Ferrari kann in Ungarn auf eine durchaus erfolgreiche Geschichte zurückblicken, und der letzte Triumph auf dem Hungaroring datiert sogar auf das vergangene Jahr. Die Vorzeichen, mit denen der italienische Traditionsrennstall rundum Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen diese Saison nach Budapest reist, sind jedoch alles andere als rosig. In Silverstone musste Ferrari das bisher schwächste Ergebnis der Saison verkraften und ausgerechnet Erzrivale Red Bull dreht vor der Sommerpause mächtig auf. Der eigentlichen Zielvorgabe, Mercedes im Kampf um den Titel herauszufordern, ist Ferrari momentan ferner als je zuvor in dieser Saison.

Das letzte Rennen: Porca miseria!

Der Grand Prix von Großbritannien war für Ferrari mehr als enttäuschend. Vom ersten Training an liefen Vettel und Räikkönen einem riesigen Abstand auf Mercedes hinterher und auch Red Bull war von Anfang an außer Reichweite. Dazu kam bei Vettel ein Getriebedefekt, der zu einer Strafversetzung um fünf Positionen in der Startaufstellung führte. Im Qualifying versuchte Vettel dennoch, mit der Brechstange die Red-Bull-Boys zu trennen - ohne Erfolg. Mit den Positionen fünf und sechs für Räikkönen und Vettel musste sich Ferrari schon am Samstag damit abfinden, in Silverstone nur die dritte Geige zu spielen.

Im Regen ging es am Sonntag für Vettel und Räikkönen auch nicht weiter nach vorne. Ferrari setzte auf Risiko und holte seine beiden Piloten zuerst für den Wechsel auf Slicks an die Box. Die Strategie ging nicht auf: Erst drehte sich Vettel und dann schrammte auch Räikkönen nur knapp an einem Unfall vorbei. Der Finne konnte zumindest noch Schadensbegrenzung betreiben und schaffte es, als Fünfter über die Ziellinie zu gehen - mehr wäre wohl ohnehin nicht drin gewesen. Teamkollege Vettel ging im Mittelfeld unter und kam schlussendlich nur als Neunter ins Ziel - inklusive 5-Sekunden-Zeitrafe wegen vermeintlichen Abdrängens von Felipe Massa.

Ferrari war in Silverstone gegen Mercedes und Red Bull chancenlos, Foto: Sutton
Ferrari war in Silverstone gegen Mercedes und Red Bull chancenlos, Foto: Sutton

Die Erwartungen: Aufbäumen gegen Red Bull

Letztes Jahr konnten Vettel und Räikkönen mit einem Granaten-Start aus der zweiten Reihe gleich beide Mercedes hinter sich lassen. Damit legte das Team den Grundstein für Vettels späteren Sieg. "Ich habe wirklich schöne Erinnerungen an 2015, da ich das Rennen nach unserem super Start gewinnen konnte", sagt Vettel.

In dieser Saison befindet sich Ferrari jedoch in einer anderen Situation. Die Starts sind nach wie vor eine Stärke des Teams, doch ob sich Vettel und Räikkönen auch dieses Jahr geschlossen in der zweiten Startreihe qualifizieren können, ist fraglich. Red Bull ist 2016 deutlich besser aufgelegt als noch letztes Jahr und gerade auf engen und winkligen Kursen wie dem Hungaroring, hat der RB12 seine Stärken. "Die Strecke selbst ist ziemlich kurz und wird häufig mit Monaco verglichen, nur mit dem Unterschied, dass die Mauern fehlen. Es gibt viele Kurven und mit der Start- und Zielgeraden nur eine lange Gerade. Danach gibt es nur Kurven und nicht viel Zeit, sich dazwischen zu entspannen", so Vettel.

Ferrari wird also vor allem versuchen müssen, sich den Status als zweite Kraft hinter Mercedes zurückzuholen. Vettel hat trotz des aktuellen Formtiefs Hoffnungen auf einen erneuten Triumph und freut sich auf den Austragungsort des elften Saisonrennens: "Ich freue mich darauf, zurückzukehren und den Sieg aus dem Vorjahr hoffentlich zu wiederholen. Es ist ein großartiger Ort mit vielen Fans, darunter auch viele aus Deutschland und Österreich. Auch die Ungarn sind für gewöhnlich sehr enthusiastisch und lieben es, die Formel 1 in der Stadt zu haben."

Die Statistik: Ferrari beim Ungarn GP

SiegePolesSchn. RundenPodiumPunktekm geführt
Ferrari 6 7814 2662019
Kimi Räikkönen 1 137 87250
Sebastian Vettel 1 224 91429

Ferrari in Ungarn: Ferrari war bisher bei jedem der 31. Ungarn-Grands-Prix am Start und kann dabei auf eine durchaus erfolgreiche Bilanz zurückblicken. Insgesamt sechs Siege konnte die Scuderia auf dem Hungaroring einfahren: 1989 gewann Nigel Mansell, in den Jahren 1998, 2001 und 2004 war es Michael Schumacher, 2002 Rubens Barrichello und 2015 letztlich Sebastian Vettel. Dazu kommen sieben Pole Positions, acht schnellste Rennrunden und vierzehn weitere Podestplatzierungen.

Kimi Räikkönen in Ungarn: Kimi Räikkönen tritt in der Saison 2016 bereits zum 14. Mal in Ungarn an. Mit sieben Podestplätzen ist der Hungaroring für den Finnen ein äußerst gutes Pflaster. Neben einem Sieg im Jahr 2005 für McLaren, konnte Räikkönen fünf Mal als Zweiter und ein Mal als Dritter auf das Treppchen in Budapest steigen. Dazu kommt eine Pole Position in der Saison 2006, sowie drei schnellste Rennrunden in den Jahren 2005, 2007 und 2008.

Sebastian Vettel in Ungarn: Im Jahr 2007 gab Vettel im Toro Rosso beim Grand Prix von Ungarn sein Debüt als Stammfahrer in der Formel 1. Bei seinem ersten Auftritt reichte es mit einer Runde Rückstand jedoch nur für den 16. Platz. In den folgenden acht Jahren war Vettel allerdings erfolgreicher: Neben dem Sieg für Ferrari im Jahr 2015, schaffte es Vettel in Diensten von Red Bull mit einem zweiten und zwei dritten Plätzen drei weitere Male auf das Podest. Des Weiteren ging der Deutsche zwei Mal von der Pole Position aus ins Rennen und drehte ebenso häufig die schnellste Rennrunde.

Letztes Jahr durfte sich Sebastian Vettel in Ungarn über seinen zweiten Ferrari-Sieg freuen, Foto: Ferrari
Letztes Jahr durfte sich Sebastian Vettel in Ungarn über seinen zweiten Ferrari-Sieg freuen, Foto: Ferrari

Die Prognose: Auf Augenhöhe mit Red Bull

  • Der SF16-H kann immer überraschen
  • Das Team hat etwas zu beweisen - jetzt erst recht
  • Ferrari hat bei der Strategie bisher keinen guten Riecher
  • Red Bull hat vor der Sommerpause bessere Arbeit geleistet

Motorsport-Magazin.com meint: Zugegeben, Ferrari steht als eigentlicher Titelanwärter im Moment ziemlich im Regen und auch sämtliche Durchhalteparolen von Maurizio Arrivabene und seinen Piloten können daran gerade nichts ändern. Was aber auch nicht vergessen werden darf, ist, dass der SF16-H eine ziemliche Wundertüte ist. In Montreal war Ferrari auf einmal mittendrin im Kampf um den Sieg - ohne, dass irgendwer vorher damit gerechnet hätte. Wenn also alles passt, kann das Team auch wieder näher an der Spitze sein als zuletzt in Silverstone. Was dann allerdings nicht passieren darf, sind Taktik-Blindgänger wie in Kanada oder zuletzt in Großbritannien. Wenn die Pace bei Ferrari einmal stimmt, muss das Team auch die Resultate sicherstellen. Daran ist die Scuderia in dieser Saison schon zu oft gescheitert. (Florian Becker)