Es ist noch nicht ganz an der Zeit, eine erste Bilanz zu ziehen. Denn die Saisonhälfte ist erst mit dem Großbritannien GP am 10. Juli erreicht. Zwar haben Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel dieses Jahr bereits acht Podestplätze eingefahren, aber der langersehnte Sieg ist bislang ausgeblieben. Folgt in Österreich endlich der Befreiungsschlag?

Das letzte Rennen: Europa GP in Baku

Platz zwei war in Baku das höchste der Gefühle für Ferrari. Nachdem Kimi Räikkönen auf eine völlig abstruse Reifenstrategie gelotst wurde und durch die völlig abstruse 5-Sekunden-Strafe gehandicapt war, musste Sebastian Vettel die Kohlen aus dem Feuer holen. Nachdem die Reifen des Iceman durch den frühen Boxenstopp entsprechend früh abbauten, konnte Vettel den zweiten Platz weitestgehend sicher nach Hause fahren. Ein Angriff auf den Pacesetter und Rennsieger Nico Rosberg war allerdings undenkbar

Bloß kein Crash!, Foto: Sutton
Bloß kein Crash!, Foto: Sutton

Die Neuerungen: Standard-Updates

Teamchef Maurizio Arrivabene hat kürzlich jegliche Spekulationen, Ferrari würde sich jetzt schon ausschließlich auf die nächste Saison konzentrieren, in das Reich der Fabeln verwiesen. "Es ist verrückt, über nächstes Jahr zu reden. Ich denke, wir sind nicht so weit von Mercedes entfernt", sagte der Italiener gegenüber Motorsport-Magazin.com.

Doch neben den Standard-Updates, die die Top-Teams für jedes Rennen ankarren, scheint der SF16-H weitestgehend unbehandelt nach Österreich zu reisen. "Wie immer bei Grands Prix sind wir mit neuen Teilen, neuen Updates und neuen Setups am Start, die insbesondere für die jeweiligen Anforderungen an die Rennstrecke angefertigt werden", sagte Ferrari-Ingenieur Jock Clear.

Währenddessen hat Ferrari-Boss Sergio Marchionne einmal mehr verlautbaren lassen, dass Kimi Räikkönens Zukunft bei Ferrari in seinen eigenen Händen liege. "Ob er bei Ferrari bleibt, hängt von ihm ab. Räikkönen muss wirklich beweisen, dass er es verdient, ein Ferrari-Fahrer zu sein", so Marchionne. Der Finne liegt derzeitig 15 Punkte hinter Sebastian Vettel, bis zum Kanada GP hatte der Iceman gar die Nase vorn. Vettels Cockpit bei der Scuderia scheint aber unantastbar.

Die Erwartungen: Spielberg wird schwieriges Pflaster

Mit den Plätzen vier (2015), fünf und zehn (jeweils 2014) hat sich Ferrari seit dem Combeack des Österreich Grand Prix in Spielberg wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Ganz bitter für alle Ferraristi bleibt der nach wie vor ominöse Unfall zwischen Neo-McLaren-Fahrer Fernando Alonso und dem Iceman vergangenes Jahr. Beide stiegen unbeschadet aus ihren Wracks, doch das Rennen war für beide gelaufen.

Vettel jedenfalls freut sich auf den Alpenkurs. "Es wirkt so, als läge die Strecke inmitten von Bergen", so der Deutsche. "Ich finde den Kurs großartig. Es gibt eine Menge Höhenunterschiede, rauf und runter. Man sieht die Berge und wenn du Glück hast, siehst du sogar etwas Schnee auf den Gipfeln. Das Wetter kann entweder sehr gut oder sehr schlecht sein, aber es ist grundsätzlich ein Ort, den man genießt."

Ob die Streckencharakteristik dem SF16-H liegen wird, bleibt abzuwarten. Kurven sind auf dem Red Bull Ring rar gesät. "Die Strecke ist sehr kurz", sagte Vettel. "Es gibt nicht viele Kurven. Daher ist es unglaublich wichtig, jede einzelne von ihnen richtig zu treffen. Die Runde an sich ist auch kurz, daher fährt man viele Umläufe und es ist wichtig, den richtigen Rhythmus schnell zu finden, besonders im Rennen."

Inwiefern der neue Asphalt auf die Performance der 2016er Boliden wirken wird, lässt sich schwer beantworten. "Die Strecke hat vergangenes Jahr einen neuen Asphalt bekommen, aber wir wissen noch nicht, wie sich die neue Oberfläche auswirken wird", so Clear. "Wir kennen den Einfluss auf die Reifen noch nicht. Aber es ist dasselbe für alle Teams."

Die Statistik: Ferrari beim Österreich GP

SiegePolesSchn. RundenPodiumPunktekm geführt
Ferrari 5 7420 165,51796
Kimi Räikkönen - --1 1230
Sebastian Vettel - --- 124

Ferrari in Spielberg: Die Scuderia ist mit fünf Siegen nach McLaren das zweiterfolgreichste Team in Österreich. Einer der Triumphe wurde allerdings 1964 beim Rennen auf dem Militärflughafen von Zeltweg herausgefahren. In Spielberg selbst gewannen Jacky Ickx (1970), Eddie Irvine (1999), sowie Michael Schumacher (2002 und 2003). Der erste Sieg des Kerpeners sorgte dabei für heftige Diskussionen, weil sein Teamkollege Rubens Barrichello in Führung liegend unmittelbar vor der Ziellinie abbremsen musste, um Schumacher passieren zu lassen. In puncto Podiumsplatzierungen ist Ferrari übrigens das erfolgreichste Team in Österreich: 20 Pokale durften die Fahrer der Scuderia bereits in die Höhe stemmen.

Kimi Räikkönen in Spielberg: Als einer von wenigen Piloten fuhr der Finne bereits auf dem alten A1-Ring - und das durchaus erfolgreich. 2001 wurde Räikkönen in Diensten von Sauber bei seiner Premiere prompt Vierter und zwei Jahre später belegte er für McLaren den zweiten Platz. 2014, bei seinem Debüt auf dem Red Bull Ring, kam der Iceman im Ferrari-Cockpit hingegen nicht über den zehnten Rang hinaus. Vergangenes Jahr crashte er mit Alonso und schied aus dem Rennen aus.

Sebastian Vettel in Spielberg: Der Deutsche erlebte in seinem letzten Jahr in Diensten von Red Bull ein ausgesprochen enttäuschendes halbes Heimrennen und schied bereits in der Anfangsphase aus. 2015 holte er für Ferrari die Kastanien aus dem Feuer und holte als Vierter wichtige WM-Punkte.

Die Prognose: Erwartungen herunterschrauben

  • Zielsetzung Ferrari: Platz zwei halten
  • Räikkönen muss Zähne zeigen
  • Hoffnung Ferrari: Doppelausfall Mercedes und Williams-Probleme

Motorsport-Magazin.com meint: Vor allem Kimi Räikkönen hat mit dem Red Bull Ring eine Rechnung offen. Nach dem Ausfall 2015 und Platz zehn im Jahr davor muss er zeigen, dass er auch in Österreich gut punkten kann. Zumal Ferrari-Boss Sergio Marchionne klar Leistungen gefordert hat. Zudem muss die Scuderia alles daran setzen, nicht zu viele Punkte auf Mercedes zu verlieren, sprich: keinen Williams und keinen Force India und erst recht keinen Red Bull vorbeiziehen zu lassen. Sonst ist der Meisterschaftszug endgültig abgefahren. (Haris Durakovic)