Es sah in den vergangenen Wochen nur kurz danach aus, als ob Red Bull den Silberpfeilen gefährlich werden könnte. Auf das Aufbäumen der Konkurrenz antwortete Mercedes mit zwei Doppelsiegen in Silverstone und auf dem Hungaroring. Während es auf der Strecke zwischen den beiden Kampfhähnen Lewis Hamilton und Nico Rosberg ruhig blieb, brodelte es unter der Oberfläche weiterhin kräftig. Vor dem Grand Prix von Deutschland hat Hamilton seinem deutschen Teamkollegen zudem die WM-Führung abgejagt, welche dieser seit Saisonbeginn innehatte.

Für Mercedes ist das Heimrennen auf dem Hockenheimring auch wegen repräsentativer Zwecke von enormer Wichtigkeit, weshalb die Teamführung besonders darauf bedacht sein wird, den Sieg aus dem Jahr 2014 zu wiederholen. Zwischen Hamilton und Rosberg geht es hingegen eher darum, wer mit der Tabellenführung und entsprechendem Rückenwind in die Sommerpause geht.

Hamilton und Rosberg wollen beide als Tabellenführer in die Sommerpause gehen, Foto: Sutton
Hamilton und Rosberg wollen beide als Tabellenführer in die Sommerpause gehen, Foto: Sutton

Das letzte Rennen: Genugtuung für Hamilton

Entgegen aller Erwartungen wurde auch der Grand Prix von Ungarn zur Mercedes-Show. Nachdem Red Bull dem Duo Rosberg-Hamilton in der Qualifikation noch auf den Fersen war, kontrollierten die Silberpfeile das Rennen von der ersten Runde an und ließen dem Gegner nicht den Hauch einer Chance. Obwohl die Teamkollegen bei ihrem Doppelsieg nicht physisch aneinandergerieten, gab es zwischen Hamilton und Rosberg in Ungarn erneut Diskussionsbedarf: Rosbergs umstrittene Pole Position sorgte vor allem bei Hamilton für großen Unmut. Der Brite war sich darüber im Klaren, dass es für ihn auf dem Hungaroring schier unmöglich sein würde, Rosberg im Verlauf des Rennens auf der Strecke zu überholen. Hamilton hielt dem Druck allerdings stand und nutzte am Start seine erste und womöglich einzige Chance. Er schnappte sich Rosberg und hielt ihn auf dem Weg zum Sieg über die gesamte Renndistanz sicher auf Abstand.

Die Neuerungen: Von Jägern und Gejagten

Große technische Neuerungen sind nur eine Woche nach dem letzten Rennen nicht zu erwarten. Angesichts der Dominanz auf dem Hungaroring, fühlt sich Mercedes aber für jede Strecke gut gerüstet. "Die Strecke in Ungarn hat uns bislang nicht immer gelegen. Entsprechend zeigt unser Ergebnis, wie weit wir es mittlerweile gebracht haben. Beide Fahrer zeigen starke Leistungen auf einem hohen Niveau und haben eine konkurrenzfähige Kombination aus Chassis und Motor zu ihrer Verfügung", sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.

Die eigentlichen Neuerungen im Team sind somit wohl die umgekehrten Vorzeichen im WM-Kampf. Nachdem Rosberg die erste Saisonhälfte über der Gejagte war, muss er sich nun als Jäger von Hamilton beweisen. "Es war enttäuschend, das Rennen in Ungarn in der ersten Kurve zu verlieren. Aber ich war das gesamte Wochenende über mit meiner Pace zufrieden. Das stimmt mich für die kommenden Aufgaben zuversichtlich", so Rosberg. Hamilton wiederum strotzt vor noch mehr Selbstbewusstsein: "Nach einem alles andere als unkomplizierten Wochenende war es ein großartiges Gefühl, den Sieg in Ungarn zu holen. Wenn ich ganz oben stehe, obwohl es nicht ganz perfekt läuft, kann das nur ein gutes Zeichen sein."

Rosberg jagt in der WM nun Hamilton, Foto: Sutton
Rosberg jagt in der WM nun Hamilton, Foto: Sutton

Die Erwartungen: Doppelsieg in der Heimat

Der Grand Prix von Deutschland auf dem Hockenheimring ist für Mercedes natürlich ein Rennen von besonders hohem Stellenwert. Gerade beim Heimrennen will sich das Team des Stuttgarter Automobilherstellers keine Blöße geben. "Es ist kein Geheimnis, dass dies ein wichtiges Wochenende für uns ist. Wir sind nur ein kleiner Teil eines riesigen, weltweiten Konzerns und wir sind stolz darauf, den Stern auf der Rennstrecke vertreten zu dürfen. Wir werden alles in unserer Macht Stehende unternehmen, um Mercedes-Benz stolz zu machen und mit einem Erfolgserlebnis in die Sommerpause zu gehen", so Wolff.

Angesichts der aktuellen Form des W07 und seiner beiden Piloten stehen die Vorzeichen gut, zu Hause den nächsten Triumph einzufahren. Da die Formel 1 im vergangenen Jahr allerdings nicht auf dem Hockenheimring zu Gast war, steht für Mercedes‘ Technik-Direktor Paddy Lowe hinter der Performance zumindest ein kleines Fragezeichen: "Uns stehen zwar die gleichen Reifenmischungen wie in Ungarn zur Verfügung, der Hockenheimring ist allerdings etwas aggressiver als der Hungaroring. Folglich werden wir wahrscheinlich eine Reihe an verschiedenen Strategie-Optionen für das Rennen erleben."

Die Mercedes-Piloten freuen sich auf die Rückkehr an den Hockenheimring, auf dem beide in der Vergangenheit bereits siegreich waren. Rosberg konnte vor zwei Jahren den Sieg einfahren und würde den Erfolg nur zu gerne wiederholen. "Nach diesem Rennen steht eine wohl-verdiente Pause für das Team an. Aber bevor sie ihre Akkus wieder aufladen können, werde ich alles geben, um ihnen das Ergebnis zu bescheren, das sie verdient haben", so Rosberg.

Hamiltons Hockenheim-Sieg aus dem Jahr 2008 liegt schon eine ganze Weile zurück, doch natürlich würde auch er sich am liebsten mit einem zweiten Triumph im Motodrom in den Urlaub verabschieden. "Es wäre großartig, wenn ich dort für alle unsere Mercedes-Mitarbeiter und das Team einen weiteren Sieg vor der Sommerpause einfahren könnte. Die letzten paar Rennen liefen sehr gut für mich. Wenn ich diese Form in das Wochenende mitnehmen kann, sieht es gut für mich aus", sagte Hamilton.

Mercedes will in Hockenheim einen weiteren Heimsieg einfahren, Foto: Mercedes AMG
Mercedes will in Hockenheim einen weiteren Heimsieg einfahren, Foto: Mercedes AMG

Die Statistik: Mercedes beim Deutschland GP

SiegePolesSchn. RundenPodiumPunktekm geführt
Mercedes 2 333 87808
Lewis Hamilton 2 223 72442
Nico Rosberg 1 101 43306

Mercedes in Deutschland: Die Erfolgsgeschichte von Mercedes beim Grand Prix von Deutschland reicht bis zu den Anfängen der Formel 1 zurück. Den einzigen Triumph neben Rosbergs Sieg im Jahr 2014 fuhr 1954 Juan Manuel Fangio auf der Nordschleife ein. Dazu kommen drei Pole Positions von Rosberg, Hamilton und Fangio in den Jahren 2014, 2013 und 1954.

Lewis Hamilton in Deutschland: Lewis Hamilton war beim Grand Prix von Deutschland zwei Mal mit McLaren siegreich. Im Jahr 2008 auf dem Hockenheimring und in der Saison 2011 auf dem Nürburgring. Dazu stehen für den Weltmeister Pole Positions in den Jahren 2008 und 2013 und schnellste Rennrunden in den Jahren 2011 und 2014 zu Buche.

Nico Rosberg in Deutschland: In den Genuss, das Heimrennen zu gewinnen, kam Nico Rosberg erst ein Mal. Im Jahr 2014 fuhr er von der Pole Position aus einen ungefährdeten Start- und Zielsieg ein. Darüber hinaus sieht die Statistik allerdings mau aus. Im Williams schrammte er 2009 mit Platz vier knapp am Podium vorbei, während er es in den Mercedes-Jahren vor seinem Sieg jeweils nur mit Mühe und Not in die Top-10 schaffte.

Die Prognose: Dominant und doch nicht entspannt

  • Mercedes momentan eine Klasse für sich
  • Teamresultat beim Heimrennen besonders wichtig
  • Schnappt sich Rosberg die WM-Führung zurück?
  • Erhöhte Unfallgefahr aufgrund der Streckencharakteristik

Motorsport-Magazin.com meint: Hamilton liegt nun sechs Punkte vor Rosberg und es liegt nahe, dass keiner der beiden große Lust darauf hat, als Zweiter auf der Strecke oder in der Weltmeisterschaft in den Urlaub zu fahren. In Hockenheim ist somit der erste kleine Showdown dieser Saison zu erwarten - und angesichts des aktuellen Kräfteverhältnisses stehen die Chancen gut, dass der Sieg erneut unter den beiden Mercedes-Teamkollegen ausgemacht wird. Auf der anderen Seite wird es dabei wohl kaum so ruhig zugehen, wie in Ungarn. Ganz im Gegensatz zum Hungaroring, ist der schnelle und weitläufige Hockenheimring stellenweise eine regelrechte Einladung für Überholmanöver. Eine Prozession wie in Ungarn ist daher nicht zu erwarten. Was die Fans freut, könnte am Kommandostand für graue Haare sorgen - denn auch die Gefahr einer Kollision steigt auf dem zweikampffreundlichen Kurs. (Florian Becker)