Nach dem Funkverbot-Hickhack nach Silverstone hat die FIA nun ein Machtwort gesprochen. Pünktlich zum Ungarn Grand Prix wurde die Technische Direktive zu den Funkregeln überarbeitet. Am diesem Mittwoch vor dem Rennwochenende informierte FIA-Rennleiter Charlie Whiting die Teams über die Neuerungen in der umfangreichen Liste, die nicht öffentlich zugänglich ist.

Ausgangspunkt ist die nachträgliche 10-Sekunden-Strafe für Nico Rosberg zuletzt in Silverstone, die zu zahlreichen Diskussionen führte. Die Bestrafung erhielt der Mercedes-Fahrer für die Anweisung des Teams, wie er die Gänge durchschalten soll, um das Rennen beenden zu können - nicht aber für die Information, welches Setting er einstellen müsse, um einen Ausfall zu verhindern.

Probleme klären wir in der Boxengasse

Damit die Formel-1-Teams dieses Regelschlupfloch nicht zu Performance-Vorteilen missbrauchen, hat die FIA eine geschickte Lösung gefunden. Zwar bleibt es weiterhin erlaubt, den Fahrer vor dem Ausfall zu warnen. Diese Information muss allerdings mit dem Zusatz verbunden sein, dass der Fahrer die Boxengasse ansteuern muss.

Daher die Änderung bei Punkt 2 in der Liste der erlaubten Funksprüche. Bislang hieß es dort:

"Hinweis eines kritischen Problems mit dem Auto. Jegliche Benachrichtigungen dieser Art dürfen nur angewendet werden, wenn ein Problem mit einer Komponente oder dem System bevorsteht und potenziell zum Ausfall führt".

In der überarbeiteten Version der erlaubten Funksprüche liest sich Punkt 2 in der Liste wie folgt:

"Hinweis eines Problems mit dem Auto. Jegliche Benachrichtigungen dieser Art müssen die unwiderrufliche Anweisung enthalten, in die Boxengasse zu fahren, um das Problem zu beheben oder das Auto aus dem Rennen zu nehmen".

Heißt konkret: Die Teams dürfen ihre Fahrer bei Schwierigkeiten informieren. Dafür müssen sie allerdings die Boxengasse ansteuern. Dort wird ihnen erklärt, wie das Problem behoben werden kann. Der dadurch eintretende Zeitverlust sollte vor Missbrauch der verbotenen Funksprüche schützen und einer ähnlichen Farce wie bei Rosberg einen Riegel vorschieben. In Silverstone fiel die Entscheidung erst drei Stunden nach Rennende. Mercedes sparte es sich, gegen das Urteil in Berufung zu gehen.

Der beste Kompromiss

Erste positive Rückmeldungen auf die Änderung erhielt Motorsport-Magazin.com im Fahrerlager von Budapest. "Ich finde es gut, das macht Sinn", sagte Romain Grosjean. "Wir sind Rennfahrer und wollen keine Anleitung mit 2.000 Seiten für das Auto. Wenn es ein technisches Problem gibt, das man nicht lösen kann, kommt man in die Box und kann darüber reden. Ich denke, es ist der beste Kompromiss."

Nun stellt sich die Frage, ob ein technisch versierter Fahrer sich einen Vorteil verschaffen kann. Siehe etwa Baku, als Rosberg ein Problem mit seinen Einstellung anscheinend innerhalb kurzer Zeit lösen könnte, während sich Lewis Hamilton über mehrere Runden damit plagte. In Baku durfte Mercedes dem Weltmeister nicht am Funk helfen. "Manchmal weiß man es und manchmal hat man einfach keine Ahnung", sagte Grosjean auf Nachfrage von Motosport-Magazin.com. "Wenn es ein Sensor-Problem gibt, woher soll man das wissen? Es gibt 500 oder 600 mögliche Einstellungen."

Zustimmung von Pascal Wehrlein. Der Manor-Youngster meinte, dass es keinen Unterschied mache, ob man Rookie ist oder schon zehn Jahre Formel 1 auf dem Bucken hat - teilweise sei die Technik einfach zu kompliziert. "Sobald man Probleme hat und nicht weiß, was es ist, wird's natürlich schwierig. Dann wissen wir nicht, was wir am Auto einstellen müssen, damit dieses Problem behoben wird. Da gibt es so viele Möglichkeiten, die kann man einfach nicht alle wissen."

Überarbeitete Funkregeln ab Ungarn, Foto: Sutton
Überarbeitete Funkregeln ab Ungarn, Foto: Sutton

Weitere Änderungen in der Funk-Liste

Neben der Veränderung von Punkt 2 gab es noch weitere Anpassungen in der Funk-Direktive, die übrigens nicht im Sportlichen Reglement der FIA enthalten ist. In Punkt 3 war bislang die Rede von "Informationen bezüglich einer Beschädigung des Autos". Dieser Satz wurde geändert in "Informationen bezüglich einer Beschädigung am Bodywork des Autos".

Eine weitere Anpassung soll verhindern, dass sich die Teams mit Anweisungen über Setting-Einstellungen einen Performance-Gewinn verschaffen. In Rosbergs Fall wurde ihm gesagt, welche Einstellungen er auswählen muss, um das Getriebeproblem zu lösen. Theoretisch könnten die Teams hier zudem optimierte Settings durchgeben, um das Auto an die jeweilige Situation anzupassen und zu optimieren.

Ab sofort müssen die Teams im Falle einer Hilfestellung der FIA genau belegen, dass es sich eben nicht um den Gewinn von Performance handelte. "Anweisungen über die Einstellungen des Fahrers dürfen nur dem Zweck geschuldet sein, den Funktionsverlust eines Sensors oder Reglers abzuschwächen, dessen Problem nicht von der Onboard-Software behoben werden konnte".

Redaktionskommentar

Motorsport-Magazin.com meint: Hut ab, FIA! Mit dem Boxengassen-Kniff ist den Herren wirklich eine gute Lösung eingefallen. Sogar eine, die für den Zuschauer verständlich ist. Aber, und das ist der springende Punkt: Die Liste der Funksprüche deckt immer noch nur einen Teil der Möglichkeiten ab, die in einem Rennen auftreten können. Rosberg war der Präzedenzfall - und er war äußerst nervig. Es wird nicht das letzte Mal gewesen sein, dass es arge Kontroversen gibt um eine komplizierte Methode, den Fahrer mehr ins Rampenlicht zu stellen. (Robert Seiwert)