Jugend forscht! In der Formel 1 zeigte nicht zuletzt Max Verstappen, dass auch ganz junge Fahrer die Chance haben, sich in der Königsklasse zu präsentieren. Ohnehin befördert Red Bull schon über viele Jahre hinweg talentierte Nachwuchsfahrer über das B-Team Toro Rosso in die Formel 1. Doch auch die anderen Teams versuchen mit hauseigener Nachwuchsförderung, die potenziellen Weltmeister von morgen zu finden. Bevor sie den Weg in die Formel 1 antreten, steht aber zunächst die Ausbildung in den Nachwuchsserien an. Motorsport-Magazin.com blickt auf einige aktuelle Talente, die in diesem Jahr einen guten Job machen und möglicherweise bereits 2017 ein Formel-1-Cockpit ergattern könnten.

Stoffel Vandoorne

Stoffel Vandoorne hat bereits ein Formel-1-Rennen bestritten - 2016 in Bahrain, Foto: Sutton
Stoffel Vandoorne hat bereits ein Formel-1-Rennen bestritten - 2016 in Bahrain, Foto: Sutton

Zugegeben, mit seinen inzwischen 24 Jahren zählt Stoffel Vandoorne nicht mehr zu den Jungstars. Dennoch konnte der Belgier in den letzten Jahren quasi in jeder Serie, in der er an den Start gegangen ist, auftrumpfen. 2012 gewann er die Gesamtwertung des Formel Renault 2.0 Eurocups, 2013 folgte in der 3.5-Klasse Rang zwei. Nach seinem Umstieg in die GP2 2014 reihte er sich sofort wieder auf dem zweiten Rang ein, ehe er 2015 die Nachwuchsserie gewann. Fazit: Wo er war, war Erfolg.

Vandoorne gehört zum McLaren-Team und gilt für 2017 als ganz heißer Anwärter auf das Cockpit neben Fernando Alonso. Mit dann 25 Jahren wird es auch höchste Zeit, allmählich den Schritt in die Formel 1 zu gehen. Die Wartezeit überbrückt der aktuell als Ersatzfahrer vorgesehene Vandoorne in der japanischen Super Formula, wo er nach drei Rennen Rang acht belegt. Ganz ohne Formel-1-Erfahrung ist Vandoorne aber nicht. Nachdem Alonso beim Saisonstart 2016 in Australien schwer verunfallte, durfte der Belgier in Bahrain als Vertretung ran - und fuhr als Zehnter prompt in die Punkte.

Pierre Gasly

Pierre Gasly möchte zukünftig nicht nur bei Testfahrten einen Formel-1-Boliden bewegen, Foto: Sutton
Pierre Gasly möchte zukünftig nicht nur bei Testfahrten einen Formel-1-Boliden bewegen, Foto: Sutton

Neben Vandoorne macht der Name Pierre Gasly aktuell am meisten die Runde. Der 20-jährige Franzose ist aktuell der erfolgreichste Nachwuchspilot der Red-Bull-Familie und kämpft in der GP2 um den Titel. Doch anders als der belgische Vorjahreschamp, der in keinem einzigen Rennen (!) außerhalb der Top 10 landete, kämpft Gasly mit der Konstanz. In bislang 14 Saisonrennen stand er fünfmal auf dem Podest, zwei Rennen davon gewann er. Dem gegenüber stehen jedoch auch zwei Ausfälle, zwei Platzierungen außerhalb der Top 10 sowie eine Disqualifikation.

Gasly galt zwischendurch bereits als Kandidat auf ein Cockpit bei Toro Rosso noch in dieser Saison. Daniil Kvyat befindet sich seit seiner Versetzung ins B-Team außer Form. Doch gegenüber Motorsport-Magazin.com stellte Dr. Helmut Marko klar, dass er dem Russen vertraut. "Kvyat braucht nur ein, zwei gute Rennen, damit er das Selbstvertrauen wieder zurückbekommt", glaubt Marko. Und er ergänzt: "Das Vertrauen hat er." Sollte sich Kvyat aus seinem Tal jedoch nicht befreien, steht Gasly für 2017 Gewehr bei Fuß. Es liegt auch am Franzosen selbst, mit konstanten Leistungen genügend Druck auf Marko & Co. auszuüben.

Sergey Sirotkin

Sergey Sirotkin könnte ein Kandidat bei Renault sein, Foto: Sutton
Sergey Sirotkin könnte ein Kandidat bei Renault sein, Foto: Sutton

Für Sirotkin schien die Formel-1-Karriere bereits beendet, bevor sie überhaupt richtig angefangen hatte. Es war 2013, als Sauber mit dubiosen russischen Investoren eine Partnerschaft verkündete, in deren Zuge Sirotkin für 2014 als Stammpilot eingesetzt werden sollte. Es kam anders. Eine wirkliche finanzielle Unterstützung der Russen blieb aus, Sirotkin blieb ohne Cockpit. Stattdessen drehte er auch 2014 seine Runden in der Formel Renault 3.5, wo er mit Platz fünf keine Bäume ausriss.

Doch inzwischen hat sich die Situation bei Sirotkin geändert. 2015 kam der heute 20-Jährige in der GP2 immerhin auf Rang drei, Anfang 2016 wurde er bei Renault als Entwicklungsfahrer aufgenommen. Dabei verlief der Saisonauftakt für Sirotkin in der GP2 gar nicht gut. Nach den ersten vier Rennen standen drei Ausfälle zu Buche. In Baku kam das Glück jedoch zurück, seit dem Wochenende in Budapest ist Sirotkin endgültig der Mann der Stunde. Mit dem Sieg im Hauptrennen sowie Rang zwei im Sprintrennen von Hockenheim schob sich Sirotkin sogar an die Spitze der Gesamtwertung. Kann er diese Form konservieren, winkt ihm bei Renault - wo Kevin Magnussen und Jolyon Palmer nicht überzeugen können - vielleicht sogar ein Stammcockpit.

Esteban Ocon

Gleiches gilt jedoch auch für Esteban Ocon, Foto: Sutton
Gleiches gilt jedoch auch für Esteban Ocon, Foto: Sutton

Einer von Sirotkins größten Konkurrenten im Kampf um ein Renault-Cockpit könnte Esteban Ocon werden. Der Franzose zählte neben Max Verstappen zu den größten Entdeckungen der vergangenen Jahre. 2014 gewann er als Rookie die Formel 3 EM, 2015 folgte - ebenfalls als Neuling - der Triumph in der GP3. Daraufhin ging der Mercedes-Junior nicht den Weg in die GP2, sondern wechselte zu den Stuttgartern in die DTM. Einen sehr ähnlichen Weg ging zuvor auch Pascal Wehrlein. In der Tourenwagen-Serie tat sich Ocon bislang schwer, erst in Zandvoort fuhr er erstmals in die Punkte.

Dennoch sieht er sein Vorgehen nicht als Fehler. "Ich bin sehr glücklich, ich lerne sehr viel von sehr erfahrenen, guten Fahrern. Es ist eine Serie auf hohem Level", stellte Ocon klar. In Hockenheim war das, nachdem er das Freie Training für Renault bestreiten durfte. Es war nicht Ocons erste Fahrt mit dem Renault. Bereits in Barcelona, Silverstone und Budapest durfte er im Training sein Können zeigen. Für Mercedes stieg er bei den Testfahrten ins Cockpit. Eine vielseitige Vorbereitung für den talentierten Franzosen, der ein klares Ziel hat: "Mein Ziel ist es, zukünftig in der Formel 1 zu sein. Ich bin froh, momentan in der DTM zu fahren, aber ich will nicht zu lange dort sein", stellte er klar.

Lance Stroll

Lance Stroll dominiert die Formel 3 EM, Foto: FIA F3
Lance Stroll dominiert die Formel 3 EM, Foto: FIA F3

Lance wer? Es ist keine bloße Spinnerei, den Kanadier hier zu erwähnen. Stroll dominiert die aktuelle Saison der Formel 3 EM nach Belieben, in 18 Rennen fuhr er bereits sechs Siege ein. Der Noch-17-Jährige ist Entwicklungsfahrer bei Williams, wo sein Vater Anteilseigner ist. In Zeiten immer größer werdender finanzieller Notwendigkeiten ein großer Vorteil für Stroll.

Doch wer den Kanadier als Paydriver abtut, wird seinem Talent nicht gerecht. 2014 entschied er die Debüt-Saison der italienischen Formel 4 für sich, alsbald wurde er Teil der Ferrari Driver Academy. Zudem war Stroll der zweitjüngste Fahrer, der jemals von einem Formel-1-Team unter Vertrag genommen wurde. 2016 wechselte er zu Williams. Im Januar durfte Stroll sogar bei den 24 Stunden von Daytona mitfahren, wo er an der Seite von Alex Wurz, Brendon Hartley und Andy Priaulx Rang fünf belegte. Ob es für Stroll bereits 2017 zu einem Formel-1-Cockpit reicht, bleibt abzuwarten. Mittelfristig ist er auf jeden Fall ein Kandidat.

Charles Leclerc

Charles Leclerc durfte zuletzt drei Trainings für Haas bestreiten, Foto: Sutton
Charles Leclerc durfte zuletzt drei Trainings für Haas bestreiten, Foto: Sutton

Ein weiterer Kandidat für 2017, der zudem bereits F1-Luft schnuppern durfte, ist Charles Leclerc. Der Monegasse bestreitet 2016 die GP3 und führt dort zur Halbzeit der Saison die Gesamtwertung an. Leclerc ist 18 Jahre alt und gehört zur Ferrari Driver Academy. Für die Scuderia sowie das Haas-Team, das bekanntlich eine enge Partnerschaft zu den Italienern pflegt, ist Leclerc als Entwicklungsfahrer tätig. Im Zuge dieser Tätigkeit durfte Leclerc an den drei Wochenenden vor der Sommerpause jeweils das erste Training für Haas bestreiten.

Im Gegensatz zu den anderen Kandidaten konnte Leclerc bislang noch keine Nachwuchsmeisterschaft für sich entscheiden. 2015 reichte es mit vier Saisonsiegen aber immerhin zu Rang vier in der Formel 3 EM. Die Chancen, 2017 ein festes Cockpit zu bekommen, sind bei Leclerc nicht besonders groß. Dennoch hat auch er in den kommenden Jahren alle Möglichkeiten, wenn er sich konstant auf hohem Niveau weiterentwickelt.

Alex Lynn

Alex Lynn rechnet sich ebenfalls Chancen auf ein Formel-1-Cockpit aus, Foto: Sutton
Alex Lynn rechnet sich ebenfalls Chancen auf ein Formel-1-Cockpit aus, Foto: Sutton

Ein weiterer Kandidat für ein mögliches Formel-1-Cockpit ist Williams-Junior Alex Lynn. Der Brite ist aktuell 23-Jahre alt und ist Quasi-Teamkollege von Lance Stroll. Seine ersten großen Erfolge feierte Lynn 2011 in der Formel Renault UK, die er für sich entscheiden konnte. 2013 machte er die Formel 3 unsicher und siegte beim Macau Grand Prix, die Formel 3 EM beendete er auf dem dritten Platz.

2014 erreichte er mit dem Gesamtsieg in der GP3 nochmals einen Höhepunkt, das ehemalige Lotus-Team verpflichtete ihn als Testfahrer. Seitdem aber ging die Formkurve leicht nach unten. 2015 fuhr er in der GP2 einen für einen Rookie guten sechsten Platz ein, in diesem Jahr aber läuft es noch nicht rund. Aktuell steht er nur auf dem neunten Platz. In Hockenheim aber meldete er sich mit einem Sieg im Sprintrennen zurück. Kann er diesen leichten Aufwärtstrend nach der Sommerpause bestätigen, ist vielleicht eine Rückkehr zu den Erfolgen aus Formel-3-Zeiten möglich. Seine Chancen auf ein Cockpit 2017 sind dennoch eher gering.

Superlizenz kein Hindernis

Nachdem Max Verstappen mit gerade einmal 17 Jahren Anfang 2015 in die Formel 1 kam, verschärfte die FIA die Hürden für Fahrer, um eine für die Formel 1 notwendige Superlizenz zu bekommen. Ab sofort muss man mindestens 18 Jahre alt sein und in den vergangenen drei Jahren in anderen Rennserien insgesamt 40 Lizenz-Punkte gesammelt haben, um eine Superlizenz zu erhalten.

Das Alter ist bei den sieben Kandidaten kein Problem, Lance Stroll als jüngster Fahrer wird am 29. Oktober volljährig. Die Lizenz-Punkte der vergangenen drei Jahre werden in nachfolgender Tabelle erklärt. Für das Jahr 2016 wurde der jeweils aktuelle Stand in der Meisterschaft als Kriterium herangezogen. Wichtig ist dieser Punkt für Stroll und Leclerc. Um die 40 Punkte zu erreichen, muss Stroll am Ende der laufenden Saison unter den Top Drei der Formel 3 EM landen. Leclerc muss in der GP3 sogar den Titel holen, ansonsten ist eine Superlizenz für ihn nach derzeitiger Regelung nicht möglich. Bei aktuell nur drei Punkten Vorsprung auf Alexander Albon ist da jedoch noch alles offen. Auch Alex Lynn muss noch zittern. Bei dem Briten ist jedoch eher eine Tendenz nach oben zu erwarten.

Die Superlizenz-Punkte der Nachwuchsfahrer

Fahrer Erfolge 2014 bis 2016 Gesamtpunkte Superlizenz
Stoffel Vandoorne2014: 2. Platz GP2 (= 40 Punkte)
2015: 1. Platz GP2 (= 40)
2016: 8. Platz Super Formula (= 2)
82 Punkte
Pierre Gasly2014: 2. Platz Formel Renault 3.5 (= 25)
2015: 8. Platz GP2 (= 4)
2016: 2. Platz GP2 (= 40)
69 Punkte
Sergey Sirotkin2014: 5. Platz Formel Renault 3.5 (= 10)
2015: 3. Platz GP2 (= 30)
2016: 1. Platz GP2 (= 40)
80 Punkte
Esteban Ocon2014: 1. Platz Formel 3 EM (= 40)
2015: 1. Platz GP3 (= 30)
2016: 23. Platz DTM (= 0)
70 Punkte
Lance Stroll2014: 1. Platz italienische Formel 4 (= 12)
2015: 5. Platz Formel 3 EM (= 8)
2016: 1. Platz Formel 3 EM (= 40)
60 Punkte
Charles Leclerc2014: 2. Platz Formel Renault 2.0 Alps (= 7)
2015: 4. Platz Formel 3 EM (= 10)
2016: 1. Platz GP3 (= 30)
47 Punkte
Alex Lynn2014: 1. Platz GP3 (= 30)
2015: 6. Platz GP2 (= 8)
2016: 9. Platz GP2 (= 3)
41 Punkte

Knapp an der 40-Punkte-Marke scheitern würde derzeit Ferrari-Junior Antonio Fuoco. Der Italiener käme nach aktuellem Stand auf 38 Zähler. Sollte er sich in der Gesamtserie der GP3 jedoch vom derzeitigen dritten Platz noch nach vorne arbeiten, hätte er die Anforderungen erfüllt.

Jordan King ohne Lizenz

Keine Chance auf eine Superlizenz hat aktuell Jordan King. Für ihn stehen nur ein siebter Gesamtrang in der Formel 3 EM 2014 sowie aktuell ebenfalls Rang sieben in der GP2 zu Buche. Viel zu wenig, um auf die geforderten 40 Punkte zu kommen. Dabei durfte King bereits für Manor testen. Dave Ryan, Teamchef bei Manor, kann die Regelungen nicht nachvollziehen.

"Ich glaube nicht, dass es hier Raum gibt, die Superlizenz-Regeln zu umgehen. Ich halte die Regeln nicht für gut, aber es ist eine Regel und sie ist da. Wir machen die Regeln nicht, wir leben aber danach", erklärte Ryan gegenüber Motorsport-Magazin.com, als es um einen möglichen Nachfolger für Rio Haryanto ging. Sollte der Indonesier die geforderte finanzielle Summe nicht mehr aufbringen können, wäre King als Mann, der das Team kennt, ein geeigneter Kandidat. Die fehlende Superlizenz verhindert dies jedoch.