen

Des Weiteren stört sich Steiner daran, dass die Piloten in den schnellen Autos die Situation einerseits nur schlecht beurteilen können, sich andererseits aber trotzdem anmaßend verhalten und Kritik üben. "Eines Tages werden sie feststellen, dass sie auch mal überrundet werden und dann werden sie sehen, wie sich das anfühlt", folgte ein Seitenhieb gegen Hamilton, Ricciardo & Co.

Die Erwartungshaltung, welche die Fahrer der Top-Teams beim Überrunden an den Tag legen, lässt sich für die kleinen Teams, die sich oft selbst untereinander im Zweikampf befinden, nur schwer erfüllen. Das weiß auch Steiner: "Wenn jemand dir sagt, dass du aus dem Weg gehen sollst, kannst du nicht einfach gleich bei Seite springen."