Am Donnerstag vor dem Deutschland GP trafen sich Strategiegruppe und Formel-1-Kommission. Das Treffen war mit Spannung erwartet worden, weil die Gremien über die Einführung des Cockpit-Schutzes entscheiden sollten. Das Ergebnis: Vorerst abgelehnt. Warum und was bei den Meetings noch besprochen wurde, dazu nahm Rennleiter Charlie Whiting am Freitag in Hockenheim Stellung.

Halo kommt 2018: Aufgeschoben nicht aufgehoben

Halo kommt nicht, obwohl der Cockpit-Schutz einsatzbereit wäre. Doch woran hat es gelegen? Am mangelnden Fahrer-Feedback, erklärte Whiting. Bislang fuhren nur Kimi Räikkönen, Sebastian Vettel und Pierre Gasly mit dem Aufsatz. Die Ausfahrten fielen mit wenigen Installationsrunden recht kurz aus. Weil die Aerodynamik davon beeinträchtigt wird und auch die Luftzufuhr für Kühlsysteme.

Das erklärte Ziel: Whiting will noch in diesem Jahr alle Fahrer dazu bringen, mindestens einmal mit dem Aufsatz zu fahren. Auch auf Strecken wie Spa oder Singapur. In Spa sorgen die Kompressionen für Fragezeichen, in Singapur die Lichtbedingungen.

Pierre Gasly fuhr beim Test in Silverstone mit Halo, Foto: Red Bull
Pierre Gasly fuhr beim Test in Silverstone mit Halo, Foto: Red Bull

Gasly fuhr beim Test in Silverstone mit einer Spezialbrille, auf der eine Kamera installiert war. Whiting zeigt sich von den Bildern angetan: Die Sichtbarkeit sei sogar besser als bei den Le-Mans-Prototypen. Gaslys Feedback fiel allerdings weniger positiv aus: Der Franzose klagte über klaustrophobische Ängste. Aus diesem Grund will Whiting, dass die Ausfahrten in Zukunft über komplette Trainingssessions gehen.

Technisch einsatzbereit wäre Halo. Die Risikoabschätzungen der FIA sagen klar, dass Halo sicherer ist. Er soll doppelt so standfest wie die aktuelle Überroll-Struktur sein und dem 15-Fachen des Fahrzeuggewichts standhalten. Für Whiting ist deshalb klar: Sobald die Fahrer positives Feedback geben, wird Halo 2018 eingeführt. "Es ist klar angenommen", stellt Whiting klar.

Für die Techniker ist der Aufschub dann auch notwendig: Der neun Kilogramm schwere Aufbau ändert die Gewichtsverteilung maßgeblich. Dadurch könnte auch der Radstand beeinflusst werden. Die Ingenieure müssen das jetzt wissen, um die nächstjährigen Boliden zu entwickeln.

Auch über einen versenkbaren Cockpit-Schutz wird diskutiert. In Gefahrsituationen soll ein Gestänge aus dem Chassis fahren, das den Fahrer schützen soll. "Meiner Meinung nach ist das technisch nicht machbar", meint Whiting allerdings. Nicht der Mechanismus ist das Problem, sondern die Sensoren, die erfassen sollen, wann eine Gefahrensituation eintritt.

Gelbe Flaggen im Qualifying abgeschafft

Ab sofort wird das Qualifying bei doppelt-gelb abgebrochen, Foto: Sutton
Ab sofort wird das Qualifying bei doppelt-gelb abgebrochen, Foto: Sutton

Nach den Diskussionen um doppelt Gelb in Ungarn legt Charlie Whiting die Regeln nun anders aus. Um jegliche Diskussionen über die Interpretation von 'zum Anhalten bereit' überflüssig zu machen, wird doppelt Gelb im Qualifying ab sofort abgeschafft. Sobald die Rennleitung doppelt Gelb ausgeben würde, wird die Session mit Rot unterbrochen.

Dadurch können auch jene Piloten ihre Runde nicht zu Ende fahren, die sich zu diesem Zeitpunkt vor dem Zwischenfall auf der Strecke befinden. Im Training und im Rennen sorgt weiterhin das Virtuelle Safety Car für Sicherheit.

Radio-Regeln: Driver-Coaching kommt zurück

Wie die FIA bereits in einem Statement am Freitagabend erklärte, gibt es einen Rückzieher bei den Radio-Regeln. Ab sofort dürfen Fahrer und Teams wieder miteinander kommunizieren, wie sie möchten. Einzige Regel: In der Einführungsrunde und vor dem Start nicht. Nachteil: Das Driver-Coaching, das man eigentlich unterbinden wollte, kommt wieder zurück. Die Teams dürfen den Fahrern also wieder sagen, wie sie gewisse Kurven anfahren sollten etc.

Dafür müssen die Teams nun den kompletten Funkverkehr für den kommerziellen Rechteinhaber freigeben. Bislang hatten die Teams die Möglichkeit, die Fernsehstationen wegzudrücken. Ab sofort fällt diese Möglichkeit weg, die TV-Zuschauer sollen dadurch mehr interessante Funksprüche bekommen.

Start im Regen

Künftig soll nach dem Safety-Car-Start ein regulärer, stehender Start erfolgen, Foto: Sutton
Künftig soll nach dem Safety-Car-Start ein regulärer, stehender Start erfolgen, Foto: Sutton

Seit Silverstone wird diskutiert, ob es den Fahrern heutzutage nicht zumutbar ist, mit Formel-1-Boliden im Regen aus dem Stand zu starten. In Monaco und Silverstone setzte sich das Feld hinter dem Safety Car in Bewegung. Das könnte auch in Zukunft der Fall sein, allerdings mit der Änderung, dass nach ein paar Runden hinter Bernd Mayländer stehend gestartet wird.

Die Runden hinter dem Saftey Car zählen zur Renndistanz dazu. Wenn Fahrer und Rennleitung der Meinung sind, die Bedingungen wären sicher, kommt das Safety Car in die Box und die Fahrer reihen sich wie nach der Installationsrunde in der Startaufstellung ein. "Wir wollen verhindern, dass es Aquaplaning gibt", so Whiting. Regenreifen sind Pflicht, erst nach dem tatsächlichen Start darf gestoppt werden.

Parc ferme bei Rennunterbrechung

Bei Rennunterbrechungen durften die Teams bislang an den Fahrzeugen arbeiten wie sie wollten. Das soll künftig nicht mehr erlaubt sein. Charlie Whiting will damit die Rennen spannender machen. Bislang durften während Unterbrechungen auch Reifen gewechselt werden - somit sind beim Restart meistens alle auf den gleichen Pneus. Unterschiedliche Strategien kamen beim Restart nicht mehr zu tragen. Das will Whiting mit dieser Änderung verhindern.

Wann kommen die Änderungen?

Während Rote Flaggen im Qualifying und Radio-Regeln ab sofort gelten, ist es bei Regenstarts und Rennunterbrechungen komplizierter. Radio-Regeln und Qualifying-Unterbrechungen sind Auslegungssache, bei der die Rennleitung Spielraum hat. Die Radio-Regeln wurden nach dem Bann nicht geändert, Whiting hatte nur eine Direktive zur Klarstellung ausgesandt.

Regenstart und Rennunterbrechung sind allerdings Regeländerungen. Weil die Deadline für Regeländerungen für die kommende Saison schon verstrichen ist, bedarf es einstimmigen Entscheidungen. Mit einstimmigen Entscheidungen können Regeländerungen ab sofort in Kraft treten. Die Abstimmungen erfolgen per E-Vote, somit könnten die Änderungen schon nach der Sommerpause in Belgien kommen.