Kanada Grand Prix, Runde 9, Teamfunk an Max Verstappen: "Okay, Max. Halte bitte Daniel nicht auf." In der Anfangsphase des Rennens erhielt der junge Niederländer erstmals die deutliche Anweisung, seinen Teamkollegen Daniel Ricciardo vorbeizulassen. Runde 12: "Max, halte Daniel nicht auf", bekam das Supertalent erneut zu hören.

Es passierte... nichts. Stattdessen hielt Verstappen seinen zu diesem Zeitpunkt zweiten Platz vor dem Australier. Neuer Fall von missachteter Teamorder? Es wäre nicht das erste Mal in seiner jungen Formel-1-Karriere, dass Verstappen seinen eigenen Kopf durchsetzte.

Marko klärt auf

In Kanada war es jedoch ein wenig anders. Erst an diesem Dienstag klärte Helmut Marko auf, was wirklich vorgefallen war zwischen den beiden Red-Bull-Piloten. "Was vielleicht nicht richtig rübergekommen ist im Fernsehen: In der Anfangsphase war Ricciardo schneller", so Marko während eines Medien-Events, bei dem auch Motorsport-Magazin.com dabei war. "Da haben wir Verstappen gesagt: ‚Lass ihn vorbei´."

Der Plan am Kommandostand sah vor, Ricciardo in der DRS-Zone an Verstappen vorbeizulotsen. "Als es dann soweit war, kam das Virtuelle Safety Car", erklärte Marko weiter. "Beim Re-Start konnte Ricciardo das Tempo nicht mehr gehen. Beim Versuch, Verstappen einzuholen, hat er die Vorderreifen etwas überstrapaziert. Dadurch wirkte es nach außen hin, als wäre Verstappen nicht bereit gewesen, ihn vorbeizulassen. Das war aber nicht der Fall."

Max Verstappen macht sich gegen Nico Rosberg breit, Foto: Sutton
Max Verstappen macht sich gegen Nico Rosberg breit, Foto: Sutton

Ricciardo hat Gesprächsbedarf

Aus diesem Grund sparte es sich Ricciardo nach Rennende, seinen jungen Teamkollegen anzugehen. Angesäuert war er trotzdem nach dem enttäuschenden siebten Platz. "Während des ersten Stint waren wir ein bisschen schneller als Max mit den ultraweichen Reifen", sagte Ricciardo. "Ich sagte, dass ich schneller sein könnte, wenn ich Clean Air vor mir habe. Aber nach meinem ersten Boxenstopp verbremste ich mich mit den weichen Reifen und ruinierte sie dabei."

So musste er einen ungeplanten zweiten Stopp einlegen und hing bis zum Rennende hinter Kimi Räikkönen fest. Dass sein zweiter Reifenwechsel nach einer leichten Panne zu lange dauerte, hellte Ricciardos Laune nicht gerade auf - besonders nicht nach dem Monaco-Vorfall wenig zuvor. "Für die Sonntage müssen wir ein paar Dinge richtigstellen", sagte Ricciardo in Montreal. "Ein paar Schnitzer meinerseits und ein paar von Seiten des Teams. Für uns beide war es kein sauberes Rennen."

In der Startphase waren beide Red Bulls stark unterwegs, Foto: Sutton
In der Startphase waren beide Red Bulls stark unterwegs, Foto: Sutton

Verstappen wieder mal der Held

Verstappen war stattdessen der große Held, nachdem er Platz vier tapfer gegen Nico Rosberg verteidigt hatte. Bei der Aktion mit Ricciardo war er sich keiner Schuld bewusst: "Zu Beginn sparte ich Reifen und Benzin, weil ich wusste, dass ich mit den beiden vorderen Fahrern nicht mithalten konnte. Als Daniel näher kam, entschied ich, dass es an der Zeit war, zu pushen."

Das harte Duell gegen den Mercedes-Piloten verzückte auch Marko, der sagte: "Das Highlight war ganz klar die Verteidigung von Verstappen gegen Rosberg. Das hat er äußerst abgebrüht und taktisch klug gemacht, indem er den restlichen Kurs bis zur Spitzkehre Reifen schonend gefahren ist und dann alles auf die Traktion gelegt hat. Dadurch kam er besser aus der Spitzkehre heraus, ließ Rosberg hinter sich und zwang ihn sogar noch in einen Dreher."