Daniel Ricciardo ist der Pechvogel der Saison. Ein Reifenplatzer kostete ihn in China die Führung, in Russland wurde er wie Sebastian Vettel zum Kvyat-Opfer. In Spanien und Monaco kostete ihn jeweils ein Team-Fehler den Sieg. Besonders das Boxenstopp-Desaster in Monte Carlo brachte Ricciardo aus der Fassung.

Der Honigdachs wurde zum wilden Tier. Als sich das Team am Boxenfunk für den Fauxpas entschuldigen wollte, erwiderte er nur trotzig: "Spart es euch. Nichts, was ihr sagen könntet, macht es besser. Spart es euch einfach." In den anschließenden Interviews war Ricciardo noch immer nicht heruntergekommen: "Ich will gar nicht wissen, was schiefgegangen ist, ich will einfach nur hier weg."

Zwei Wochen später musste sich Daniel Ricciardo am Donnerstag in Montreal in der Pressekonferenz den Fragen stellen. "Es war sicherlich nicht sehr klug oder taktvoll von mir, die Fehler unmittelbar nach dem Rennen gleich so deutlich anzusprechen. Da habe ich zu viele Emotionen reingebracht. Anschließend hatte ich ein paar Tage frei, danach haben wir sachlich gesprochen und das Ganze aus der Welt geschafft und uns geeinigt, dass wir einfach weitemachen müssen."

Das bedeutet allerdings nicht, das Ricciardo die Sache abgehakt hat. Zwischen Monaco und Kanada äußerte sich schon Teamchef Christian Horner zu Wort und erklärte den Fehler auf der offiziellen Teamwebsite. Ricciardo musste bei seinem zweiten Boxenstopp rund 14 Sekunden auf seine Reifen warten, ehe er wieder losfahren konnte. Wegen des Fehlers ging Lewis Hamilton an ihm vorbei und übernahm die Führung beim Monaco GP, die er anschließend nicht mehr abgab.

Team traf Strategie-Entscheidung, nicht Ricciardo

Weil das Team Ricciardo zum Stopp orderte und nicht der Fahrer selbst den Wunsch äußerte, hätten die Pneus eigentlich bereit liegen müssen. Allerdings schmiss Red Bull in letzter Sekunde die Strategie um. Ricciardo hätte von Intermediates eigentlich auf Softs wechseln sollen. Weil Hamilton aber kurz zuvor Ultrasofts abholte, wechselte Red Bull auf Supersofts.

Daniel Ricciardo machte in Monaco eigentlich alles richtig, Foto: Sutton
Daniel Ricciardo machte in Monaco eigentlich alles richtig, Foto: Sutton

"In Monaco ist die Pitwall unten und die Garage einen Stock höher gelegen", erklärt Teamchef Christian Horner den logistischen Aufwand, die Reifen erst einmal zu organisieren. "Die Mechaniker hatten den Softreifen bereit zum Wechsel, dann kam die Anforderung nach dem Supersoft - dieser Satz lag allerdings zu diesem Zeitpunkt im hintersten Eck der Garage. Es war schlichtweg unmöglich, die Reifen rechtzeitig zum wartenden Auto zu befördern. Das hat uns dann die extra zehn Sekunden gekostet."

"Ich glaube schon, dass die Boxenanlage an sich es in Monaco ein bisschen schwieriger macht, sich zu bewegen", gab sich Ricciardo einsichtig. "Ich weiß aber nicht, ob es auf einer anderen Strecke eine andere Geschichte gewesen wäre. Wahrscheinlich ist einfach alles zusammen gekommen: Die kleine Garage, die Intensität des gesamten Wochenendes und diese Strecke - und das hat wahrscheinlich alles nicht geholfen."

Bei genauer Betrachtung hätte es aber gar nicht erst zu diesem verhängnisvollen zweiten Boxenstopp kommen müssen. Während Lewis Hamilton die Regenreifen auf abtrocknender Strecke so lange fuhr, bis er auf Slicks wechseln konnte, ging Ricciardo zuvor noch auf Intermediates, ehe er Trockenreifen aufzog.

Erster Boxenstopp schon unnötig

"Jeder hat sich auf den zweiten Boxenstopp konzentriert, wo wir offensichtlich das Rennen verloren haben, aber ich habe auch den ersten Stopp in Frage gestellt, weil das der Stopp war, bei dem wir schon hinter Lewis rausgekommen sind. Wir haben uns selbst in ein Rennen mit Lewis gebracht, in dem wir gar nicht hätten sein müssen", erkannte Ricciardo.

Daniel Ricciardo fuhr zu kurz auf den Regenreifen, Foto: Sutton
Daniel Ricciardo fuhr zu kurz auf den Regenreifen, Foto: Sutton

"Ich wollte sicherstellen, dass sich der erste Stopp ebenso genau angesehen wird wie der zweite", so Ricciardo. Allerdings spielt der Fahrer bei derlei Entscheidungen auch eine Rolle. Bei der Wahl zwischen Regen-, Intermediate- und Slick-Reifen wird normalerweise der Fahrer stärker mit einbezogen, als bei normalen Strategie-Entscheidungen. Inwiefern das bei Red Bull in Monaco der Fall war, ist unklar.

Ricciardos Renningenieur Simon Rennie gab seinem Piloten recht: Der erste Boxenstopp war ein Fehler. Ricciardo konnte mit seiner Verbissenheit etwas erreichen: "Es wird deshalb eine neue Software für die Strategie geben und auch etwas zur Live-Überwachung während des Rennens, das uns besser auf kurzfristige Entscheidungen vorbereiten kann, um sicherzustellen, dass alles vorbereitet ist. Ich hatte viele Fragen, aber das Team konnte mir alle mit fester Überzeugung beantworten und das ist alles, was ich wollte."

Vier Chaos-Rennen, Platz drei in der WM

Trotz vier durchwachsener Rennen am Stück liegt Daniel Ricciardo auf Platz drei der Fahrerwertung. "Vor der Saison hätte ich das nicht erwartet, vor allem nicht nach dem Nuller in Russland und dem Reifenschaden in China. Da können wir uns nicht beschweren, es ist recht ordentlich." Nicht auszudenken, wo Ricciardo ohne das große Pech stehen würde.

Nachdem er beim Monaco GP dank der Motoren-Ausbaustufe konkurrenzfähig war und Mercedes aus eigener Kraft schlagen konnte, wartet mit Kanada eine Power-Strecke. "Das ist ein Gradmesser. Wenn wir hier konkurrenzfähig sein können und Mercedes die Stirn bieten können, dann sind wir auf dem richtigen Weg." Erstmals kommt auch Teamkollege Max Verstappen, der in Monaco gleich dreimal in die Leitplanken einschlug, in den Genuss des überarbeiteten Motors.