Nico Rosberg war in Monaco chancenlos. Nicht nur gegen seinen siegreichen Mercedes-Teamkollegen Lewis Hamilton und den genauso starken Red Bull von Daniel Ricciardo. Selbst eigentlich leichte Silberpfeil-Beute wie beide Force India und Fernando Alonso klassierte sich im Rennergebnis vor dem Deutschen.

WM-Spitzenreiter Rosberg beendete das Rennen nach zuvor drei Monaco-Siegen in Serie nur auf dem siebten Platz. Und das alles trotz Startplatz zwei und eines sicheren Starts hinter dem Safety Car. Wie konnte es dazu kommen? Ein Drama in drei Akten. So lässt sich das Rennen anhand der späteren Schilderungen Rosbergs ziemlich gut einteilen.

Erster Akt: Monaco-Eiertanz für Rosberg

Der dramatischste Akt, gleich Nummer eins, begann sofort nach der wirklichen Rennfreigabe in Runde sieben auf noch sehr feuchter Strecke."Ich habe mich im Nassen überhaupt nicht wohl gefühlt, es war wie auf rohen Eiern", schildert Rosberg. "Es war schwierig mit der Pace. Ich war weit weg vom Limit."

Tatsächlich zog Daniel Ricciardo im Red Bull an der Spitze mühelos auf und davon. Allein an den Bedingungen kann es also nicht gelegen haben. An Rosberg? Nein, versichert Toto Wolff. "Wir haben sofort gesehen, dass Pace gefehlt hat. Das war aber nicht sein Fehler. Wir haben das Auto einfach nicht auf Temperatur gebracht", erklärt der Mercedes-Teamchef.

Dieses Problem trat offenbar mindestens an zwei Stellen gleichzeitig auf. "Wir hatten keine Temperatur im Reifen und daher keinen Grip", nennt Wolff Nummer eins. Problemherd zwei: "Wir haben die Bremskanäle mit Tape gegen den Regen verklebt, deshalb ist die Bremstemperatur nie hochgekommen."

Rosberg rutschte nur rum - Ricciardo zog davon, Foto: Sutton
Rosberg rutschte nur rum - Ricciardo zog davon, Foto: Sutton

Zumindest letzteres bestätigt auch Rosberg. Er sei geradezu in eine Teufelskreislauf geschlittert. "Eine Bremse war immer kalt. Einmal so, einmal so. Und dann fährt man vorsichter und verliert dann noch mehr Temperatur. Das ist dann eine Spirale. Ich hatte ein ganz schlechtes Gefühl da draußen", sagt er. Eine ganz genaue Erklärung könne er jedoch nicht abgeben. "Ich hatte einfach kein Vertrauen am Limit."

"Hier in Monaco unter solchen Umständen nicht das perfekte Vertrauen zu haben, ist nicht gerade das beste Gefühl, das du haben kannst. An diesem Punkt habe ich gemerkt, kein Auto zu haben, mit dem ich um den Sieg kämpfen kann. Das einzige, was wir dazu sicher wissen, ist, dass es ein Problem mit den Bremstemperarturen gab. Und das war ein großes. Das hat Probleme verursacht. Aber es ist zu früh zu sagen, dass es das allein war", sagt Rosberg.

Großes Mercedes-Lob für Teamplayer Rosberg

Allein war Rosberg auch mit den Problemen nicht. Komplett störungsfrei lief auch der Silberpfeil von Sieger Hamilton nicht. "Generell hatten wir auf beiden Autos nicht die Pace. Immer wenn wir nach einem VSC wieder losgefahren sind, fehlte uns der Grip", berichtet Toto Wolff. Allerdings erschienen die Probleme am Rosberg-Auto zunächst weitaus größer. Warum müsse man noch analysieren. In der Folge entschied Mercedes jedenfalls - nach gründlicher Abwägung -, Hamilton an Rosberg vorbeizuschleusen.

"Nico konnte nicht mit der Pace, mit der Ricciardo wegzog, mitgehen. So wie Ricciardo weggezogen ist, war klar, dass - würden wir die Situation zwischen Nico und Lewis nicht umdrehen - Lewis definitiv das Rennen verlieren würde. Wir haben einige Zeit gewartet, um die Reifen zum funktionieren zu bringen, aber es hat nicht geklappt", schildert der Teamchef den Prozess.

Daher habe man keine andere Wahl gehabt, als Rosberg zu bitten, es Hamilton versuchen zu lassen. Keine leichte Entscheidung. "Es ist für jeden Fahrer extrem schwierig, so eine Entscheidung zu akzeptieren, und wir verstehen das. Wir hofften, der Reifen würde anspringen, aber dann war Ricciardo elf Sekunden weg, und deshalb entschieden wir uns den Call zu machen. Wir haben ihn ziemlich lange diskutiert, weil das nichts ist, was wir in der Vergangenheit getan haben", beschreibt Wolff.

Paddy Lowe habe Rosberg dann nur einmal bitten müssen, schon hätte er reagiert. "Wenn ich Nikis rote Kappe hätte, würde ich sie ziehen. Nico hat gesehen, dass die Pace nicht da war und hat ihn vorbeigelassen. Da muss man schon sagen, dass er ein Teamplayer ist. So etwas zu machen ist stark", lobt Wolff. Rosberg habe die Anweisung nicht einmal hinterfragt.

Doch was sagt Rosberg später zu der Rochade, ausgerechnet gegen seinen schärfsten Rivalen? "Für mich gab es überhaupt keine Chance mit der Pace im Nassen. Es ist ganz verständlich, dass das Team es dann mit Lewis versuchen will. Er war zu diesem Zeitpunkt viel schneller. Ich habe ihn dann vorbeigelassen, so konnte er auch gewinnen. Das war für mich also relativ easy, ihn vorbei zu lassen", gibt sich Rosberg locker. Zumindest für das Team freue er sich wegen des Sieges auch, versichert er Motorsport-Magazin.com.

Zweiter Akt: Boxenstopp-Patzer und Verkehr

Dass Rosberg selbst nach der Aktion nicht noch zumindest ein Podium beisteuern konnte, war daraufhin einer Kombination aus Pech und Monaco geschuldet. "Ich habe dann auch bei den Boxenstopps noch sehr viel verloren, durch Reifen, die nicht drauf gingen", erinnert sich Rosberg. "Beim Boxenstopp war das Problem beim Schlagschrauber, die Nut nicht richtig runterzubekommen", ergänzt Wolff.

Damit nicht genug. "Dann war Verkehr in der Boxengasse und wir konnten ihn nicht freigeben, deshalb hat er zwei oder drei Positionen verloren", erklärt der Teamchef. "Und wenn man dann einmal hinten hängt ... Wir wissen ja, dass es in Monaco schwer ist, zu überholen. Ich hatte Ultrasofts und habe es einmal bei Fernando versucht, aber es ging nicht. Ich steckte fest", spinnt Rosberg den zweiten Akt zuende. "Danach waren die Reifen dann fertig."

Dritter Akt: Ultrasoft am Ende

Gegen Ende des Rennens drehte sich der Spieß sogar noch um. Statt Alonso angreifen zu können, musste sich Rosberg bei neu einsetzendem Regen plötzlich gegen Landsmann Hülkenberg wehren. "Das lag einfach daran, dass ich auf dem Ultrasoft war und er auf dem Soft. Er hatte da noch mehr Reifen übrig und mehr Temperatur. Ich hatte null Gummi auf den Reifen, weil man normalerweise nicht 40 Runden mit dem Ultrasoft fährt, und deshalb weniger Temperatur", beschreibt Rosberg.

Statt Alonso zu schnappen, wurde Rosberg selbst geschnappt - vom anderen Nico, Foto: Sutton
Statt Alonso zu schnappen, wurde Rosberg selbst geschnappt - vom anderen Nico, Foto: Sutton

"Wenn es dann ein bisschen nieselt, ist bei mir die Temperatur weg. Es war einfach sau rutschig", erklärt Rosberg Hülkenbergs Last-Minute-Überholmanöver auf Start-Ziel. Unter dem Strich also ein Wochenende für die Katz'. "Positives gibt es heute überhaupt nichts", klagt Rosberg. "Für ihn war es ein schwieriger Tag", tröstet Wolff. "Nicht nur, dass er seinen Teamkollegen, seinen größten Rivalen in der Weltmeisterschaft, vorbeigelassen hat, er hatte auch einen schlechten Boxenstopp und ein Auto, das keine Pace hatte. Für ihn kam all das Pech in einem Rennen zusammen, deshalb wurde er nur Siebter."

Trotzdem bleibt bei Rosberg Optimismus angesagt: "Ich bin hierher gekommen, um zu gewinnen. Es ist mein Heimrennen. Ich bin enttäuscht, aber es ist jetzt eben so. Abhaken und weiter geht's!"