Große Freude bei Pascal Wehrlein und dem gesamten Manor-Team. Beim Österreich GP fuhr der Deutsche im unterlegenen Hinterbänkler-Team sensationell in die Punkte. Von Startplatz 12 aus schaffte es Wehrlein nach einem turbulenten Rennen am Ende auf den 10. Platz. Damit sicherte er dem Team den ersten Zähler, seit der inzwischen verstorbene Jules Bianchi 2014 in Monaco auf den 9. Platz fuhr. Für Wehrlein ist es natürlich der erste Punkt überhaupt in der Formel 1.

Den Grund für die starke Leistung hat Wehrlein schnell gefunden. "Wir hatten das erste Mal keine Probleme mit der Reifentemperatur. Sowohl auf eine Runde, als auch über die Renndistanz. Man sieht, wie viel das ausmacht", so der junge Deutsche. "Andere Teams entwickeln extra Belüftungen für die Reifen, um die Temperaturen hoch zu bekommen oder niedrig zu lassen. Wir haben nicht die Möglichkeiten, so viel zu entwickeln wie die anderen Teams. Einmal passt es, einmal nicht. Dieses Wochenende hat es perfekt gepasst", strahlte er.

"Die Freude ist riesengroß. Das Team feiert den Punkt wie einen Rennsieg", so Wehrlein nach dem Rennen bei Sky. Dabei schien es im Rennen nach einem strategischen Fehler schon vorbei zu sein. "Mitte des Rennens sah es mal ganz schlecht aus, weil wir ein blödes Timing mit dem zweiten Boxenstopp erwischt hatten. Denn eine Runde später kam das Safety Car raus und dann bin ich vom 12. Platz auf den letzten zurückgeflogen", erklärt Wehrlein.

Die Safety-Car-Phase schien alle Hoffnungen für Pascal Wehrlein zu zerstören, Foto: Sutton
Die Safety-Car-Phase schien alle Hoffnungen für Pascal Wehrlein zu zerstören, Foto: Sutton

Unerwarteter Kampf mit Williams

Kurz bevor die Safety-Car-Phase zu Ende ging, durfte sich Wehrlein zurückrunden und den Anschluss an das Feld wiederherstellen. Es folgte eine sensationelle Aufholjagd. "Es ist ein super Ergebnis. Am Ende habe ich sogar mit Bottas im Williams gekämpft, was man nicht erwarten konnte. Deshalb sind wir alle super happy", so der 21-Jährige.

Zehn Runden vor Rennende sei sein Renningenieur bereits in pure Aufregung verfallen. "Er hat gesagt, dass wir im Kampf um Punkte sind und ich meine Position halten muss. Denn von hinten kam Gutierrez mit frischen Reifen. Da sagte er: 'Du musst deine Position halten, dann haben wir eine Chance auf Punkte!'. Dann meinte ich: 'Sag einfach nichts. Ich versuche alles, wenn es klappt klappt es, wenn nicht dann nicht.'", schildert er den Aufruhr innerhalb des Teams.

Zu jenem Zeitpunkt lag Wehrlein auf Rang elf. Gutierrez hinter sich konnte er zwar in Schach halten, gegen Bottas aber ging nichts. "Er hatte frische Supersofts, und ich dagegen 40 Runden alte Softs. Dass wir trotzdem in der Lage sind zu kämpfen, war unglaublich." Den wertvollen Platz zehn sicherte am Ende Sergio Perez, der in der letzten Runde abflog und den Fahrern dahinter jeweils einen Platz schenkte. Wehrlein hat den havarierten Mexikaner zwar mitbekommen, dass er ihm jedoch den Punkt sichert, wusste er zunächst nicht. "Ich wusste das nicht, ich hatte immer noch geplant, Bottas zu überholen", lachte Werhlein.

Der Unfall von Sergio Perez brachte Pascal Wehrlein in die Punkte, Foto: Sutton
Der Unfall von Sergio Perez brachte Pascal Wehrlein in die Punkte, Foto: Sutton

Kurioses zeigte Wehrlein kurz vor dem Start. Da Felipe Massa direkt vor ihm kurzfristig aus der Box startete, blieb dessen Position im Grid frei. Wehrlein aber fuhr auf diesen Platz. Erst im letzten Moment bemerkte er seinen Fehler. "Ich hatte darüber nicht nachgedacht, sondern habe mich gleich hinter den nächsten Fahrer gestellt. Und dann habe ich Sebastian (Vettel) im roten Auto vor mir gesehen und ich dachte mir: Du bist im Qualifying nicht gleich hinter ihm gelandet", scherzte er. "Ich habe den Rückwärtsgang eingelegt und habe das Auto rechtzeitig zum Stehen gebracht, ehe das erste Licht anging. Eine halbe Sekunde später und ich hätte eine Strafe bekommen", erklärte er.

Vorentscheidung im Kampf gegen Sauber?

Im Kampf gegen Sauber um den wichtigen zehnten Platz in der Konstrukteurs-WM kann dieser Punkt in Spielberg eine Vorentscheidung gewesen sein. Bei beiden Teams ist der finanzielle Gürtel eng geschnallt, die Schweizer kündigten im Rahmen des Österreich-Wochenendes bereits an, keine Weiterentwicklungen in diesem Jahr mehr zu betreiben. "Wir haben ein paar Kleinigkeiten für Silverstone und möglicherweise Hockenheim. Aber dann liegt die Konzentration voll auf 2017", stellte Teammanager Beat Zehnder klar.

Wehrlein freut sich unterdessen für sein Team, dessen Potenzial er hoch einschätzt. "Ich glaube, wir haben sehr viele gute Leute im Team", stellt er fest. "Das Problem ist aber, dass die erst Ende des letzten Jahres oder Anfang dieses Jahres hinzukamen. Da war das Auto für diese Saison schon fertig entwickelt. Ich glaube, den größten Input davon wird man erst nächstes Jahr oder übernächstes Jahr sehen. Dieses Jahr sind unsere Möglichkeiten begrenzt", weiß Wehrlein.

Wie groß die Unterschiede bei der Manpower zwischen den Teams in der Formel 1 ist, verdeutlicht Wehrlein. "Wir sind das kleinste Team mit 140 Angestellten. Mercedes, Ferrari und so weiter haben über 700. Was wir daraus machen, ist einfach unglaublich", zeigt sich der Rookie begeistert.