Was ist nur mit dem Weltmeister los? Nach sämtlichen Trainingsbestzeiten hat sich Lewis Hamilton im Qualifying zum ersten Europa GP in Baku unzählige Verbremser geleistet. Damit nicht genug: Im entscheidenden Q3 crashte der Mercedes-Pilot im engen Streckenabschnitt an der Burgmauer in die Leitplanken und musste seinen Silberpfeil abstellen.

So sicherte sich Nico Rosberg nicht nur die Bestzeiten in Q1 und Q2, sondern auch kampflos gegen seinen einzigen ernst zu nehmenden Konkurrenten die Pole Position. "Lewis hat ganz klar eine Chance liegen gelassen. Das Auto war gut genug für die Pole Position", sagte Toto Wolff.

Mit großem Abstand auf den überlegenen Rosberg-Silberpfeil klassierten sich nach einem spektakulären Showdown - die Session war wegen des Hamilton-Crashs vor den letzten zwei Minuten unterbrochen worden - Sergio Perez auf P2 und Daniel Ricciardo auf P3. Sebastian Vettel erzielte als Vierter die exakt gleiche Rundenzeit wie der Australier, allerdings etwas später. "Ich wusste, dass es nicht jeder schafft, nochmal eine Runde zu starten. Wir konnten uns gut durchsetzen, aber zeitgleich mit P3 zu sein ist ein bisschen bitter", sagt Vettel.

Teamkollege Kimi Räikkönen, Felipe Massa und auch Daniil Kvyat - Perez bekommt noch eine Strafe (s. unten) komplettierten die ersten drei Startreihen. Hamilton bleibt nach seinem Crash lediglich Rang zehn. "Keine Ahnung, welche Möglichkeiten ich jetzt morgen habe. Es wird Schadensbegrenzung. Das Team hat über Nacht etwas geändert, aber ich war heute einfach nicht gut drauf", hadert der Weltmeister.

Nico Hülkenberg sortierte sich nach einem Kommunikationsproblem mit seinem Renningenieur nur auf einem enttäuschenden zwölften Platz ein. "Im Nachhinein ist es wurscht, weil ich eh keine Batterie mehr hatte", sagte Hülkenberg. Zuvor hatte er sich am Funk lautstark beschwert. "Es ist sehr ärgerlich, denn wir sind hier zweite, dritte Kraft hinter Mercedes."

Pascal Wehrlein wurde starker 18., aber knapp hinter seinem noch einen Tick besseren Manor-Teamkollegen Rio Haryanto. "Sehr ärgerlich", kommentierte Wehrlein. "Es hätte für Q2 gereicht, aber anscheinend ist jemand in Turn zwei oder 4 in die Auslaufzone gefahren. Sobald es dann gelbe Flaggen gibt, wird auf ganzen Strecke DRS ausgeschaltet", erklärte Wehrlein.

Das sagen Rosberg, Perez & Ricciardo zum Qualifying

Nico Rosberg: "Es ist super gewesen und eine Herausforderung. Alles ist gut gelaufen. Wir mussten uns umstellen, im Q3 hatte Lewis ein Problem und so musste ich meine Runde abbrechen. Aber es ging gut aus. Ich bin sehr glücklich und mit dem Auto sehr zufrieden. Ich habe das ganze Wochenende darauf hingearbeitet und im Quali ist es optimal gewesen. "

Sergio Perez: "Ehrlich gesagt fühlt es sich wie Pole an. Eine super Leistung meiner Jungs, des gesamten Teams. Dass ich überhaupt am Quali teilnehmen konnte nach dem Unfall im FP3 ... ich bin sehr glücklich. Die Runde im Q3 war sehr, sehr stark. Es war eine sehr schwierige Session für mich. Denn ich habe nicht viel Zeit nach dem Unfall gehabt und das Selbstbewusstsein ein wenig verloren. Hoffentlich können wir uns morgen weiter verbessern und starkes Ergebnis erzielen. Wir hatten uns stark erwartet, aber nicht so stark. P2 auf dieser Strecke ist Wahnsinn."

Daniel Ricciardo: "Es war hektisch und spannend! Danke ans Team, dass ich ganz vorne losfahren konnte am Ende, das hat geholfen. Der erste Run im Q3 war recht durchschnittlich, ich habe einige Fehler gemacht. Ich brauchte eine Chance mehr als gedacht, dann die rote Flagge. Ich dachte, dass wäre es. Aber sie haben mich vorne rausgebracht."

Qualifying - Session 3
Zwischenfälle:Erneuter Verbremser von Hamilton, Crash von Hamilton
Top-5: Rosberg, Perez, Ricciardo, Vettel, Räikkönen

Das war Q2: Erneut kamen einzig die Supersofts zum Einsatz. Esteban Gutierrez eröffnete im Haas die Zeitenjagd. Für das erste Ausrufezeichen sorgte jedoch Nico Hülkenberg, der seinen Force India in Kurve 16 wegwarf. "Ich habe einfach das Heck verloren, keine Ahnung", sagte Hülkenberg. Eine extrem schnelle Runde war dahin - immerhin konnte der Emmericher weiterfahren. Kurz darauf blockierte Gutierrez Max Verstappen.

Dann gleich der nächste Aufreger: Lewis Hamilton verpatzte nach einem schwachen ersten Run sogleich seinen ersten Versuch in Run zwei. Erneut ein heftiger Verbremser des Weltmeisters. Nur knapp rettete sich der Weltmeister vor der Mauer. Im Klassement war er nur auf P10, hatte kaum noch Zeit, sich zu verbessern. Noch dazu folgte eine zweite Gelbphase, weil Gutierrez im Notausgang steckte. Erst auf den letzten Drücker rettete ich Hamilton schließlich ins Q3.

Die Bestzeit markierte Rosberg in einer starken 1:42.520 Minuten - gut eine Sekunde vor Hamilton. Dem Rest des Feldes fehlten geschlossen mehr als 1,5 Sekunden. Romain Grosjean, Hülkenberg, Carlos Sainz, Fernando Alonso, Gutierrez und Nasr schieden aus.

Qualifying - Session 2
Zwischenfälle: Dreher Hülkenberg, Gutierrez blockiert Verstappen, Gutierez, Hamilton, Sainz und Räikkönen im Notausgang
ausgeschieden: Grosjean, Hülkenberg, Sainz, Alonso, Gutierrez, Nasr
Top-5: Rosberg, Hamilton, Perez, Ricciardo, Verstappen

Das war Q1: Kurze Aufregung bei Ferrari: Kurz vor Sessionbeginn arbeiteten die Mechaniker noch hektisch an Sebastian Vettels Auto. Der Deutsche konnte jedoch spät, aber noch rechtzeitig auf die Strecke fahren. Alle Teams setzten sofort auf die Supersofts, also die weichste Reifenmischung in Baku. Die erste Zeit markierte Carlos Sainz.

Marcus Ericsson klagte am Funk, Romain Grosjean habe ihn behindet. Ob Letztere davon erfahren hat? Unmittelbar danach rutschte er seinen Haas jedenfalls gleich zwei Mal in den Notausgang. Bremsprobleme, funkte der Franzose. Auch Lewis Hamilton und Jenson Button verbremsten sich in der Altstadt kapital. Vettel und Kimi Räikkönen leisteten sich kleinere Ausrutscher zu Beginn der Runde. Marcus Ericsson touchierte leicht die Mauer.

Die Bestzeit markierte auch deshalb nicht der Brite, sondern Nico Rosberg in 1:43.685 Minuten - die bislang mit Abstand schnellste Zeit des Wochenendes - recht deutlich vor Hamilton und Sergio Perez. Rio Haryanto, Pascal Wehrlein, Jenson Button, Ericsson, Kevin Magnussen und Jolyon Palmer und schieden aus.

Qualifying - Session 1
Zwischenfälle: Hamilton, Button und Grosjean im Notausgang, Ericsson mit leichtem Mauerkontakt, Vettel und Räikkönen mit kleinen Ausrutschern
ausgeschieden: Haryanto, Wehrlein, Button, Ericsson, Magnussen, Palmer
Top-5: Rosberg, Hamilton, Perez, Ricciardo, Kvyat

Die Strafen: Wie bitter ist das denn: Nach einem Crash im dritten Freien Training musste Force India das Getriebe am Boliden von Sergio Perez wechseln. Das zieht eine Strafversetzung um fünf Positionen in der Startaufstellung nach sich. Damit ist der grandiose zweite Startplatz futsch.

Die Analyse: Große Überraschung in der Qualifikation: Mercedes hat seine Vormachtstellung aus den Trainings im Qualifying nur mit einem Auto auf den neuen Asphalt in Baku gebracht. Trotzdem bleiben die Silberpfeile die unbestrittenen Top-Favoriten auf den Sieg am Sonntag. Nicht nur Pole-Mann Rosberg, sondern auch Hamilton auf P10 muss man wegen der unfassbaren Überlegenheit weiter auf der Rechnung haben. Dahinter bestätigten die Mercedes-Kunden Williams und Force India, in Baku mindestens genauso Mercedes-Verfolger zu sein wie Ferrari und Red Bull.